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Das Foucaultsche Pendel

Das Foucaultsche Pendel

Titel: Das Foucaultsche Pendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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in einem Käfig voller Narren ... also in der Jacke, sagte ich, hatte er Geld genug, fast zu viel ... Demnach haben sie etwas anderes gesucht Und die einzige gute Idee haben Sie mir gegeben: Der Oberst hatte Dokumente. Wie sahen sie aus?«
    »Er hatte einen braunen Ordner«, sagte Belbo.
    »Mir kam er rot vor«, sagte ich.
    »Braun«, beharrte Belbo. »Aber vielleicht täusche ich mich.«
    »Ob braun oder rot«, sagte De Angelis, »hier ist er jedenfalls nicht mehr. Die beiden Herren von gestern Abend müssen ihn mitgenommen haben. Also muss es um diesen Ordner gehen. Meines Erachtens wollte Ardenti gar kein Buch veröffentlichen. Er hatte irgendwelches Material zusammengetragen, um Rakosky zu erpressen, und wollte ihn mit Verlagskontakten unter Druck setzen. Das würde zu ihm passen. Aber man könnte auch noch andere Hypothesen aufstellen. Die zwei gehen weg, nachdem sie ihn bedroht haben, Ardenti kriegt Angst, schnappt sich den Ordner, lässt alles andere liegen und macht sich Hals über Kopf aus dem Staub. Und vorher macht er womöglich, wer weiß aus welchen Gründen, den Alten glauben, er wäre ermordet worden ... Aber das ist alles viel zu romanhaft und würde das Durcheinander nicht erklären. Andererseits, wenn die zwei ihn umbringen und den Ordner entwenden, warum entwenden sie dann auch die Leiche? Naja, wir werden ja sehen. Entschuldigen Sie, ich bin leider gezwungen, Ihre Personalien aufzunehmen.«
    Er drehte meinen Studentenausweis zweimal in der Hand. »Sie studieren Philosophie, eh?«
    »Wir sind viele«, sagte ich.
    »Sogar zu viele. Und Sie beschäftigen sich mit diesen Templern ... Sagen Sie, wenn ich mich über diese Leute informieren wollte, was müsste ich dann lesen?«
    Ich nannte ihm zwei allgemein verständliche, aber einigermaßen seriöse Bücher. Sagte ihm, dass er darin zuverlässige Informationen bis zum Prozess finden würde, aber danach sei alles Gefasel.
    »Aha, verstehe«, sagte er. »Nun also auch die Templer. Eine Gruppe, die ich noch nicht kannte.«
    Der vorhin angesprochene Annunziata erschien mit einem Telegramm: »Hier ist die Antwort aus Paris, Dottore.«
    Er las. »Na bestens. In Paris ist dieser Rakosky unbekannt, aber seine Passnummer entspricht derjenigen eines vor zwei Jahren gestohlenen Dokuments. Damit hätten wir glücklich alles beisammen. Monsieur Rakosky existiert nicht. Sie sagen, er war Direktor einer Zeitschrift ... wie hieß sie noch gleich?« Er notierte sich den Namen. »Wir werden das überprüfen, aber ich wette, dass auch die Zeitschrift nicht existiert, oder sie hat ihr Erscheinen seit wer weiß wie lange schon eingestellt. Gut, meine Herren. Danke für Ihre Mitarbeit, vielleicht muss ich Sie noch mal belästigen. Ach ja, noch eine letzte Frage. Hat dieser Ardenti irgendwie durchblicken lassen, dass er Verbindungen zu politischen Gruppen hat?«
    »Nein«, sagte Belbo. »Er machte eher den Eindruck, als hätte er die Politik aufgegeben, um sich der Schatzsuche zu widmen.«
    »Und der Überlistung von Unbedarften«, ergänzte der Kommissar. Dann wandte er sich an mich: »Ihnen hat er nicht gefallen, denke ich mir.«
    »Mir gefallen Typen wie er nicht«, sagte ich. »Aber es kommt mir nicht in den Sinn, sie mit Drahtschlingen zu erwürgen. Höchstens idealiter.«
    »Natürlich. Ist realiter auch zu anstrengend. Aber keine Angst, Signor Casaubon, ich gehöre nicht zu denen, die alle Studenten für Kriminelle halten. Gehen Sie beruhigt Ihrer Wege. Viel Glück bei der Promotion.«
    Belbo hatte noch eine Frage: »Entschuldigen Sie, Kommissar, nur um zu kapieren — sind Sie von der Mordkommission oder von der Politischen?«
    »Gute Frage. Mein Kollege von der Mordkommission ist gestern Nacht hergekommen. Dann haben sie in den Archiven etwas über die Vergangenheit des Ardenti gefunden und die Sache mir übertragen. Ich bin von der Politischen. Aber ehrlich gesagt, ich weiß nicht, ob ich hier der richtige bin. Das Leben ist nicht so einfach wie in den Kriminalromanen.«
    »Dachte ich mir«, sagte Belbo und gab ihm die Hand.
    Wir gingen, und ich war nicht beruhigt. Nicht wegen des Kommissars, der mir in Ordnung schien, sondern weil ich zum ersten Mal in meinem Leben mitten in einer obskuren Affäre steckte. Und gelogen hatte. Und Belbo mit mir.
    Wir verabschiedeten uns auf der Straße vor seinem Büro und waren beide verlegen.
    »Wir haben nichts Schlimmes getan«, sagte Belbo schuldbewusst. »Ob der Kommissar nun von Ingolf und den Katharern weiß oder nicht,

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