Das fremde Haus
bin, dass es funktionieren wird.« Wenn ich nicht so erschöpft wäre, würde ich mir mehr Mühe geben, ihm klarzumachen, wie weit ich mich in den letzten sechs Tagen aus dem Bereich von Gewinnmöglichkeiten und positiven Optionen entfernt habe. »Ich mache es, weil mir nichts anderes einfällt – es ist die einzige Idee, die ich hatte, um die Sache voranzutreiben. Die Polizei wird ja nichts unternehmen.«
Ein Kellner tritt an unseren Tisch. Kit hebt eine Hand, um ihn zurückzuweisen, wie ein Schülerlotse, der den Verkehr anhält. »Wir wollen nichts, nur in Ruhe gelassen werden«, blafft er. Die Geschäftsleute am Nebentisch drehen sich um und starren uns an. Einer hebt die Augenbrauen.
Ich halte an meinem geplanten Text fest. »Zwei Dinge weiß ich mit Sicherheit«, erkläre ich ruhig. »Die Adresse Bentley Grove 11 war in deinem Navi als Heimatort gespeichert. Im Wohnzimmer dieses Hauses wurde eine Frau ermordet. Ich kann mir diese beiden Dinge nicht erklären. Du sagst, du kannst es auch nicht. Folglich muss ich, wenn ich die Wahrheit herausfinden will, mehr über dieses Haus erfahren, als ich im Moment weiß.« Ich zucke mit den Achseln. »Es zu kaufen ist die einzige Möglichkeit, das zu erreichen, die mir eingefallen ist. Spar dir die Mühe, mich auf die geringen Erfolgsaussichten aufmerksam zu machen – das weiß ich bereits. Aber ich weiß auch, wenn man ein Haus kauft, erfährt man alle möglichen Dinge, die man sonst nie erfahren hätte: in der Speisekammer riecht es muffig, unter den Dielen im Schlafzimmer ist ein Safe …«
»Connie, du kannst es dir nicht leisten, dieses Haus zu kaufen.«
»Doch. Oder vielmehr, wir können es. Ich brauche deine Hilfe, und du wirst mir helfen. Wenn du es nicht tust, reiche ich morgen die Scheidung ein. Beziehungsweise am Montag – so bald wie möglich. Ich werde unsere Firma verlassen, ohne einen Blick zurück, und mich weigern, dir meine Anteile zu verkaufen. Ich werde dein schlimmster Albtraum sein: jemand, der fünfzig Prozent der Gesellschafteranteile besitzt, aber nichts zur Firma beiträgt. Ich weiß ganz genau, wie ich dir das Leben zur Hölle machen und Nulli in den Konkurs treiben kann. Mach nicht den Fehler anzunehmen, dass ich es nicht tun würde.«
Noch nie habe ich eine so laute Stille erlebt. Die anderen Gäste unterhalten sich – ich kann sehen, wie ihre Münder sich bewegen –, aber alle Geräusche werden ausgelöscht durch die Schwärze in meinem Kopf, durch Kits wortloses Entsetzen.
Zwei, drei Minuten vergehen, in denen wir beide wie erstarrt dasitzen. Schließlich stößt Kit hervor: »Was ist nur aus dir geworden?«
»Eine Frau, die in die Enge getrieben wurde«, sage ich. »Also, wirst du mir nun helfen oder nicht?«
»Und wie?«
»Du brauchst nur die Papiere zu unterzeichnen, die ich dir vorlege.«
»Und ich erfahre den finanziellen Masterplan nicht?«
Was kann es schon schaden, es ihm vorzutragen?
Ich nehme einen großen Schluck Wasser, plötzlich bin ich ganz nervös, als wollte der Mathematiklehrer meine Hausaufgaben benoten. »Wie die Dinge stehen, hast du ganz recht – wir können es uns nicht leisten, Bentley Grove 11 zu kaufen. Unser Haus ist noch nicht verkauft, wir haben es noch nicht mal dem Makler übergeben. Selbst wenn wir das morgen täten, ist es unwahrscheinlich, dass wir rechtzeitig ein verbindliches Angebot erhalten. Jetzt, wo der Kaufpreis für Bentley Grove 11 nur noch eine Million beträgt, wird es innerhalb weniger Tage weg sein. Es wird als Schnäppchen vermarktet – Preisnachlass im Gegenzug für einen schnellen Verkauf. Und es liegt in einem der gefragtesten Viertel von Cambridge. Wenn ich einen Tipp abgeben sollte, würde ich sagen, dass der Abschluss Montagabend perfekt sein müsste.«
»Darf ich mal ein bisschen Realismus in diese Fantasie einbringen?«, sagt Kit. »Selbst wenn wir einen Käufer herzaubern könnten, Mellers würde höchstens dreihunderttausend bringen. Wir könnten uns das Haus trotzdem nicht leisten.«
»Mit unseren beiden Einkommen und dem Gewinn aus unserer Firma könnten wir eine Hypothek über achthunderttausend oder neunhunderttausend bekommen, denke ich. Vielleicht nicht von der Halifax Bank oder NatWest …«
»Von wem dann?«
»Es gibt Privatbanken, die uns liebend gern Unsummen von Geld leihen würden, wenn sie im Gegenzug unsere Geschäftskonten und unsere persönlichen Konten führen könnten. Wir sind genau die Sorte Kunden, die sie gerne gewinnen wollen. Denk an
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