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Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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seinen flaschengrünen Rock nicht trug.
    Lillywhite hatte sich für den heutigen Anlass in schlichtes, schwarzes Tuch gekleidet, doch sein Leinenhemd war so kostbar wie immer, und er trug das
Schwert eines echten Herrn an seiner Seite. Er überquerte das Dock ohne große Eile und machte sich im Vorübergehen ein Bild von der Lage. Roger sah, wie er angesichts der Blutspur den Mund verkniff.
    Lillywhite winkte dem Mann, der Roger festhielt, und endlich ließ der schmerzhafte Druck des Pistolenlaufes nach, so dass er tief Luft holen konnte.
    »Mr. MacKenzie, nicht wahr?«, fragte Lillywhite freundlich. »Und wo ist Mr. Fräser?«
    Er hatte diese Frage erwartet, und er hatte genug Zeit gehabt, sich darauf vorzubereiten.
    »In Wilmington«, sagte er im selben, freundlichen Ton wie Lillywhite. »Ihr seid aber selbst weit in die Ferne geschweift, nicht wahr, Sir?«
    Lillywhite verzog kurz die Nase, als röche er etwas Unangenehmes - was mit Sicherheit der Fall war, wenn Roger auch bezweifelte, dass der Schweinegestank daran schuld war, dass er so wenig erbaut war.
    »Treibt keine Scherze mit mir, Sir«, sagte der Magistrat knapp.
    »Würde mir im Traum nicht einfallen«, versicherte ihm Roger, ohne den Kerl mit der Muskete aus dem Auge zu lassen, der nicht übel Lust zu haben schien, ihm erneut auf die Pelle zu rücken. »Wenn wir aber schon solche Fragen stellen - wo ist Stephen Bonnet?«
    Lillywhite lachte kurz auf, und eine Art frostiger Belustigung hielt Einzug in seine blassgrauen Augen.
    »In Wilmington.«
    Anstruther erschien an der Seite des Magistrats, verschwitzt und kompakt. Er nickte Roger mit einem hässlichen Grinsen zu.
    »MacKenzie. Wie schön, Euch wieder zu sehen. Wo ist Euer Schwiegervater, und was noch wichtiger ist - wo ist der Whisky?«
    Lillywhite sah den Sheriff stirnrunzelnd an.
    »Ihr habt ihn nicht gefunden? Habt Ihr die Schuppen durchsucht?«
    »Aye, wir haben überall nachgesehen. Da ist nichts außer Gerümpel.« Er stellte sich drohend auf die Zehenspitzen. »Nun, MacKenzie, wo habt Ihr ihn versteckt?«
    »Ich habe gar nichts versteckt«, erwiderte Roger gleichmütig. »Es gibt keinen Whisky.« Allmählich entspannte er sich ein wenig. Wo auch immer Bonnet war, er war nicht hier. Er ging zwar nicht davon aus, dass sie über die Entdeckung, dass der Whisky eine Finte war, erfreut sein würden, aber...
    Der Sheriff versetzte ihm einen Boxhieb in die Magengrube. Er klappte zusammen, ihm wurde schwarz vor Augen, und er versuchte vergeblich zu atmen und bekämpfte die plötzliche Panik, als er seine Erhängung erneut durchlebte, die Schwärze, die Atemnot...
    An den Rändern seines Blickfeldes erschienen leuchtende, schwebende Flecken, und er holte keuchend Luft. Er saß mit gespreizten Beinen auf dem Dock, und der Sheriff hielt eine Hand voll seiner Haare umklammert.

    »Versucht es noch einmal«, wies Anstruther ihn an und schüttelte ihn grob an den Haaren. Der Schmerz war eher ärgerlich als unangenehm, und er holte mit der Faust aus und traf den Sheriff mit voller Wucht am Oberschenkel. Der Mann jaulte auf, ließ ihn los und hüpfte rückwärts.
    »Habt Ihr auf dem anderen Boot nachgesehen?«, fragte Lillywhite, ohne die missliche Lage des Sheriffs zu beachten. Anstruther funkelte Roger an und rieb sich den Oberschenkel, antwortete aber mit einem Kopfschütteln.
    »Da war nichts außer Schweinen und Mädchen. Und wo in Dreiteufelsnamen kommen die her?«, wollte er wissen.
    »Aus Russland.« Roger hustete, biss die Zähne gegen die daraus resultierende Schmerzattacke zusammen und rappelte sich langsam auf. Dabei hielt er sich den Arm vor die Körpermitte, um zu verhindern, dass seine Eingeweide herausquollen. Der Sheriff ballte voller Vorfreude die Faust, doch Lillywhite gebot ihm mit einer Geste Einhalt. Er sah Roger ungläubig an.
    »Russland? Und was haben sie mit dieser ganzen Angelegenheit zu tun?«
    »Soweit ich weiß, nichts. Sie sind kurz nach mir hier angekommen.«
    Der Magistrat grunzte und machte ein unzufriedenes Gesicht. Er runzelte nachdenklich die Stirn, dann beschloss er, es auf einem anderen Kurs zu versuchen.
    »Fraser hatte eine Absprache mit Milford Lyon. Ich habe nun Mr. Lyons Seite der Vereinbarung übernommen. Es entspricht also ganz den Regeln, wenn Ihr mir den Whisky übergebt«, sagte er und versuchte jetzt, eine sehr viel geschäftsmäßigere Höflichkeit in seine Stimme einfließen zu lassen.
    »Mr. Fraser ist anderweitige Verpflichtungen eingegangen«, erwiderte

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