Das Foucaultsche Pendel
Cecilia, Braut und Magd) derart zugänglich war, daß jemand schon Zugang zu ihr gefunden hatte... Auf jeden Fall vierter Fall war ich aus dem Spiel.
Schreibt man über solch eine Geschichte einen Roman? Vielleicht sollte ich ihn über die Frauen schreiben, vor denen ich fliehe, weil ich sie haben konnte. Oder gekonnt hätte. Sie haben.
Oder ist das dieselbe Geschichte?
Fazit: Wenn man nicht einmal weiß, um welche Geschichte es eigentlich geht, korrigiert man besser die Philosophiebücher.
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In der rechten Hand trug sie ein gantz güldin
Posaun.
Johann Valentin Andreae, Die Chymische Hochzeit Christiani Rosencreutz, Straßburg, Zetzner, 1616, 1
In diesem Text wird eine Trompete erwähnt. Vorgestern abend im Periskop wußte ich noch nicht, wie wichtig das war. Ich hatte nur einen sehr vagen Anhaltspunkt.
Während der langen Nachmittage bei Garamond kam es vor, daß Belbo, vor einem Manuskript verzweifelnd, die Augen von seiner Lektüre hob und auch mich abzulenken versuchte, der ich womöglich gerade am Tisch gegenüber Kup-ferstiche von der Pariser Weltausstellung für den Umbruch klebte, und dann erging er sich manchmal in alten Erinnerungen — bereit, den Vorhang gleich wieder fallen zu lassen, sobald er argwöhnte, daß ich ihn allzu wörtlich nahm.
Er schilderte mir Episoden aus seiner Jugend, aber nur als Exempel, um irgendwelche Eitelkeiten zu geißeln. »Ich frage mich, wo das alles noch enden soll«, sagte er eines Tages.
»Sprechen Sie vom Untergang des Abendlandes?«
»Geht es unter? Ist doch schließlich sein Beruf, oder? Nein, ich spreche von diesen Leuten, die schreiben. Das ist jetzt das dritte Manuskript in einer Woche, eins über das byzantinische Recht, eins über das Finis Austriae und das dritte über die Sonette von Petrarca. Ziemlich verschiedene Dinge, meinen Sie nicht?«
»Denke schon.«
»Eben, und hätten Sie wohl gedacht, daß in allen dreien an einem bestimmten Punkt der Wunsch und das Liebesobjekt auftauchen? Ist eine richtige Mode heute. Bei Petrarca versteh ich’s ja noch, aber beim byzantinischen Recht?«
»Also werden Sie ablehnen?«
»Aber nein, das sind vollfinanzierte Arbeiten, komplett bezahlt vom Nationalen Forschungsrat, und außerdem sind sie nicht schlecht. Allenfalls rufe ich diese drei Leute an und 69
frage sie, ob sie die paar Zeilen nicht streichen können. Die stehen doch sonst selber dumm da.«
»Was kann denn bitte das Liebesobjekt im byzantinischen Recht gewesen sein?«
»Och, das kriegt man immer irgendwie rein... Freilich, wenn es im byzantinischen Recht ein Liebesobjekt gab, war’s nicht das, was der hier sagt. Es ist nie das.«
»Das was?«
»Das, was man meint. Einmal, als ich so fünf oder sechs Jahre alt war, träumte ich, ich hätte eine Trompete. Eine vergoldete. Wissen Sie, das war so einer von diesen Träumen, bei denen man meint, man hätte Honig in den Adern, so eine Art von nächtlicher Pollution, wie man sie in der Pubertät haben kann. Ich glaube, ich war nie so glücklich wie in jenem Traum. Nie mehr. Beim Aufwachen merkte ich dann natürlich, daß die Trompete nicht da war, und fing an zu heulen wie ein Schloßhund. Ich heulte den ganzen Tag lang. Wirklich, diese Vorkriegszeit damals, es muß so um Achtunddreißig gewesen sein, das war schon eine sehr karge Zeit. Heutzutage, wenn ich einen Sohn hätte und ihn so verzweifelt sähe, würde ich sagen, na komm, ich kauf dir eine Trompete — es ging schließlich bloß um ein Spielzeug, das hätte schon nicht die Welt gekostet. Nicht so meine Eltern, die dachten gar nicht daran. Geldausgeben war damals eine ernste Sache. Und es war eine ernste Sache, die Kinder zur Bescheidenheit zu erziehen, ihnen beizubringen, daß sie nicht immer alles kriegen konnten, was sie begehrten. Ich mag die Kohlsuppe nicht, sagte ich zum Beispiel und das stimmte, der Kohl in der Suppe war mir eklig. Nicht daß sie dann etwa sagten, na schön, laß die Suppe für diesmal stehen und nimm bloß das Hauptgericht (wir waren nicht arm, wir hatten Vorspeise, Hauptgang und Dessert). O nein, kein Gedanke, was auf den Tisch kommt, wird gegessen. Eher schon, als Kompromißlösung, machte sich dann meine Oma daran, den Kohl aus meiner Suppe zu fischen, Strunk für Strunk, Fädchen für Fädchen, und ich mußte die entkohlte Suppe essen, die noch ekliger war als vorher, und das war schon eine Konzession, die mein Vater mißbilligte.«
»Und die Trompete?«
Er sah mich zögernd an: »Was interessiert Sie
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