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Das Foucaultsche Pendel

Das Foucaultsche Pendel

Titel: Das Foucaultsche Pendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Intelligenz der Pflanzen, die kosmische Wiedergeburt und die Psychoanalyse, Marx und Nietzsche in der Perspektive einer neuen Angelologie, die Goldene Zahl und die Slums von Kalkutta, Kant und Okkultismus, die Mysterien von Eleusis und Jazz, Cagliostro und die Atomenergie, Homosexualität und Gnosis, Golem und Klassenkampf, und schließlich ein Werk in acht Bänden über den Gral und das Heilige Herz.«
    »Was will es beweisen? Daß der Gral eine Allegorie des Heiligen Herzens ist oder das Heilige Herz eine Allegorie des Grals?«
    »Ich kapiere den Unterschied und weiß ihn zu schätzen, aber ich glaube, dem hier ist beides recht. Jedenfalls bin ich hier mit meiner Weisheit am Ende. Wir sollten Signor Garamond fragen.«
    Wir fragten ihn. Er sagte, wir sollten grundsätzlich nichts wegwerfen und alles prüfen.
    »Aber schauen Sie, das meiste von diesem Zeug wiederholt bloß Sachen, die man an jedem Bahnhofskiosk finden kann«, sagte ich. »Die Autoren, auch die schon gedruckten, schreiben voneinander ab, der eine zitiert als Beleg die Behauptung des andern, und als letzten Beweis benutzen sie alle einen Satz von Jamblichos oder so jemandem.«
    »Na und?« sagte Garamond. »Wollen Sie den Lesern etwas verkaufen, was sie nicht kennen? Die Bücher der Entschleierten Isis müssen genau von denselben Sachen handeln, die auch in den anderen stehen. Sie bestätigen sich gegenseitig, also sind sie wahr. Mißtrauen Sie der Originalität.«
    »Schon recht«, sagte Belbo, »aber wir müßten doch wenigstens wissen, was in diesen Kreisen allgemein bekannt ist und was nicht. Wir bräuchten einen Berater.«
    »Welcher Art?«
    »Ich weiß nicht. Er müßte nüchterner als die Diaboliker sein, aber ihre Welt kennen. Und er müßte uns auch bei der 328
    Reihe Hermetik beraten. Ein ernsthafter Kenner des Hermetismus der Renaissance...«
    »Bravo«, sagte Diotallevi, »und wenn du ihm dann das erstemal sowas wie den Gral und das Heilige Herz in die Hand drückst, geht er empört davon und knallt die Tür zu.«
    »Das ist nicht gesagt.«
    »Ich wüßte jemanden, der dafür richtig wäre«, sagte ich.
    »Er ist ein Gelehrter, der diese Sachen ernst genug nimmt, aber mit Eleganz, ich würde sagen, mit Ironie. Ich habe ihn in Brasilien kennengelernt, aber jetzt müßte er in Mailand sein. Ich muß irgendwo seine Telefonnummer haben.«
    »Kontaktieren Sie ihn«, sagte Garamond. »Aber seien Sie vorsichtig, er darf nicht zu teuer sein. Und dann versuchen Sie ihn auch gleich für das wunderbare Abenteuer der Metalle zu benutzen.«
    Agliè schien erfreut, meine Stimme zu hören. Er fragte, wie es der entzückenden Amparo gehe, ich gab ihm schüchtern zu verstehen, daß es sich um eine verflossene Geschichte handelte, er entschuldigte sich und machte ein paar liebenswürdige Bemerkungen über die Frische, mit welcher ein junger Mensch immer neue Kapitel in seinem Leben aufschla-gen könne. Ich machte ihm Andeutungen über ein neues Verlagsprojekt. Er zeigte sich interessiert, sagte, daß er uns gerne empfangen würde, und wir verabredeten ein Treffen in seinem Hause.
    Von der Geburt des Hermes-Projekts bis zu jenem Tage hatte ich mich unbesorgt auf Kosten der halben Welt amüsiert.
    Nun begannen sie, die Rechnung zu präsentieren. Auch ich war eine Biene und flog zu einer Blüte, nur wußte ich es noch nicht.
    329

46
    Während des Tages setze dich etliche Male vor
    den Frosch und sprich Worte der Verehrung.
    Und bitte ihn, die Wunder zu vollbringen, die du dir wünschest.. Unterdessen schnitze ein Kreuz, um ihn daran aufzuspießen.
    Aus einem Ritual von Aleister Crowley
    Agliè wohnte in der Gegend von Piazzale Susa: eine ruhige Seitenstraße, eine Fin-de-siècle-Villa in dezentem Jugendstil. Die Tür öffnete uns ein alter Diener in gestreifter Jacke.
    Erführte uns in einen Salon und bat uns, auf den Herrn Grafen zu warten.
    »Dann ist er also Graf«, flüsterte Belbo.
    »Hab ich Ihnen das nicht gesagt? Er ist Saint-Germain redivivus.«
    »Er kann nicht redivivus sein, wenn er nie gestorben ist«, sprach Diotallevi. »Er wird doch nicht Ahasver sein, der Ewige Jude?«
    »Nach Ansicht einiger ist der Graf von Saint-Germain auch Ahasver gewesen.«
    »Na bitte.«
    Agliè trat herein, wie immer makellos gekleidet. Drückte uns die Hand und entschuldigte sich: Eine langweilige Sitzung, ganz überraschend, halte ihn leider noch zehn Minuten in seinem Studio auf, wir sollten es uns einstweilen bequem machen. Er hieß den Diener, uns Kaffee zu

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