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Das Foucaultsche Pendel

Das Foucaultsche Pendel

Titel: Das Foucaultsche Pendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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so an der Trompete?«
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    »Mich nichts, Sie haben von einer Trompete gesprochen, im Zusammenhang mit dem Liebesobjekt, das dann nicht das richtige ist...«
    »Die Trompete... An jenem Abend sollten mein Onkel und meine Tante aus *** ankommen, sie hatten keine Kinder, und ich war ihr Lieblingsneffe. Sie sahen mich heulen wegen diesem Trompetentraum und sagten, sie würden’s schon richten, am nächsten Tag würden wir ins Kaufhaus gehen, ins Upim, wo es eine ganze Spielwarenabteilung gab, ein wahres Wunderland, und da würde ich die Trompete finden, die ich mir so wünschte. Ich brachte die ganze Nacht lang kein Auge zu und trat den ganzen nächsten Vormittag lang von einem Bein auf das andere. Am Nachmittag gingen wir endlich ins Upim, und da gab es mindestens drei Sorten Trompeten, wahrscheinlich alle aus dünnem Blech, aber mir kamen sie vor wie aus reinem Gold. Es gab ein Signalhorn, eine Zugposaune und eine Pseudotrompete, so eine mit rich-tigem Mundstück, und sie war auch goldfarben, aber sie hatte Klappen wie ein Saxophon. Ich wußte nicht, welche ich nehmen sollte, und vielleicht zögerte ich zu lange. Ich wollte sie alle drei und machte den Eindruck, als wollte ich keine.
    Inzwischen hatten Onkel und Tante auf die Preisschilder gesehen. Sie waren nicht knausrig, aber mir schien, daß sie eine Klarinette billiger fanden, so eine aus Bakelit, ganz schwarz und mit silbernen Klappen. ›Was meinst du, würde dir die nicht besser gefallen?‹ fragten sie. Ich probierte sie, blökte gehorsam rein und versuchte mich zu überzeugen, daß sie wunderschön sei, aber in Wirklichkeit überlegte ich und sagte mir, wahrscheinlich wollten sie, daß ich die Klarinette nähme, weil sie billiger war, die Trompete mußte ein Vermögen kosten, das konnte ich ihnen nicht zumuten. Man hatte mir immer beigebracht, wenn jemand dir etwas schenken will, was du gern hättest, dann mußt du erst mal nein danke sagen, und nicht nur einmal, nicht bloß nein danke sagen und dann gleich die Hand ausstrecken, sondern abwarten, bis man dich drängt und sagt, na nimm schon. Erst dann gibt das wohlerzogene Kind nach. Also sagte ich brav, ich wollte vielleicht gar keine Trompete, vielleicht tät’s auch die Klarinette, wenn sie’s lieber so hätten. Und ich schaute von unten zu ihnen rauf in der Hoffnung, daß sie mich drängten. Sie drängten mich nicht, Gott hab sie selig. Sie 71
    waren sehr glücklich, mir die Klarinette kaufen zu können, weil ich sie doch — wie sie sagten — lieber hätte. Es war zu spät zur Umkehr. Ich kriegte die Klarinette.«
    Er sah mich argwöhnisch an: »Wollen Sie wissen, ob ich noch mal von der Trompete geträumt habe?«
    »Nein«, sagte ich, »ich will wissen, was das Liebesobjekt war.«
    »Ah«, sagte er und beugte sich wieder über sein Manuskript, »sehen Sie, auch Sie sind ganz besessen von diesem Liebesobjekt. Solche Geschichten kann man drehen, wie man will. Aber... was, wenn ich damals die Trompete genommen hätte? Wäre ich dann tatsächlich glücklich gewesen? Was meinen Sie, Casaubon?«
    »Vielleicht hätten Sie dann von der Klarinette geträumt.«
    »Nein«, schloß er trocken. »Die Klarinette habe ich nur gekriegt. Ich glaube, ich habe sie nie gespielt.«
    »Gespielt oder geträumt?«
    »Gespielt«, sagte er mit Nachdruck, und ich weiß nicht wieso, aber ich fühlte mich wie ein Narr.
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    E finalmente altro non si inferisce cabalisticamente da vinum che VIS NUMerorum, dai quali numeri essa Magia dipende. *
    Cesare della Riviera, Il Mondo Magico degli Eroi, Mantova, Osanna, 1603, p. 65 f.
    Doch ich sprach von meiner ersten Begegnung mit Belbo.
    Wir kannten uns schon vom Sehen und hatten ein paarmal kurz bei Pilade miteinander gesprochen, aber ich wußte nicht viel von ihm, nur daß er bei Garamond arbeitete, und Bücher von Garamond waren mir hin und wieder bei meinen Studien in die Hände gefallen. Es war ein kleiner, aber seriöser Verlag. Ein junger Mann, der sich gerade anschickt, seinen Doktor zu machen, fühlt sich stets angezogen von jemandem, der in einem angesehenen Verlag arbeitet.
    »Und was treiben Sie?« fragte er mich eines Abends, als wir beide am äußersten Ende des Zinktresens lehnten, um-drängt von einem Gewühl wie auf einer großen Party. Es war die Zeit, als alle sich duzten, die Studenten die Professoren und die Professoren die Studenten. Ganz zu schweigen von den Kunden in Pilades Bar. »Zahl mir ‘n Bier«, sagte der Student im Parka zum Chefredakteur der

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