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Das Foucaultsche Pendel

Das Foucaultsche Pendel

Titel: Das Foucaultsche Pendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Einverständnis — stillschweigend, wie es die Etikette der Ironie verlangt —, daß wir die Logik der anderen parodierten.
    Doch in den langen Zwischenzeiten, wenn jeder von uns Beweisstücke für die nächste Dreiersitzung sammelte, überzeugt, Mosaiksteineben für die Parodie eines Mosaiks zu sammeln, gewöhnte sich unser Hirn allmählich daran, alles und jedes mit allem und jedem in Verbindung zu bringen, und um das automatisch tun zu können, mußte es feste Ge-wohnheiten annehmen. Ich glaube, ab einem bestimmten Punkt macht es keinen Unterschied mehr, ob man sich daran gewöhnt, so zu tun, als ob man glaubte, oder ob man sich daran gewöhnt, wirklich zu glauben.
    Es ist wie bei den Spionen. Sie schleichen sich in die gegnerischen Geheimdienste ein und gewöhnen sich daran, wie der Gegner zu denken; wenn sie überleben, so weil es ihnen gelungen ist, sich dem Gegner total anzupassen; kein Wunder also, daß sie nach einer Weile zur anderen Seite überlau-fen, die nun ihre Seite geworden ist. Oder wie bei denen, die
    * Es ist eine bemerkenswerte Koinzidenz, daß die Folio-Ausgabe von 1623, die unter dem Namen von Shakespeare bekannt ist, genau sechsunddreißig Stücke enthält.
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    allein mit einem Hund leben. Sie reden den ganzen Tag lang mit ihm; zu Anfang bemühen sie sich, seine Logik zu verstehen, dann wollen sie, daß er ihre Logik versteht; zuerst finden sie ihn schüchtern, dann eifersüchtig, dann übelnehme-risch, und schließlich verbringen sie ihre Zeit damit, ihn zu piesacken und ihm Eifersuchtsszenen zu machen. Wenn sie sicher sind, daß er wie sie geworden ist, sind sie wie er geworden, und wenn sie stolz darauf sind, ihn vermensch-licht zu haben, haben sie sich de facto verhundet.
    Vielleicht weil ich jeden Tag mit Lia und dem Kind in Berührung kam, war ich dem Spiel noch am wenigsten von uns dreien verfallen. Ich war überzeugt, es zu beherrschen, ich fühlte mich, als schlüge ich immer noch das Agogõ während des rituellen Tanzes — du stehst auf Seiten derer, die Emotionen hervorrufen, nicht sie erleiden, sagte ich mir. Wie es bei Diotallevi war, wußte ich damals noch nicht, heute weiß ich es: Diotallevi gewöhnte seinen Körper daran, wie ein Diaboliker zu denken. Was Belbo anging, so identifizierte er sich mit dem Spiel auch auf der Bewußtseinsebene. Ich gewöhnte mich, Diotallevi zerstörte sich, Belbo bekehrte sich. Aber alle drei verloren wir langsam jene intellektuelle Klarheit, die uns erlaubt, das Ähnliche vom Identischen zu unterscheiden, die Metapher von der Sache zu trennen —
    jene geheimnisvolle, glänzende und wunderbare Eigenschaft, dank welcher wir sagen können, daß jemand »bestialisch« geworden ist, ohne dabei zu meinen, ihm seien tatsächlich Pranken und Hauer gewachsen, während ein Kranker das Wort »bestialisch« hört und sofort an ein bellendes oder rauchendes oder feuerspeiendes Untier denkt.
    Was mit Diotallevi geschah, hätten wir sehen können, wä-
    ren wir nicht so erregt gewesen. Ich würde sagen, angefangen hatte das Ganze, als der Sommer zu Ende ging. Diotallevi war magerer als gewöhnlich aus den Ferien zurückgekommen, aber es war nicht die nervöse Schlankheit dessen, der sich ein paar Wochen lang in den Bergen erholt hat. Sein zarter Albino-Teint hatte einen gelblichen Schimmer bekommen. Wenn wir es bemerkten, dachten wir wohl, er hätte die Ferien über seinen rabbinischen Schriftrollen brütend verbracht. Doch in Wahrheit dachten wir an ganz andere Dinge.
    Denn in den folgenden Tagen gelang es uns, Stück für Stück auch die Gruppen außerhalb des Baconschen Flügels 561
    unterzubringen.
    So betrachten zum Beispiel die gängigen Freimaurerstudi-en den bayerischen Illuminatenorden, der die Auflösung der Nationen und die Abschaffung des Staates anstrebte, als Inspirator nicht nur des Bakuninschen Anarchismus, sondern auch des Marxismus. Unsinn. Die llluminaten waren Provokateure, von den Baconianern in die Reihen der deutschen Templer eingeschleust, aber Marx und Engels dachten an etwas ganz anderes, als sie 1848 das Kommunistische Manifest mit dem reißerischen Satz begannen: »Ein Gespenst geht um in Europa.« Warum benutzten sie ausgerechnet eine so gotisch-schauerromantische Metapher? Nun, ganz klar, das Kommunistische Manifest spielt sarkastisch auf die gespen-stische Jagd nach dem Großen Plan an, die seit einigen Jahrhunderten heimlich durch die Geschichte des Kontinents tobt. Und es schlägt sowohl den Baconianern wie den Neutemplern

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