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Das fremde Haus

Das fremde Haus

Titel: Das fremde Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Hannah
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mir eine Niere zu spenden.«
    »Was ist passiert?«, fragte Simon.
    »Connie ging kaputt, körperlich und seelisch – sie schrie im Schlaf, hatte Albträume, und die Haare fielen ihr aus. Ich war richtig besorgt um sie. Ich dachte schon … also, sie hat’s ja nicht getan, also fordere ich das Schicksal nicht heraus, wenn ich es ausspreche: Ich dachte schon, sie würde irgendwas Dummes machen.«
    Simon nickte. Richtig besorgt um sie. Im Gegensatz zu »unrichtig besorgt, nur so tun, als ob«? Verhielt es sich diesmal so?
    »Meine Eltern haben keinen Zweifel daran gelassen, dass ich keine Hilfe von ihnen zu erwarten hätte.«
    »Haben Sie sie denn um Hilfe gebeten?«
    »Oh ja. Es war nicht misszuverstehen. Ich habe sie gefragt, und sie haben abgelehnt.«
    »Was genau sollten Ihre Eltern denn für Sie tun?«
    »Hat Connie Ihnen von ihren Eltern erzählt?«, fragte Bowskill. »Die sie einer Gehirnwäsche unterziehen, sie einschüchtern und ihre Gedankenprozesse verkrüppeln, sodass sie nicht selbstständig denken kann?«
    Simon schüttelte den Kopf. »Sie hat erwähnt, dass ihre Eltern schwierig sind. Dass sie gegen den Umzug nach Cambridge waren.«
    Bowskill lachte auf. »Untertreibung ist gewöhnlich nicht Connies starke Seite«, sagte er. »Schön zu wissen, dass sie ihr Repertoire erweitert.«
    »Also was ist passiert?«, fragte Simon. »Mit Ihren Eltern?«
    »Connie musste weg von ihrer Familie, insbesondere von ihrer Mutter. Ich weiß gar nicht, warum ich in der Vergangenheitsform rede – daran hat sich nichts geändert. Ich hatte gehofft, meine Mutter könnte eine Ersatzmutter für sie sein, nur vorübergehend – Sie wissen schon, Connies Selbstvertrauen stärken, ihr versichern, dass sie das Leben führen konnte, das sie wollte, dass sie alles erreichen konnte, was sie sich vornahm. Ich habe ihr das alles erzählt, bis ich meine eigene Stimme nicht mehr hören konnte, aber es änderte nichts. Ich kann ihr die Eltern nicht ersetzen, ich bin ihr Partner. Ich konnte sagen, was ich wollte, es reichte nicht, Connie die Familie zu ersetzen, so schlecht sie auch für sie sein mochte – und Connie wusste sehr gut, wie schädlich ihre Familie für sie war, es war nicht so, als könnte sie das nicht erkennen. Aber … sie hatte Angst, sich gegen ihre Mutter zu stellen, die nicht wollte, dass sie nach Cambridge zog. Es war hoffnungslos. Ich wusste, ich würde sie niemals von ihrer Familie fortlocken können, solange ich nicht … na ja, solange ich nicht mehr zu bieten hatte als nur mich selbst. Connie ist immer gut mit meiner Mutter ausgekommen, meine Eltern behaupteten, sie würden sie lieben wie eine eigene Tochter, aber … als es darauf ankam, als ich sie bat, uns zu unterstützen und Connie die Eltern zu ersetzen, erklärten sie, nein danke, damit wollen wir nichts zu tun haben.«
    »Glauben Sie, sie hatten Bedenken, Connie zu ermutigen, sich gegen die eigenen Eltern zu stellen?«, fragte Simon. »Dass sie sich da lieber raushalten wollten?«
    »Nein«, entgegnete Bowskill kategorisch. »Damit hatte es nichts zu tun. Val und Geoff Monk sind ihnen scheißegal, sie interessieren sich nur für sich selbst. Sie wollten sich da nicht reinhängen, schlicht und einfach. Sie fingen an, irgendwas davon zu faseln, dass man auf eigenen Füßen stehen müsse, dass es nicht gut sei, sich in eine Abhängigkeit zu begeben … Ganz ehrlich, es war widerlich – die totale Ablehnung jeder Verantwortung. Ich würde meinem Kind nie so etwas antun, wenn ich eins hätte. Ich schaute sie an und dachte mir: Wer seid ihr eigentlich? Warum gebe ich mich überhaupt mit euch ab? Und das war’s – seitdem habe ich nicht mehr mit ihnen gesprochen.«
    »Klingt heftig«, meinte Simon. Er versuchte, eine ebenso freudlose Miene aufzusetzen wie Bowskill und seine Befriedigung zu verbergen. Er hatte eine Theorie. Zwar war noch nicht erwiesen, dass er richtig lag, aber alles, was Bowskill gerade gesagt hatte, deutete darauf hin, dass sich das demnächst ändern würde.

17
    F REITAG , 23. J ULI 2010
    »Connie!«
    Tu nicht so erfreut darüber, mich zu sehen. Wenn du gehört hast, was ich zu sagen habe, wirst du dich nicht mehr freuen.
    »Danke, dass du gekommen bist.« Er ist nicht dein Mann. Das ist ein völlig Fremder. Das ist ein Geschäftstermin.
    Ich versuche, Kit die Speisekarte zu reichen, aber er schiebt sie beiseite. Er riecht nach Bier. Wir sind im Restaurant des Hilton-Doubletree, Selina Ganes Hotel und meines.
    »Keinen Hunger?«, sage

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