Das Flammende Kreuz
ausgestreckt, lehnte mit dem Rücken an einem Felsen und hatte sich ein Taschentuch um sein verletztes Bein gebunden.
»Keine Spur von irgendjemandem. Kannst du laufen?« Roger beugte sich über seinen Schwiegervater und stellte erschrocken fest, dass sein Gesicht gerötet war und er heftig schwitzte, obwohl die Luft zunehmend kühler wurde.
Jamie schüttelte den Kopf und wies auf sein Bein.
»Ja ─ aber nicht weit.« Das Bein war im Umfeld der Bisswunde merklich geschwollen, und die bläuliche Verfärbung hatte sich ausgebreitet; sie sah wie eine frische Prellung aus und war auf beiden Seiten des Taschentuchs zu sehen.
Roger spürte den ersten Stich der Beklommenheit. Er hatte alles getan, was er wusste; Erste-Hilfe-Ratgeber empfahlen als nächsten Schritt bei der Behandlung von Schlangenbissen immer, »die betroffene Körperstelle ruhig zu stellen und den Patienten so schnell wie möglich ins Krankenhaus zu bringen.« Die Messerschnitte und das Saugen sollten das Gift aus der Wunde ziehen - doch es war eindeutig noch genug davon zurückgeblieben, und jetzt breitete es sich langsam in Jamie Frasers Körper aus. Er war zu spät gewesen, um alles zu erwischen - wenn er überhaupt etwas erwischt hatte. Und das, was einem Krankenhaus am nächsten kam - Claire und ihre Kräuter -, war einen Tagesmarsch entfernt.
Roger ließ sich langsam auf seine Oberschenkel zurücksinken und fragte sich, was zum Teufel er als Nächstes tun sollte. Die Körperstelle ruhig stellen - nun, das war erledigt, was auch immer es nützte.
»Tut es weh?«, fragte er unbeholfen.
»Ja.«
Nach dieser wenig hilfreichen Antwort lehnte sich Jamie wieder an den Felsen zurück und schloss die Augen. Roger ließ sich auf einem Haufen trockener Nadeln nieder und versuchte zu überlegen.
Es wurde jetzt rasch dunkel; die kurze Wärme des Tages war dahin, und die Schatten unter den Bäumen hatten das tiefblaue Aussehen des frühen Abends angenommen, obwohl es nicht später als ungefähr vier sein konnte. Es war klar, dass sie heute Abend nirgendwo mehr hingehen würden; selbst wenn Fraser hätte gehen können, war es so gut wie unmöglich, sich im Dunklen in den Bergen zu orientieren. Wären die anderen hier gewesen, hätten sie es möglicherweise irgendwie bewerkstelligt, ihn zu tragen - aber ob das besser gewesen wäre als ihn zu lassen, wo er war? Zwar wünschte er sehnsüchtig, Claire wäre hier, doch sein Verstand sagte ihm, dass selbst sie nicht viel tun konnte - außer vielleicht, Jamie Trost zu spenden, falls er im Sterben lag...
Bei diesem Gedanken verknotete sich sein Magen. Er verdrängte ihn mit aller Bestimmtheit, griff in seinen Lederbeutel und überprüfte seine Vorräte. Er hatte noch etwas Maiskuchen in der Tasche; Wasser war hier in den Bergen nie ein Problem - unter dem Rauschen der Bäume konnte er irgendwo in der Nähe einen Bach gurgeln hören. Besser jedoch, wenn er Brennholz sammelte, solange er noch genug Licht hatte.
»Am besten machen wir Feuer«, sagte Jamie plötzlich, und Roger erschrak bei diesem Echo seines eigenen Gedankens. Jamie öffnete die Augen, betrachtete seine Hand und drehte sie hin und her, als hätte er sie noch nie gesehen.
»Meine Finger kribbeln«, merkte er interessiert an. Er berührte mit einer Hand sein Gesicht. »Hier auch. Meine Lippen sind taub. Weißt du, ob das normal ist?«
»Ich weiß es nicht. Wenn du den ganzen Whisky getrunken hast, wahrscheinlich schon.« Es war ein kläglicher Witz, doch er war erleichtert, dass er mit schwachem Gelächter aufgenommen wurde.
»Nein.« Jamie berührte die Flasche an seiner Seite. »Ich dachte, später habe ich ihn vielleicht nötiger.«
Roger holte tief Luft und stand auf.
»Nun gut. Bleib hier; du solltest dich nicht bewegen. Ich gehe Holz holen. Wahrscheinlich werden die anderen ja den Schein des Feuers sehen.« Die anderen Männer konnten ihnen kaum helfen, zumindest nicht vor morgen - aber es würde ein Trost sein, nicht allein zu sein.
»Bring die Schlange auch mit«, rief Jamie ihm nach. »Rache ist süß; wir essen sie zu Abend.«
Roger grinste trotz seiner Sorgen und wandte sich mit einer bestätigenden Handbewegung den Abhang hinunter.
Wie groß war die Wahrscheinlichkeit?, fragte er sich, während er sich
bückte, um einen dicken Knoten aus Kiefernholz vom weichen Holz eines verrotteten Baumstamms loszureißen. Fraser war ein kräftiger Mann von robuster Gesundheit. Er würde doch bestimmt überleben.
Und doch starben die Leute an
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