Herdhelden
Liebe Leserinnen und Leser,
Für meine männlichen Freunde und meine Zweitfamilie auf all meinen kulinarischen Abenteuern: Ralf Klingelhöfer, Martin Langner, Pascal Capitolin, Oliver Prasnikar, Florian Schewe und Volker Heise.
Geschmack wird früh geprägt. Durch bestimmte Lebensmittel, durch immer wiederkehrende Aromen, durch Kochmethoden und natürlich durch die Eigenheiten der jeweiligen Region oder des Landes. Ich bin in Wien aufgewachsen und habe wohl daher eine Vorliebe für Knödel, Schinkenfleckerl, Palatschinken und Marmelade zum Frühstück. Meine tschechische Oma war eine hervorragende Köchin, die ihre Enkel nur allzu gern verwöhnte. Als Kind war ich punschkrapferlsüchtig (heute wäre mir das viel zu süß) und liebte Leberknödelsuppe, noch besser war nur die Grießnockerlsuppe. Mein Himmel auf Erden! Wenn sie denn gut gemacht war!
Jeder, der sich auch nur im Mindesten für Essen interessiert, kennt Wiener Schnitzel und Sachertorte. Aber haben Sie schon einmal Grammelknödel gemacht und mit Ihrer selbst gekochten Biersuppe brilliert? Jeder hat eine bestimmte Vorstellung von österreichischer Küche, von Österreich selbst. Auch wenn Sie diese Vorstellung lieben – ich bin sicher, dass Sie sich neben unverzichtbaren traditionellen Rezepten über neue Interpretationen oder Abwandlungen oder einfach über Experimente mit typisch österreichischen Zutaten freuen werden. Und so war es mir ein Anliegen, ein ganzes Buch meiner Heimat zu widmen, der Heimat meiner Kindheit und frühen kulinarischen Prägung. Meine Mutter, meine Geschwister, meine Oma und viele andere Köchinnen und Köche haben mich im Lauf meines Lebens inspiriert, haben meinen Geschmack geprägt und mir neue Geschmackswelten eröffnet.
Mein großer Dank gilt den Herdhelden und -heldinnen, die so liebenswürdig waren, mir ihre Küchen und Rezeptbücher zu öffnen. Manche von ihnen kenne ich recht gut, manchmal ist eine Freundschaft entstanden, manchmal war es nur eine schöne kurze Begegnung. Mit vielen möchte ich unbedingt in Kontakt bleiben, auch wenn meine Termine und die Entfernung diesem Wunsch hinderlich sind. Die Leidenschaft so vieler verschiedener Menschen fürs Kochen – diese zu teilen ist das, was mich am meisten stolz macht: Ich bin ein Teil dieser Familie. Seine Rezepte mit Fremden zu teilen hat mit Sympathie, Großzügigkeit und Wertschätzung zu tun. Für jemanden zu kochen, ist immer auch Liebe und Fürsorge. Für mich ist Kochen Freude, Entspannung, Kreativität und Neugier zugleich.
Es ist nicht egal, was wir wo und wie essen. Wie wir kochen und wie wir essen, sagt eine Menge über unser Weltbild, unsere Anschauungen, unsere Sozialisation und unsere Haltung der Welt gegenüber aus. In unserer industrialisierten Welt voller Zusatzstoffe, pestizidbelasteter Äcker und Massentierhaltung ist es eine Notwendigkeit geworden, bewusst und aufgeklärt zu kochen, wenn wir unseren Nachkommen eine lebenswerte und gesunde Welt hinterlassen wollen. Kochen fängt bei dem Samenkorn an, das der Bauer in die Erde setzt, und beim Hühnerei, das gerade gelegt worden ist. Zum Kochen gehört das duftende, schmurgelnde Saftgulasch genauso wie das Wissen darum, woher das Rind stammt, dessen Fleisch wir verwenden, wie es gelebt hat und was es gefressen hat.
Kochen kann etwas sehr Beglückendes sein und das eigene Selbstwertgefühl steigern. Es kann Werte wie Teilen und Kommunikation aufs Beste unterstützen. Kochen bedeutet aber auch: Verantwortung übernehmen.
Ich freue mich, dass Sie mein neues, frisches, duftendes Kochbuch in der Hand halten und bis hierher gelesen haben. Ich freue mich noch mehr, wenn Sie sich von dem einen oder anderen Rezept angeregt fühlen, selber wieder öfter zum Kochlöffel zu greifen. Für diejenigen, die ohnehin jeden Tag kochen, hoffe ich, dass sie neue Anregungen oder Rezepte finden, die sie so noch nicht kannten oder schon immer gesucht haben. Auch Rezepte unterliegen einem Zeitgeist. Das ist auch gut so. Genauso wichtig sind aber Rezepte, die zeitlos genial und gut sind, und die man gern sein Leben lang isst und kocht. Davon finden Sie auch viele in meinem Buch. Welche das nun im Einzelnen sind – diese Entscheidung überlasse ich Ihnen. Ich habe auf jeden Fall schon meine Favoriten und werde gleich wieder zum Herd eilen.
Herzlichst Ihre
Meine 15 Gebote zur Ernährung
Ich gebe es zu: Auf meinem langen Weg zur medialen Köchin habe ich meine Unschuld verloren. Früher gab es nur ein Kriterium für
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