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Das Foucaultsche Pendel

Das Foucaultsche Pendel

Titel: Das Foucaultsche Pendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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müssen die Mannen des Grafen Artois sein, sie beben vor Kampfeslust, denn unerträglich ist ihnen die Schmach, schon gehen sie mit Drohgebrüll auf die Feinde los.«
    In diesem Moment passierte der Zwischenfall. Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, der Zug hatte sich voranbewegt, eine Gruppe von Aktivisten mit Fahrradketten und Gesichtsmützen hatte angefangen, die Front der Polizei einzudrücken, um zur Piazza San Babila durchzubrechen, aggressive Sprechchöre brüllend. Der Löwe regte sich, und diesmal mit einer gewissen Entschiedenheit. Die vordere Reihe der Front tat sich auf, und es erschienen die Wasserwerfer. Aus den Vorposten des Zuges flogen die ersten Steine, die ersten Stahlkugeln schwirrten, ein Trupp Polizisten stürmte brutal prügelnd in die Menge, und der Zug begann zu wanken. In diesem Moment ertönte von Weitem, hinten aus der Via Laghetto, ein Schuss. Vielleicht war's nur ein geplatzter Reifen, vielleicht ein Knallfrosch, vielleicht war's ein echter Pistolenschuss, abgefeuert von einem jener »Autonomen«, die ein paar Jahre später regelmäßig die P38 benutzen sollten.
    Panik brach aus. Die Polizei blies zum Angriff, die Demonstranten teilen sich in die Kämpfer, die den Waffengang annahmen, und die anderen, die ihre Aufgabe für beendet ansahen. Ich fand mich unter Letzteren, rannte Hals über Kopf die Via Larga hinunter in der panischen Angst, von irgendeinem Schlägertrupp gefasst zu werden, in wessen Auftrag auch immer. Plötzlich sah ich neben mir Belbo mit seiner Gefährtin. Sie liefen schnell, aber ohne Panik.
    An der Ecke der Via Rastrelli packte mich Belbo am Arm und rief. »Hier lang, junger Mann!« Ich wollte ihn fragen, warum, die Via Larga schien mir bequemer und belebter, und als wir in das Labyrinth der Gässchen zwischen der Via Pecorari und dem erzbischöflichen Ordinariat eindrangen, packte mich die Klaustrophobie. Mir schien, dass es dort, wo Belbo mich hinführte, viel schwieriger sein würde, mich zu tarnen, falls irgendwo Polizisten auftauchen sollten. Doch er bedeutete mir zu schweigen, bog um zwei, drei Ecken, immer langsamer laufend, und so gelangten wir schließlich in ruhiger Gangart, ohne zu rennen, an die Rückseite des Doms, wo der Verkehr normal war und keine Echos der Schlacht hindrangen, die kaum zweihundert Meter entfernt von uns tobte. Wir gingen schweigend um den Dom und erreichten die Vorderfront auf der Seite der Galleria. Belbo kaufte ein Säckchen Körner und begann in seraphischer Ruhe die Tauben zu füttern. Wir waren vollständig untergetaucht in der samstäglichen Menge, Belbo und ich in Jackett und Krawatte, seine Begleiterin in der Uniform der gepflegten Mailänderin, grauer Rollkragenpullover mit Perlenkette, ob echt oder nicht. Belbo stellte sie mir vor: »Das ist Sandra, kennt ihr euch?«
    »Vom Sehen. Hallo.«
    »Schauen Sie, Casaubon«, erklärte er mir dann, »wenn man fliehen muss, läuft man nie in gerader Linie davon. Nach dem Beispiel der Savoyer in Turin hat Napoleon III. das alte Paris ›entkernt‹ und mit einem Netz von Boulevards überzogen, das alle seither als ein Meisterwerk an urbanistischer Weitsicht bewundern. Aber die geraden Straßen dienen zur besseren Kontrolle der aufständischen Massen. Wenn möglich, siehe die Champs-Élysées, müssen auch die Seitenstraßen breit und gerade sein. Wo das nicht möglich war, wie in den engen Gassen des Quartier Latin, hat der Mai 68 sein Bestes gegeben. Wenn man wegläuft, versteckt man sich in die schmalen Gassen. Keine Ordnungsmacht der Welt kann sie alle kontrollieren, und auch die Bullen haben Angst, in kleinen Gruppen da reinzugehen. Wenn man zweien alleine begegnet, haben sie meistens mehr Angst als man selber, und in stiller Übereinkunft machen sich beide Seiten in der Gegenrichtung aus dem Staub. Wenn man an einer Massenkundgebung teilnehmen will und die Gegend nicht gut kennt, macht man am Tag davor eine kleine Ortsbesichtigung, und dann stellt man sich an die Ecke, wo die engen Gassen beginnen.«
    »Haben Sie einen Kurs in Bolivien gemacht?«
    »Die Überlebenstechniken lernt man nur als Kind, es sei denn, man meldet sich zu den Green Berets. Ich habe die schlimmen Jahre, die des Partisanenkriegs, in *** verbracht« — er nannte mir ein piemontesisches Städtchen zwischen dem Monferrat und in Nordhängen des ligurischen Apennins. »Ein wahrer Glücksfall für einen, der im Herbst 43 aus der Stadt evakuiert worden war, der richtige Ort und die richtige Zeit, um alles zu

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