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Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition)

Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition)

Titel: Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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meinen«, empörte sich der Vorsitzende. »Wir sind doch alle Gentlemen!«
    Dazu sagte ich nichts. »Er hätte das Necessaire keinesfalls unbeobachtet aus dem Waschraum bringen können«, setzte ich meine Rekonstruktion des Diebstahls fort. »Als ich die Luke sah, ging mir auf, dass er sich seinen Mantel geben ließ und das Necessaire in der Tasche versteckte.«
    »Woher wussten Sie, dass er einen Reitumhang oder einen Ulster besaß?«, erkundigte sich der Herzog.
    »Er brauchte einen weiten Mantel mit großen Taschen, um das Necessaire zu verstecken.«
    »Und warum« fragte Mycroft, »reichte er den Mantel nicht durch die Luke zurück, sondern ging extra in die Garderobe und gab ihn dem Bediensteten?«
    »Moran wollte nichts riskieren. Vielleicht hätte der Angestellte ertastet, dass etwas Eckiges in der Manteltasche steckte, und hätte sich daran erinnert, als der Herzog Alarm schlug. Wenn er aber den Mantel am Kragen hielt und hinüberreichte, war nichts zu ertasten, und das zusätzliche Gewicht fiel auch nicht auf. Habe ich recht?«
    Der Bedienstete nickte zustimmend.
    »Wie kamen Sie darauf, dass ich Morans Haare in der Bürste finden würde?« Der Herzog von Cloncury betrachtete angewidert die pechschwarzen Haare zwischen den Borsten.
    »Ich hatte bemerkt, dass der Colonel ein sehr eitler Mann ist, und ich bin davon ausgegangen, dass er der Versuchung, Ihnen einen Schabernack zu spielen, indem er noch im Waschraum Ihre Bürste benutzte, nicht widerstehen konnte. So ein Verhalten passt zu Morans Spielernatur. Schließlich hätten Sie jeden Augenblick aus der Kabine treten und ihn erwischen können. Solche Risiken einzugehen bringt sein Blut in Wallung.«
    »Ich muss gestehen, ich bin fassungslos, Holmes!«, stieß Cloncury hervor.
    »Wie wichtig es ist, genau zu beobachten, habe ich von jemandem gelernt, der wie ich am Trinity College studiert hat«, erklärte ich. »Nämlich von Jonathan Swift. Er schreibt, dass der Zuschauer gelegentlich mehr über das Spiel erfährt als die Mitspieler.« Ich konnte der Versuchung nicht widerstehen, Mycroft ins Ohr zu raunen: »Und stell dir vor, um ein Haar hätte Swift seinen Abschluss nicht geschafft, weil man ihn am Trinity College für faul und undiszipliniert hielt!«
    Der Vorstandsvorsitzende des Klubs ließ den uniformierten Portier und dessen Assistenten holen. Beide wirkten wie ehemalige Offiziere. »Sie finden Colonel Moran im Speisesaal. Er soll sofort zu mir kommen. Sollte er sich weigern, haben Sie meine Erlaubnis, ihn notfalls mit Gewalt hierherzubringen.«
    Die beiden Männer eilten diensteifrig davon. Wenige Sekunden später schoben sie den Colonel in unsere Richtung. Er wirkte so, als hätte er die halbe Flasche Rotwein inzwischen geleert. Mit blutunterlaufenen Augen starrte er auf seinen Ulster und auf Cloncurys Necessaire. Er wurde leichenblass; nur die rot geäderten Wangen behielten ihre Farbe.
    »Bei Gott, ich sollte Sie auspeitschen lassen!«, knurrte der Herzog von Cloncury und Straffan wütend.
    »Man hat mir eine Falle gestellt«, protestierte Moran wenig überzeugend. »Irgendjemand hat mir das Necessaire in die Innentasche gesteckt.«
    Ich konnte nicht umhin, höhnisch zu grinsen. »Woher wissen Sie dann, dass es um das Necessaire geht?«, fragte ich. »Geschweige denn, dass man es in der Innentasche Ihres Mantels fand?«
    Moran erkannte, dass das Spiel aus war.
    »Ich werde versuchen, Seine Gnaden zu überreden, von einer Strafanzeige abzusehen«, sagte der Vorsitzende gravitätisch. »Es würde den guten Ruf unseres Klubs schädigen. Sollte er zustimmen, dann nur unter der Bedingung, dass Sie innerhalb der nächsten zwölf Stunden Irland auf Nimmerwiedersehen verlassen. Ich werde dafür sorgen, dass Ihnen alle Türen in diesem Land verschlossen bleiben und kein Klub Sie als Mitglied aufnimmt.«
    Der Herzog von Cloncury und Straffan schien kurz zu überlegen, ehe er seine Zustimmung gab. »Wenn es nach mir ginge, würde ich den Schurken auspeitschen lassen, aber meinetwegen. Jedenfalls schulden wir dem jungen Holmes unseren Dank, dass er den Fall so schnell gelöst hat.«
    Moran funkelte mich hasserfüllt an. »Du warst es also, du kleiner, neunmalkluger …« Er wollte sich auf mich stürzen, hatte aber nicht mit Mycroft gerechnet, der seinen massigen Körper schützend vor mich stellte und dem Colonel einen Fausthieb auf die Nase versetzte. Der fiel nach hinten und wurde von den Portiers aufgefangen.
    »Bringen Sie Colonel Moran hinaus, meine

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