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Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition)

Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition)

Titel: Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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Lippen. Seine bestürzte Miene verriet seine Schuld.
    »Ein seltsamer Vorschlag, Inspektor«, sagte Foran. »Sind Sie ganz sicher, dass Pater Cassian der Dieb ist?«
    »Ich bitte Sie, sich noch ein wenig zu gedulden. Lassen Sie uns fürs erste sagen: Pater Cassian ist nicht der, der er zu sein scheint. Hinzu kommt, dass er im fraglichen Augenblick den Stein in den Händen hielt. Sir Rupert wartete darauf, dass er ihn weiterreichte. Wir wurden kurz abgelenkt, als Lady Miller an der Tür erschien. Als ich den Rubin das nächste Mal sah, lag er in seinem Kästchen. Sir Rupert nahm ihn heraus, begutachtete ihn und legte ihn zurück an seinen Platz. Nur Cassian kann den echten Rubin gegen eine Fälschung ausgetauscht haben, nämlich bevor er ihn ins Kästchen legte.«
    Cassian schien im Begriff, sich zu erheben, ließ sich dann aber resigniert auf seinem Stuhl zurücksinken. »Wenn ich den bengalischen Ausdruck für ›eiskalt erwischt‹ kennen würde, würde ich das jetzt zu Ihnen sagen«, bemerkte er mit einem schiefen Lächeln. »Wie sind mir Sie auf die Spur gekommen, Jayram?«
    Jayram seufzte. »Nun, ich hatte Sie in Verdacht, in Wirklichkeit kein katholischer Priester zu sein, also habe ich, um Sie auf die Probe zu stellen, absichtlich etwas Falsches erzählt. Jeder katholische Priester hätte gewusst, dass der Pelagius, den ich meinte, nicht der Heilige und Märtyrer war, sondern der Philosoph und Theologe, und dass er, weit davon entfernt, mit Augustinus befreundet zu sein, sich erbittert mit ihm stritt und schließlich als Häretiker exkommuniziert wurde. Sie haben das nicht bemerkt.«
    »Man kann eben nicht alles wissen«, entgegnete Cassian schulterzuckend. »Eiskalt erwischt, wie schon gesagt. Was …?« Beim Sprechen hatte er in die Tasche seiner Soutane gegriffen. Nun zog er sie erstaunt hervor und sah Jayram fassungslos an. »Aber …«
    Jayram bedeutete Major Foran mit einer Kopfbewegung, den falschen Geistlichen abzuführen. Nachdem das geschehen war, fragte Foran: »Warum lassen Sie Cassian nicht hier durchsuchen, Inspektor?«
    »Weil wir den Stein bei ihm nicht finden werden«, erwiderte Jayram lakonisch.
    Es folgte ein Chor verwunderter und ungläubiger Ausrufe.
    »Wollen Sie etwa behaupten, er sei nicht schuldig?«, wollte Foran wissen.
    »O, doch, das ist er ganz gewiss. Während wir alle abgelenkt waren, nutzte Cassian die einmalige Chance und tauschte den echten Rubin mit dem Duplikat aus, das Sir Rupert anschließend in den Händen hielt. Der vermeintliche Pater ist vermutlich ein professioneller Juwelendieb, der sich schnurstracks nach Baroda begab, sobald er erfuhr, dass Savaji Rao dem Residenten das Auge Shivas überreichen würde.«
    »Dann hatte er vermutlich das Duplikat schon bei sich, nicht wahr?«, meinte Royston.
    »Korrekt. Ich wage zu bezweifeln, dass Cassian sein wirklicher Name ist. Doch das wird sich noch herausstellen.«
    »Aber welche Handhabe gibt es, ihn zu verhaften, wenn er den Stein nicht mehr hat?«, fragte Foran. »Und wer zum Teufel hat nun den echten Stein?«
    »Es gibt jede Menge Dinge, die man Cassian vorwerfen kann«, versicherte Jayram. »Urkundenfälschung, arglistige Täuschung … Uns wird genug einfallen, um Pater Cassian eine Weile bei uns zu behalten.«
    »Doch wenn er das Auge Shivas nicht hat, wer dann?«, beharrte Lieutenant Tompkins.
    Jayram lächelte müde und wandte sich an Lord Chetwynd Miller. »Dürfte ich Sie bitten, den Rubin auf den Tisch zu legen, Eure Exzellenz?«
    Lord Miller sah den Inspektor mit weit aufgerissen Augen an. Er glich einem gehetzten Tier, das von den Jägern in die Enge getrieben worden war.
    Die Anwesenden waren vor Erstaunen wie erstarrt.
    Der Resident versuchte vergeblich, etwas zu sagen. Er wirkte greisenhaft und gebrechlich, seine Wangen waren bleich und eingefallen. Bis auf den Inspektor, der ruhig und gelassen blieb, waren alle fassungslos, als er in die Tasche seines Smokings griff, den funkelnden Rubin hervorholte und ihn auf den Tisch legte.
    »Woher haben Sie es gewusst?«, fragte er mit ausdrucksloser Stimme.
    Mit einer beredten Geste erwiderte Ram Jayram: »Ich denke, Sie haben – wie sagt man doch gleich? – ohne Vorsatz gehandelt. Als der Gefangene zu fliehen versuchte, ergab sich eine unvorhergesehene Gelegenheit. Sie wollten seine Verfolgung aufnehmen und stießen dabei mit Sir Rupert zusammen. In seiner Rolle als Priester eilte Ihnen Cassian zu Hilfe. Als er sich bückte, fiel ihm unbemerkt der Rubin aus der

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