Das Flammende Kreuz
meinem Rücken erhoben hatte wie ein Schatten an der Wand, eine unvermutete Präsenz, die ich nur sah, wenn ich mich umdrehte, um einen Blick darauf zu werfen, die jedoch immer da war.
Oh, ich habe einen Schatten, der geht mit mir ein und aus,
Und was er mir wohl nützen kann, find ich nie ganz heraus.
Auch wenn ich ihm wieder den Rücken zukehrte, verließ mich der Schatten nicht. Er haftete mir unwiderruflich an, ob ich ihn beachtete oder nicht, und lauerte stets substanzlos in meiner Nähe, mit den Fingern nicht zu fassen und doch da, verschwindend klein unter meinen Füßen, wenn das Licht anderer Beschäftigungen auf mich fiel, um dann wieder im Aufglühen eines plötzlichen Bedürfnisses gigantische Proportionen anzunehmen.
Persönlicher Dämon oder Schutzengel? Oder nur der Schatten der Bestie, beständige Erinnerung an die Unausweichlichkeit des Körpers und seiner Bedürfnisse?
Unten mischte sich ein anderes Geräusch unter das Gejammer; Husten, dachte ich, doch es hörte nicht auf und der Rhythmus klang irgendwie verkehrt. Vorsichtig steckte ich den Kopf aus dem Fenster wie eine Schnecke nach einem Gewitter und machte inmitten des rasselnden Gurgelns ein paar Worte aus.
» ...excavating for a mine... forty-niner... daughter Clementine. «
Roger sang.
Ich spürte beißende Tränen in meinen Augen und zog hastig den Kopf ein, um nicht gesehen zu werden. Der Gesang hatte keine Melodie - die Tonhöhe änderte sich kaum mehr als das Summen des Windes auf dem Hals einer leeren Flasche -, und doch war es Musik. Ein hartnäckig, raspelnd dahin gekeuchtes Lied, und doch schwoll Jemmys Heulen zu schniefenden Schluchzern ab, als versuchte er, die Worte auszumachen, die sein Vater so qualvoll durch seine vernarbte Kehle zwängte.
» Fed she duck-lings... by the water... « Nach jeder geflüsterten Phrase musste er nach Luft schnappen, ein Geräusch wie zerreißendes Leinen. Ich ballte die Finger zu Fäusten, als könnte ich ihm mit der schieren Kraft meines Willens helfen, die Worte heraus zu bringen.
» Herring boxes ... without topses... sandals were for... Clementine. « Der Wind erhob sich wieder und bewegte die Baumwipfel. Die nächste Zeile ging in ihrem Rauschen unter, und ein oder zwei Minuten lang hörte ich nichts mehr, so sehr ich mich auch anstrengte.
Dann bemerkte ich Jamie, der reglos hinter mir stand.
Er machte kein Geräusch, doch ich spürte ihn sogleich; eine Wärme, eine Verdichtung in der kühlen Luft des Zimmers.
»Geht es dir gut, Sassenach?«, fragte er leise von der Tür her.
»Ja.« Ich flüsterte, um Lizzie und ihren Vater nicht zu wecken, die im hinteren Schlafzimmer schliefen. »Ich musste nur etwas frische Luft schnappen; ich wollte dich nicht wecken.«
Er kam näher, ein hoch gewachsener, nackter Geist, der nach Schlaf roch.
»Ich wache immer auf, wenn du aufstehst, Sassenach; ich schlafe nicht gut, wenn du nicht bei mir bist.« Er fasste mir kurz an die Stirn. »Ich dachte, du hättest vielleicht Fieber; das Bett war feucht an der Stelle, wo du gelegen hast. Bist du sicher, dass dir nichts fehlt?«
»Mir war heiß; ich konnte nicht schlafen. Aber, nein, ich habe nichts. Und du?« Ich berührte sein Gesicht; seine Haut war warm vom Schlaf.
Er trat zu mir ans Fenster und spähte in die Sommernacht hinaus. Es war Vollmond, und die Vögel waren unruhig; ganz in der Nähe hörte ich das leise Zirpen eines Teichrohrsängers, und weiter entfernt den Ruf einer jagenden Eule.
»Erinnerst du dich noch an Lawrence Stern?«, fragte Jamie, den offenbar die Geräusche an den Naturforscher erinnerten.
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass man ihn vergessen kann, wenn man ihm einmal begegnet ist«, sagte ich trocken. »Der Beutel mit den getrockneten Spinnen hinterlässt einen bleibenden Eindruck. Ganz zu schweigen von seinem Geruch.« Stern hatte ein einmaliges Aroma an sich, das sich zu gleichen Teilen aus natürlichem Körpergeruch, einem teuren Duftwasser - für das er eine Vorliebe hatte und das kräftig genug war, um den durchdringenden Düften diverser Konservierungsmittel wie Kampher und Alkohol die Stirn zu bieten, wenn es sie auch nicht übertönen konnte - und dem schwachen Verwesungsgeruch der von ihm gesammelten Tierexemplare zusammensetzte.
Er gluckste leise.
»Das stimmt. Er stinkt noch schlimmer als du.«
»Ich stinke nicht!«, sagte ich indigniert.
»Mmpfm.« Er nahm meine Hand, hob sie an seine Nase und schnüffelte vorsichtig daran. »Zwiebeln«, sagte er,
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