Das Foucaultsche Pendel
gemacht.«
»Langsam, langsam, Casaubon. Wer denn? Ach Gott, Sie reden von dem Großen Plan!« Er zögerte einen Moment. »Wissen Sie, dass es schlechte Nachrichten von Diotallevi gibt? Er will nicht reden, da hab ich in der Klinik angerufen, aber sie wollten mir nichts Genaues sagen, weil ich kein Angehöriger bin — er hat keine Angehörigen, also wer soll sich da sonst um ihn kümmern? Diese Zurückhaltung hat mir gar nicht gefallen. Es wäre was Gutartiges, sagen sie, aber die Therapie hätte nicht genügt, es wäre besser, wenn er sich noch für einen weiteren Monat in ihre Obhut begäbe, vielleicht lohnte sich auch ein chirurgischer Eingriff... Mit einem Wort, diese Ärzte sagen mir nicht die ganze Wahrheit, und die Sache gefällt mir immer weniger.«
Ich wusste nicht, was ich antworten sollte, und blätterte verlegen in einem Ordner, um meinen triumphalen Einzug vergessen zu machen. Doch es war Belbo, der nicht widerstehen konnte. Er war wie ein Spieler, dem plötzlich ein gutes Blatt gezeigt wird. »Zum Teufel«, sagte er schließlich. »Das Leben geht weiter, leider. Erzählen Sie schon.«
»Die haben alles falsch gemacht. Wir haben alles falsch gemacht, oder fast alles. Also passen Sie auf. Hitler macht mit den Juden, was er gemacht hat, aber er findet nicht das geringste. Die Okkultisten der halben Welt haben sich jahrhundertelang damit abgemüht, Hebräisch zu lernen, sie rätseln herum, wo es was zu rätseln gibt, aber sie ziehen höchstens das Horoskop ans Licht. Warum?«
»Nun, weil... weil das Fragment der Jerusalemer noch irgendwo verborgen ist. Übrigens ist ja auch das Fragment der Paulizianer noch nicht zum Vorschein gekommen, soweit wir wissen... «
»Das ist eine Antwort nach Art von Agliè, nicht nach unserer Art. Ich habe eine bessere: Die Juden haben nichts mit der ganzen Sache zu tun.«
»Wie meinen Sie das?«
»Die Juden haben nichts mit dem Großen Plan zu tun. Sie können gar nichts damit zu tun haben. Vergegenwärtigen wir uns noch mal die Lage der Templer, erst in Jerusalem und dann in den europäischen Komtureien. Die französischen Ritter treffen sich mit den deutschen, den portugiesischen, spanischen, italienischen, englischen Rittern, sie alle gemeinsam haben Beziehungen zum byzantinischen Raum, und vor allem messen sie sich mit dem türkischen Gegner. Einem Gegner, mit dem man sich schlägt, aber mit dem man auch verhandelt, wir haben es ja gesehen. Dies waren die beteiligten Kräfte, und die Beziehungen bildeten sich zwischen gleichrangigen Aristokraten. Wer aber waren die Juden damals in Palästina? Eine russische und religiöse Minderheit, geduldet und respektiert von den Arabern, die sie mit gnädiger Nachsicht behandelten, aber sehr schlecht von den Christen behandelt, vergessen wir nicht, dass im Laufe der verschiedenen Kreuzzüge ganz nebenbei die Ghettos geplündert und ihre Bewohner massakriert wurden, wie's gerade kam. Und da glauben wir, dass die Templer, elitär und hochnäsig, wie sie waren, mit den Juden mystische Informationen ausgetauscht hätten? Nie und nimmer. Und in den europäischen Komtureien galten die Juden als Wucherer, als minderwertige Leute, die man zwar ausbeuten konnte, aber denen man kein Vertrauen schenken durfte. Vergessen wir nicht, wir sprechen hier von Beziehungen zwischen Rittern, wir konstruieren den Plan einer spirituellen Ritterschaft. Und da haben wir uns vorstellen können, die Tempelherren von Provins hätten Bürger zweiter Klasse in die Sache verwickelt? Nie und nimmer!«
»Aber all diese Magier und Naturphilosophen der Renaissance, die sich ans Studium der Kabbala machen...?«
»Natürlich, sie stehen kurz vor dem dritten Treffen, sie ballen ungeduldig die Faust in der Tasche und suchen nach Abkürzungswegen, das Hebräische erscheint als heilige und mysteriöse Sprache, die Kabbalisten werkeln auf eigene Rechnung und mit anderen Zielen — da setzen sich die in der Welt verstreuten Sechsunddreißig in den Kopf, eine unverständliche Sprache verberge wer weiß was für Geheimnisse. Es war Pico della Mirandola, der erklärt hat, dass nulla nomina, ut significativa et in quantum nomina sunt, in magico opere virtutem habere non possunt, nisi sint Hebraica. (keine Nomina, seien sie auch bedeutsam und insofern sie Nomina sind, können in einem magischen Werk eine Kraft haben, wenn sie nicht hebräisch sind) Na und? Pico della Mirandola war ein Idiot.«
»Das muß mal gesagt werden!«
Ȇberdies war er als Italiener
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