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Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition)

Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition)

Titel: Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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Schlacht am Boyne hatte er dem König das Leben gerettet.«
    Der Kellner entfernte sich.
    Mycroft tupfte sich die Mundwinkel mit der Serviette. »Wollen wir in der Lobby noch einen Portwein oder Brandy trinken?«, schlug er vor.
    Die Lobby des Klubs war ein riesiger Saal mit Steinmetzarbeiten, ausgestopften Raubtieren und einem stattlichen Kamin, in dem immer ein behagliches Feuer brannte. Hier pflegten die Mitglieder nach dem Essen eine Zigarre zu rauchen und etwas zu trinken.
    Unser Weg aus dem Speisesaal führte uns vorbei an Morans Tisch. Im Vorübergehen bemerkte ich, dass der dunkle Anzug des Colonels schlecht gewählt war, denn der Herr hatte Kopfschuppen, die sich, zusammen mit den weißen Haaren, die an den Schultern hafteten, auf dem schwarzen Stoff unvorteilhaft bemerkbar machten. Wenn man zu Schuppen neigt, sollte man darauf achten, helle Stoffe zu tragen.
    In der Lobby sahen wir den Herzog von Cloncury und Straffan, ins Gespräch vertieft mit dem Oberkellner und mit einem anderen Herrn, der, wie mir Mycroft erklärte, Vorstandsvorsitzender des Klubs war. Der alte Mann schien den Tränen nahe zu sein. »Es ist unbezahlbar! Der Wert lässt sich nicht mit Geld bemessen!«, sagte er gerade.
    »Ich verstehe nicht, wie das passieren konnte, Euer Gnaden. Sind Sie sicher, dass Sie das Necessaire beim Essen dabei hatten?«
    »Denken Sie etwa, ich wäre senil, junger Mann?«
    Der »junge Mann«, der bereits um die fünfzig war, erbleichte unter dem zornigen Blick des Herzogs und trat einen Schritt zurück. »Keineswegs, Euer Gnaden, keineswegs. Bitte erzählen Sie mir noch einmal genau, was geschehen ist.«
    »Nach dem Lunch ging ich in den Waschraum. Meiner Gewohnheit entsprechend, wusch ich mir die Hände und bürstete mir das Haar mit der silbernen Bürste aus meinem Necessaire, das ich immer bei mir trage. Ich kann mich genau erinnern, dass ich die Bürste nach Gebrauch wieder ins Necessaire legte. Während ich die Toilette benutzte, ließ ich das Necessaire auf dem Waschtisch liegen. Als ich zurückkam, war es weg.«
    Der Oberkellner schaute verdrießlich drein. »Ich habe schon einen Kellner geschickt, um im Speisesaal nachzusehen, für den Fall, dass der Herzog sein Necessaire am Tisch vergessen hat«, stellte er fest. »Aber der Mann hat nichts gefunden.«
    »Das hätte ich Ihnen gleich sagen können!«, rief der Herzog gereizt. »Ich weiß doch, wo ich es das letzte Mal gesehen habe! Das ist alles nur Zeitverschwendung! Sie müssen Ihre Mitarbeiter befragen. Sofort!«
    Der Vorsitzende wirkte peinlich berührt. »Euer Gnaden, es wäre mir lieber, Sie würden uns Gelegenheit geben, in allen Räumlichkeiten gründlich zu suchen, ehe wir zu derart drastischen Maßnahmen greifen. Vielleicht haben Sie das Necessaire einfach nur verlegt?«
    »Verlegt!«, explodierte der Herzog. »Halten Sie mich für einen Idioten, verdammt noch mal? Ich verlange, dass Sie sofort anfangen, Ihre Angestellten zu befragen, und dass Sie die Hauptstädtische Polizei hinzuziehen!«
    Dass die Hauptstädtische Polizei von Dublin auf den Plan gerufen werden sollte, behagte dem Vorsitzenden überhaupt nicht. »Euer Gnaden, wir dürfen unseren guten Ruf …«
    »Ich pfeife auf Ihren Ruf! Ich will mein Necessaire wiederhaben!«, zischte der alte Herzog.
    Ich beschloss, mich einzumischen. »Verzeihung, Euer Gnaden«, sagte ich.
    Der Herzog fixierte mich mit seinen wässrigen blauen Augen. Ich erriet seine Gedanken: Was will dieser freche junge Schnösel?
    »Mein Name ist Holmes, Sir. Vielleicht kann ich Ihnen helfen.«
    »Was fällt Ihnen ein, Sie Naseweis?«
    Mein Bruder schnalzte missbilligend mit der Zunge, aber ich fuhr unverdrossen fort: »Wenn Euer Gnaden gestatten – möglicherweise kann ich helfen, das verlorene Necessaire wiederzufinden.«
    Cloncurys Augen verengten sich bedrohlich. »Hast du etwa mein Eigentum entwendet, du unverschämtes Bürschchen?«, fuhr er mich an. »Wenn du etwas damit zu tun hast, schwöre ich …«
    Nun eilte mir Mycroft doch zur Hilfe. »Verzeihung, Euer Gnaden, der junge Mann ist mein Bruder, Sherlock Holmes.«
    Der Herzog erkannte in Mycroft den Vertrauten des Vizekönigs und mäßigte seinen Ton. »Warum hat er sich mir nicht vorgestellt, wie es sich gehört? Nun gut, junger Holmes, was haben Sie mir zu sagen?«
    »Mit Ihrer Erlaubnis, Sir, würde ich gern dem Vorsitzenden einige Fragen stellen.«
    Dem Vorstandsvorsitzenden stieg die Zornesröte ins Gesicht, aber Cloncury sagte: »Nur zu, Mr. Holmes.

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