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Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Käfigen.«
    »Tatsächlich? Und was hatte das Sterns Meinung nach zu bedeuten?«
    »Nun, er hatte die schlaue Idee, einen Kompass neben die Käfige zu legen. Und anscheinend sind die Vögel die ganze Nacht herumgehüpft und wollten nach Südosten - und das ist die Richtung, in die sie im Herbst ziehen.«
    »Das ist ja interessant.« Ich fasste mein Haar zu einem Pferdeschwanz zusammen und hob es mir aus dem Nacken, um etwas Kühle an mich zu lassen. »Aber im Spätsommer ist es doch noch viel zu früh für den Vogelzug, oder? Und sie fliegen doch nachts gar nicht, selbst wenn sie dann ziehen, oder?«
    »Nein. Es war, als spürten sie den bevorstehenden Flug und seinen Sog - und als störte das ihre Ruhe. Und das war umso seltsamer, weil die meisten der Vögel in den Käfigen Jungvögel waren, die den Weg noch nie geflogen waren; sie waren noch nie an dem Ort gewesen, der ihr Ziel war, und doch spürten sie ihn dort - vielleicht so, als ob er sie rief und sie damit aus dem Schlaf weckte.«
    Ich machte eine Bewegung, und Jamie hob seine Hand von meinem Bein.
    »Zugunruhe«, sagte er leise und umfuhr mit der Fingerspitze die feuchte Stelle, die er auf meiner Haut hinterlassen hatte.
    »Und was ist das?«
    »So hat Stern es genannt - die Schlaflosigkeit der Vögel, die sich für den Aufbruch zu ihrem langen Flug rüsteten.«
    Ich rollte mich auf ihn zu und stieß ihm freundschaftlich mit der Stirn an die Schulter. Ich atmete ein wie jemand, der das köstliche Aroma einer feinen Zigarre genießt.
    » Eau d’homme ?«
    Er hob den Kopf, beroch sich skeptisch und zog die Nase kraus.
    » Eau de chèvre, glaube ich«, sagte er. »Obwohl es auch etwas Schlimmeres sein könnte. Ob es wohl ein französischen Wort für Stinktier gibt?«
    » Le Püh«, schlug ich vor und kicherte.
    Die Vögel sangen die ganze Nacht.

108
    Tulach Ard
    Oktober 1772
    Jamie wies kopfnickend hinter sich und lächelte.
    »Wie ich sehe, bekommen wir heute Hilfe.«
    Roger wandte sich um und sah Jemmy hinter ihnen her stapfen, die kleine, helle Stirn in tiefe Falten der Konzentration gezogen, einen faustgroßen Stein mit beiden Händen an die Brust gedrückt. Roger hätte bei seinem Anblick am liebsten gelacht, doch statt dessen machte er kehrt und hockte sich hin, um auf den Kleinen zu warten.
    »Ist das für den neuen Schweinepferch, ’ghille ruaidh ?« , sagte er.
    Jemmy nickte feierlich. Der Morgen war noch kühl, doch die Wangen des Kleinen glühten vor Anstrengung.
    »Danke«, sagte Roger ernst. Er streckte die Hand aus. »Soll ich ihn dir abnehmen?«
    Jemmy schüttelte heftig den Kopf, und ließ seinen dichten Pony fliegen.
    »Ich!«
    »Es ist ein langer Weg, ’ghille ruaidh «, sagte Jamie. »Und deine Mutter vermisst dich doch bestimmt, oder?«
    »Nein!«
    »Großvater hat Recht, a bailach , Mami braucht dich«, sagte Roger und streckte die Hand nach dem Stein aus. »Komm, lass mich...«
    »Nein!« Jemmy drückte den Stein schützend an sein Hemd, und sein Mund verzog sich zu einer sturen Linie.
    »Aber du kannst nicht...«, begann Jamie.
    »Mit!«
    »Nein, ich habe gesagt, du musst...«, begann Roger.
    »MIT!«
    »Jetzt hör mal, Junge -«, begannen beide Männer gleichzeitig, dann hielten sie inne, sahen sich an und lachten.
    »Wo ist Mami denn?«, versuchte es Roger auf einem anderen Weg. »Mami macht sich bestimmt Sorgen um dich, aye?«
    Der kleine, rote Kopf verneinte dies mit vehementem Schütteln.
    »Claire hat gesagt, die Frauen wollten heute quilten«, sagte Jamie zu Roger. »Marsali hat eine Vorlage mitgebracht; vielleicht haben sie schon angefangen zu nähen.« Er hockte sich neben Roger, Auge in Auge mit seinem Enkel.
    »Bist du deiner Mutter etwa weggelaufen?«
    Der kleine rosa Mund, der bis jetzt fest geschlossen gewesen war, zuckte und ließ ein kurzes Kichern entwischen.

    »Dachte ich mir«, sagte Roger resigniert. »Na, dann komm. Ab nach Hause.« Er stand auf und schwang sich den Kleinen mitsamt seinem Stein in die Arme.
    »Nein, nein! NEIN!« Jemmy erstarrte widerspenstig, und seine Füße gruben sich Roger schmerzhaft in den Bauch, während er sich hintenüberkrümmte wie ein Flitzebogen. »Jemmy helfen! Jemmy HELFEN!«
    Weil er versuchte, sich inmitten von Jemmys Gebrüll Gehör für seine eigenen Argumente zu verschaffen, ohne selbst zu schreien, und gleichzeitig zu verhindern, dass der Junge mit einem Purzelbaum auf den Kopf fiel, hörte Roger die Rufe aus der Richtung des Hauses anfangs nicht. Doch als er sich

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