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Das Foucaultsche Pendel

Das Foucaultsche Pendel

Titel: Das Foucaultsche Pendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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kritzelt eine unverständliche Botschaft: Rivverrun, past Eve and Adam's... Er verdeckt das Blatt mit den Händen, sieht mich an, sieht mich bleicher werden als ein Gespenst, liest den Tod in meinen Augen. — Ruh dich aus, sagt er leise. Hab keine Angst. Ich werde für dich schreiben.
    Und so tut er's nun, als Maske einer Maske. Ich erlösche allmählich, und er entzieht mir auch noch das letzte Licht, das der Dunkelheit.
     

74
    Obgleich er guten Willens ist, scheinen sein Geist und seine Prophezeiungen offenkundiges Teufelswerk... Sie sind imstande, viele neugierige Menschen zu täuschen und der Kirche Gottes Unseres Herrn großen Schaden und Ärger zu verursachen.
    Gutachten über Guillaume Postel, an Ignatius von Loyola geschickt von den Jesuiten-Patres Salmeron, Lhoost und Ugoletto am 10. Mai 1545
     
    Entspannt erzählte uns Belbo, was er sich ausgedacht hatte, ohne uns seine Seiten vorzulegen und ohne alle privaten Bezüge. Ja, er ließ uns sogar glauben, Abulafia habe ihm die Kombinationen geliefert. Dass Francis Bacon der wahre Verfasser der Rosenkreuzer-Manifeste gewesen sei, hatte ich schon irgendwo einmal gelesen, aber eine Bemerkung überraschte mich: dass Bacon auch Viscount of Saint Albans war.
    Etwas ging mir im Kopf herum, etwas im Zusammenhang mit meiner alten Dissertation. Die folgende Nacht verbrachte ich schlaflos über meinen Karteien.
    »Meine Herren«, begrüßte ich am nächsten Morgen einigermaßen feierlich meine Komplizen, »wir können gar keine Zusammenhänge erfinden. Es gibt sie. Als Bernhard von Clairvaux die Idee eines Konzils lancierte, um die Templer zu legitimieren, war unter denen, die mit der Organisation der Sache beauftragt wurden, auch der Prior von Saint Albans, der unter anderem den Namen des ersten englischen Märtyrers trug, des Evangelisators der Britischen Inseln, und der stammte genau aus Verulam, dem Familiensitz Bacons! Sankt Alban, Kelte und zweifellos Druide, war ein Initiierter genau wie Sankt Bernhard.«
    »Ist das alles?« fragte Belbo.
    »Warten Sie ab. Dieser Prior von Sankt Alban war zugleich auch Abt von Saint-Martin-des-Champs, dem Kloster, in welchem später das Conservatoire des Arts et Metiers installiert werden sollte!«
    Belbo fuhr hoch. »Donnerwetter!«
    »Und damit nicht genug. Das Conservatoire war ausdrücklich als Hommage an Francis Bacon gedacht Am 25. Brumaire des Jahres III ermächtigte der Konvent sein Comité d'Instruction Publique zum Druck der gesammelten Werke von Bacon. Und am 19. Vendemiaire desselben Jahres verabschiedete derselbe Konvent ein Gesetz zum Bau eines Hauses der Künste und Handwerke, das die Idee jenes Salomonischen Hauses realisieren sollte, von dem Bacon in seiner Nova Atlantis spricht und das er als den Ort beschreibt, an dem alle technischen Erfindungen der Menschheit versammelt sein würden.«
    »Na und?« fragte Diotallevi.
    »Na, und im Conservatoire hängt doch das Pendel!« sagte Belbo. Und an der Reaktion von Diotallevi sah ich, dass Belbo ihm von seinen Reflexionen über das Foucaultsche Pendel erzählt haben musste.
    »Langsam, langsam«, bremste ich. »Das Pendel ist erst im vorigen Jahrhundert erfunden und installiert worden. Lassen wir das lieber erst mal beiseite.«
    »Das Pendel beiseite lassen?« fragte Belbo. »Haben Sie nie einen Blick auf die Hieroglyphische Monade von John Dee geworfen, den Talisman, der alle Weisheit des Universums in sich vereinigen sollte? Sieht der nicht aus wie ein Pendel?«

    Monas Ieroglyphica
    aus J. V. Andrae, Die Chymische Hochzeit Christiani Rosenkreutz, Straßburg, Zentzner, 1616, p. 5
     
    »Na schön«, sagte ich, »nehmen wir an, dass sich ein Zusammenhang zwischen den beiden Fakten herstellen lässt Aber wie gelangt man von Sankt Alban zum Pendel?«
    Ich wusste es nach wenigen Tagen.
    »Also, der Prior von Saint Albans war Abt von Saint-Martin-des-Champs, das infolgedessen zu einem protempletischen Zentrum wurde. Bacon stellte über seinen Stammsitz einen Initiationskontakt zu den Druiden im Gefolge von Sankt Alban her. Und jetzt aufgepasst: Genau zu der Zeit, als Bacon seine Karriere in England beginnt, endet in Frankreich die von Guillaume Postel.«
    (Ich bemerkte ein winziges Zucken in Belbos Gesicht und dachte an den Dialog auf der Vernissage von Riccardo: Postel erinnerte ihn an den, der ihm Lorenza entfremdet hatte. Doch es war nur ein kurzer Augenblick.)
    »Postel lernt Hebräisch und versucht zu beweisen, dass es die gemeinsame Matrix aller Sprachen sei, er

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