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Das Fluestern des Todes

Das Fluestern des Todes

Titel: Das Fluestern des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Wignall
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zu Wort: »Kleiner Scherz meinerseits. Ich wollte ein bisschen die Stimmung heben.«
    Chris sah ihn genervt an. »Nach dem, was wir gerade gesehen haben, wollen Sie jetzt den Clown spielen? Haben Sie auch ein paar Witze über das Massakrieren von Menschen auf Lager?«
    Lucas schaute zu ihm herüber. »Was genau hast du denn gesehen? Erzähl’s mir.« Seine Stimme klang bedrohlich, und Chris verzichtete auf eine Antwort.
    Vielleicht hatte er ihnen ja wirklich das Leben gerettet, aber Ella konnte nicht vergessen, wie Lucas zwei Schritte nach vorne getan hatte, um dem Mann in den Kopf zu schießen. Bemüht, den richtigen Tonfall zu treffen, sagte sie: »Lucas?« Sie sah, dass er sie im Rückspiegel anschaute, und fühlte sich mutig genug, ihre Frage zu stellen: »Warum haben Sie ihm in den Kopf geschossen?«
    »Weil er eine schusssichere Weste trug.«
    »Woher wollen Sie das wissen?«
    »Weil er kaum blutete, nachdem ich ihn zum ersten Mal getroffen hatte.« Und wieder klang er so, als wolle er noch mehr sagen, tat es aber nicht. Er schien ein Talent für unangenehme Pausen zu haben, die ein Gespräch unweigerlich abwürgten. Bis zum Ende ihrer Fahrt sagte niemand ein Wort.
    Es war nach zehn, als sie in Florenz ankamen. Der Verkehr war noch immer lebhaft, die Fußgänger verstopften die Straßen. Noch in der letzten Nacht waren sie selbst unter diesen Passanten gewesen – genau wie Lucas vermutlich auch. Es war eine Erkenntnis, die ihr schwer auf dem Magen lag. Sie fühlte sich hintergangen und betrogen.
    Lucas parkte in einer Nebenstraße und ließ sie aussteigen. Er öffnete den Kofferraum, in dem sich ein großer Rucksack und eine kleinere Reisetasche befanden. Er gab Chris den Rucksack und griff in die Tasche.
    »Hier.« Er drückte beiden einen Reisepass in die Hand. »Gefälschte Pässe – fürs Hotel. Okay, gehen wir.« Er nahm die Tasche, schloss den Wagen ab und führte sie durch die Straßen. Offenbar hatte Lucas noch immer den Eindruck, dass die Gefahr nicht gebannt war.
    Sie waren zwanzig Meter gegangen, als Ella auf die Idee kam, einen Blick in ihren Pass zu werfen. Sie sah ihr Foto, aber der Pass war auf den Namen Emma Wright ausgestellt. Chris zeigte ihr seinen geöffneten Ausweis. Sie konnte den Namen nicht lesen, sah aber das Foto, auf dem offensichtlich Chris abgebildet war.
    Es war eine Erlösung, als sie endlich das Hotel erreichten und die übervölkerten Straßen hinter sich lassen konnten. Florenz war nicht mehr die liebenswürdige Stadt, die sie noch gestern gewesen war – und die Leute da draußen auch keine harmlosen Touristen. Das Hotel befand sich im vierten Stock eines Gebäudes nahe dem Dom – ein anspruchsloses, sauberes Zimmer mit Bad und sogar einem Fernseher. Es war jedenfalls erheblich komfortabler als das Hotel, das sie selbst hier gebucht hatten.
    Lucas trug sich als Mr. Wright ein. Er hatte zwei Zimmer reserviert, aber nachdem sie der Hotelangestellte im Korridor allein gelassen hatte, sagte er: »Wir bleiben alle in einem Raum.« Sie folgten ihm schweigend ins Zimmer.
    Chris warf den Rucksack aufs Bett, und Lucas machte sich umgehend daran, zunächst eine Pistole und dann einen Schalldämpfer herauszuholen, den er auf die Waffe schraubte. Als er fertig war, drehte er sich zu Chris um. »Ich muss noch mal raus. Wird nicht lange dauern. Wenn ich zurückkomme, werd ich einmal an der Tür klopfen und ›Hier ist Papa‹ sagen. Wenn jemand anders an der Tür klopft, dann antwortet nicht. Und wenn trotzdem jemand reinkommen sollte, erschieß ihn. Die Waffe ist entsichert. Ziel einfach auf die Brust und drück ab. Wenn du dir nicht sicher bist, schieß noch mal. Schieß so lange, bis er zu Boden geht. Und dann schieß ihm in den Kopf.«
    »Glauben Sie, dass wir noch immer in Gefahr sind?«, fragte Ella.
    Er drehte sich zu ihr um und lächelte. Sein Gesicht schien plötzlich menschlich zu werden, offen und freundlich. Er hatte blassblaue Augen, atemberaubend blaue Augen sogar – etwas, das ihr vorher gar nicht aufgefallen war. »Nein«, sagte er, »nur eine Vorsichtsmaßnahme.« Er wandte sich wieder an Chris. »Okay, hast du verstanden, was ich gesagt habe? Willst du die Pistole mal in die Hand nehmen, um ein Gefühl dafür zu bekommen?« Chris schüttelte den Kopf und sah plötzlich so verwirrt aus wie ein kleines Kind. »Ich leg sie hier auf den Tisch.« Er ging zur Tür, drehte sich aber noch einmal um. »Und vergesst nicht: keine Telefonate, kein gar nichts.«
    Und das war’s.

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