Das Flammende Kreuz
doch ändern, aye?«
»Du wirst nicht sterben!«, fuhr Roger ihn an. Er funkelte Fraser an und beschwor ihn, ihm ja nicht zu widersprechen.
»Es freut mich, das zu hören«, sagte Fraser ausgesprochen trocken. »Aber ich glaube, ich trinke jetzt einen Schluck Whisky. Zieh mir den Korken heraus, aye? Meine Finger können ihn nicht packen.«
Auch Rogers Hände waren alles andere als ruhig. Vielleicht lag es ja nur an Frasers Fieberhitze, dass sich seine eigene Haut so kalt anfühlte, als er jetzt seinem Schwiegervater die Flasche zum Trinken hinhielt. Er bezweifelte, dass Whisky bei Schlangenbissen empfehlenswert war, aber das spielte jetzt wahrscheinlich keine große Rolle mehr.
»Leg dich hin«, sagte er schroff, als Jamie fertig war. »Ich hole noch etwas Holz.«
Er konnte unmöglich still sitzen; es war reichlich Holz da, und doch durchstreifte er die Dunkelheit und hielt sich dabei knapp in Sichtweite des lodernden Feuers.
Er hatte schon viele Nächte wie diese erlebt; allein unter einem Himmel, der so weit war, dass ihm schwindelig wurde, wenn er bis auf die Knochen durchgefroren aufblickte, sich in Bewegung hielt, um warm zu bleiben. Nächte, in denen er um eine Entscheidung gerungen hatte, zu unruhig, um in einer gemütlichen Laubhöhle zu liegen, zu gequält zum Schlafen.
Die Entscheidung hatte auf der Hand gelegen, doch sie war nicht einfach zu fällen gewesen: auf der einen Seite Brianna und alles, was sie mit sich brachte; Liebe und Gefahr, Zweifel und Angst. Und auf der anderen Seite Gewissheit. Das Wissen, wer und was er war - eine Gewissheit, die er aufgegeben hatte, um der Frau willen, die die seine war... und des Kindes, das vielleicht das seine war.
Er hatte selbst gewählt. Verdammt, er hatte selbst gewählt! Nichts und niemand hatte ihn gezwungen; er hatte seine Wahl allein getroffen. Und wenn dies bedeutete, dass er sich von Anfang an neu erschuf, dann hatte er auch diesen Entschluss selbst gefasst! Und er hatte sich auch dazu entschlossen, Morag zu küssen. Bei diesem Gedanken verzog sich sein Mund; von den Konsequenzen dieser winzigen Handlung hatte er sich erst recht keine Vorstellung gemacht.
Ein leises Echo regte sich in seinem Kopf, eine leise Stimme weit hinten im Dunkel seines Gedächtnisses.
»...als was ich geboren wurde spielt keine Rolle, nur das, was ich aus mir mache, nur, was aus mir wird.«
Wer hatte das geschrieben?, fragte er sich. Montaigne? Locke? Einer von den verflixten Aufklärungsheinis mit ihren fixen Ideen vom Schicksal und dem Individuum? Er hätte zu gern gehört, was sie über Zeitreisen zu sagen hatten! Dann fiel ihm ein, wo er es gelesen hatte, und sein Rückenmark gefror.
»Dies ist das Grimoire der Hexe Geillis. Das ist ein Hexenname, und ich
mache ihn zu dem meinen; als was ich geboren wurde spielt keine Rolle, nur das, was ich aus mir mache, nur, was aus mir wird.«
»Aber sicher!«, sagte er laut und trotzig. »Sicher doch, und du konntest es auch nicht ändern, oder, Oma?«
Hinter ihm erklang ein Geräusch im Wald, und seine Nackenhaare sträubten sich, bevor er erkannte, was es war; es war kein Gelächter, wie er im ersten Moment gedacht hatte - nur der Schrei eines Panthers in der Ferne.
Und sie hatte doch etwas geändert, dachte er plötzlich. Natürlich war es ihr nicht gelungen, Charles Stuart zum König zu machen - doch sie hatte eine ganze Reihe anderer Dinge getan. Und jetzt, da er es recht bedachte... sie und Claire hatten beide etwas getan, das die Dinge verändern musste; sie hatten Kinder von Männern aus einer anderen Zeit bekommen. Brianna... William Buccleigh ─ und wenn er daran dachte, welchen Einfluss diese beiden Geburten auf sein eigenes Leben hatten, von allen anderen ganz zu schweigen...
Das musste die Geschichte doch verändern, oder? Er setzte sich langsam auf einen umgestürzten Baumstamm und spürte die Rinde kalt und feucht unter sich. Ja, es änderte einiges. Um nur eine Nebenwirkung zu nennen, resultierte seine eigene Geburt aus der Tatsache, dass Geilie Duncan ihr Schicksal selbst in die Hand genommen hatte. Wenn Geilie nicht von Dougal MacKenzie schwanger geworden wäre... allerdings war das natürlich nicht ihr eigentlicher Plan gewesen.
Aber zählte die Absicht? Oder war genau das der Gegenstand seiner Diskussion mit Jamie Fraser gewesen?
Er stand auf, umrundete leise das Feuer und blickte in die Dunkelheit. Fraser lag auf dem Boden, eine buckelige Gestalt in der Dunkelheit, vollkommen reglos.
Er trat nur
Weitere Kostenlose Bücher