Das Foucaultsche Pendel
sich mit okkulter Physik befaßt, mit Statik, Dynamik und Kinematik, mit Astrologie oder esoterischer Biologie sowie dem Studium der Naturgeister, mit hermetischer Zoologie und biologischer Astrologie. Hinzu käme die Kosmognosis, die ebenfalls die Astrologie studiert, aber unter astronomischem Aspekt, unter kosmologischem, physiologischem, ontologjschem Blickwinkel, die Anthropo-gnosis, die die homologische Anatomie studiert, sowie die divinatorischen Wissenschaften, die Physiologie der Fluida, die Psychurgie, die soziale Astrologie und der historische Hermetismus. Ferner gibt es die qualitative Mathematik, und das heißt wem sage ich das, die Arithmologie oder Zahlenkunde... Aber erforderlich wären auch Grundkenntnisse in der Kosmographie des Unsichtbaren, in Magnetismus, Auratik, Traumdeutung, Fluidumskunde, Psychometrie und Hellseherei — und generell das Studium der andern fünf hyperphysischen Sinne —, zu schweigen von der horoskopi-schen Astrologie, die bereits eine Degeneration des Wissens darstellt, wenn sie nicht mit der gebührenden Umsicht betrieben wird — und dann natürlich Physiognomik, Gedan-kenleserei, zukunftsdeutende Künste, von Tarot und Traumdeutung bis zu den höchsten Stufen der Prophetie und Ekstase. Verlangt werden auch hinreichende Kenntnisse über 308
Verflüssigung, Alchimie, Spagirik, Telepathie, Exorzismus, Zeremonial- und Beschwörungsmagie, elementare Theurgie.
Für den eigentlichen Okkultismus empfehlen würde ich Erkundungen in den Gebieten ursprüngliche Kabbala, Brah-manismus, Gymnosophie, meinphitische Hieroglyphen...«
»Templerische Phänomenologie«, warf Belbo ein.
Bramantis Augen leuchteten auf. »Ohne Zweifel. Doch ich vergaß, zuvörderst einige Grundbegriffe in Nekromantik und Hexerei der nicht-weißen Rassen zu erwähnen, Ono-mantie, prophetische Raserei, freiwillige Thaumaturgie, Au-tosuggestion, Yoga, Hypnotik, Somnambulismus, merkuria-le Chemie... Wronski riet, für die mystische Tendenz die Techniken der Besessenen von Loudun präsent zu haben, ebenso die der Konvulsionäre von Sankt Medardus oder Veitstänzer, dazu die mystischen Getränke: ägyptischen Wein, Lebenselixiere und Arsenlösungen. Für das Prinzip des Bösen — doch mir ist klar, daß wir hier zur delikatesten Zone einer möglichen Buchreihe kommen — müßte man sich vertraut machen mit den Mysterien Beelzebubs als der Selbstzerstörung und Satans als des entthronten Fürsten, mit denen des Eurynomios, des Molochs sowie der In- und Suk-kubi. Für das positive Prinzip mit den Himmelsmysterien der Erzengel Michael, Gabriel und Raphael sowie der Agathodaimones. Sodann mit den Mysterien der Isis, des Mithra, des Morpheus, mit denen von Samothrakis und Eleusis, mit den Naturmysterien des männlichen Geschlechts, Phallus, Lignum Vitae, Clavis Scientiorum, Baphomet, Hammer, sowie den Naturmysterien des weiblichen Geschlechts, Ceres, Kreis, Patera, Kybele und Astarte.«
Signor Garamond beugte sich vor und sagte mit einschmei-chelndem Lächeln: »Sie werden die Gnostiker nicht vernachlässigen...«
»Aber gewiß nicht, obgleich zu diesem Thema viel Unsinn und Unfug im Umlauf ist. In jedem Fall ist jeder gesunde Okkultismus eine Gnosis.«
»Das war’s, was ich meinte«, sagte Garamond.
»Und das alles wäre genug«, fragte Belbo unschuldig.
Bramanti blies die Backen auf und verwandelte sich mit einem Schlag aus einem Tapir in einen Hamster. »Genug...
für den Anfang, ja, zur Initiierung, nicht für die Initiierten, wenn Sie mir das Wortspiel gestatten. Doch schon mit einem 309
halben Hundert Bänden könnten Sie ein Publikum von Tausenden von Lesern mesmerisieren, die auf nichts anderes warten als auf ein klärendes Wort... Mit einer Investition von ein paar Hundert Millionen Lire — ich komme bewußt gerade zu Ihnen, Doktor Garamond, da ich Sie kenne und schätze als einen Verleger, der zu den großzügigsten Abenteuern bereit ist — und mit einem bescheidenen Prozentsatz für mich als Herausgeber der Reihe...«
Bramanti hatte genug gesagt und jedes Interesse in Garamonds Augen verloren. Er wurde eiligst hinauskomplimen-tiert, mit großen Versprechungen: Die übliche Beraterrunde werde den Vorschlag aufmerksam erwägen.
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Wisset aber, daß wir uns alle einig sind, was wir auch immer sagen.
Turba Philosophorum
Als Bramanti draußen war, murmelte Belbo, er hätte sich mal den Pfropfen rausziehen sollen. Signor Garamond kannte den Ausdruck nicht, und Belbo versuchte ein paar
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