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Das fremde Haus

Das fremde Haus

Titel: Das fremde Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Hannah
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Straße weiter.«
    »Das hat die plaudernde Nachbarin dir erzählt?«, fragte Charlie.
    »Sie und die Schulleiterin gehören demselben Literaturgesprächskreis an. Ich wollte wissen, ob sie wüsste, an wen das Haus verkauft worden war. Sie wusste es: an eine Familie, die Gilpatricks. Ihr war auch bekannt, welcher Makler das Objekt verkauft hatte, 2003 und letztes Jahr, als es wieder auf den Markt gekommen war, und sie und ihr Mann fast ein Angebot dafür abgegeben hätten. Beide Male wurde das Haus durch das Maklerbüro Cambridge Property Shop verkauft. Maklerbüros haben am Samstag geöffnet, also war das mein nächstes Ziel.« Simons Augen hatten den glasigen, besessenen Ausdruck angenommen, den Charlie und Sam so gut kannten. »Ratet mal, wer 2003 für dieses Maklerbüro gearbeitet hat? Und auch noch 2009 – sie hat ihren neuen Job erst seit Februar diesen Jahres.«
    »Lorraine Turner?«, sagte Charlie.
    »Nein«, sagte Sam. Normalerweise klang er eher zögerlich, wenn er einen Vorschlag machte, aber heute nicht. »Es war Jackie Napier, oder?«
    »Warum glaubst du das?«, fragte Simon. Charlie seufzte. Offensichtlich lag sie falsch, wenn er Sam bat, seine Gründe zu erläutern, und nicht sie.
    »Ich habe ein schlechtes Gefühl bei der Frau.« Sam wandte sich an Charlie. »Darüber wollte ich eigentlich vorhin mit dir reden.« Zumindest besaß er den Anstand, zerknirscht zu wirken. »Entschuldige, ich hätte es dir im Auto erzählen sollen.« Während der ganzen Fahrt von Spilling nach Cambridge hatte Charlie versucht, ihn zu überreden, ihr zu verraten, was denn so wichtig war, dass es nicht warten konnte, aber Sam hatte sich geweigert. Er behauptete, er hätte sicher irgendwas falsch interpretiert, und dass es eigentlich nichts sei. »Ich dachte, Simon weiß, was los ist und wird es uns sagen, wenn wir in Cambridge ankommen, und wenn es nichts mit Jackie Napier zu tun hat, war mein Gefühl falsch. Wahrscheinlich wollte ich es einfach hinauszögern, schlecht über jemanden zu reden. Ich habe keine Beweise für irgendwas.«
    »Lass uns hören, was du vermutest«, sagte Simon.
    Sam wirkte in die Enge getrieben. Er seufzte. »Ich mochte die Frau überhaupt nicht. Sie wirkte so … Das klingt jetzt wahrscheinlich unverzeihlich snobistisch.«
    »Ich verzeihe dir«, teilte Charlie ihm mit. »Umarme deinen inneren Snob – habe ich auch getan, schon vor Ewigkeiten.«
    »Sie wirkte so dumm. Hatte keine Ahnung, aber dachte, sie wüsste alles – so kam sie die meiste Zeit rüber. Die Art Frau, die denkt, sie hinterlässt einen wunderbaren Eindruck, während in Wahrheit alle, die ihr zuhören, sie für eine bigotte Idiotin halten. Es waren diese klassischen selbstgerechten Sprüche: ›Ich lebe in der realen Welt, nicht in irgendeiner Traumwelt‹, ›Niemand bezahlt mich dafür, dass ich mir wegen irgendwelcher Morde den Kopf zerbreche‹ – solche Sachen. Und sie zitierte sich ständig selbst: ›Ich sage ja immer‹, gefolgt von irgendeiner Perle der Nicht-Weisheit.«
    Charlie lachte. »Gottchen, Sam, was kannst du für ein Biest sein!«
    Sam errötete. »Spaß macht mir das nicht«, beteuerte er.
    »Sprich weiter«, sagte Simon.
    »Sie hatte ein ganz festes, vorgefasstes Bild von sich selbst, erzählte mir ständig, was für ein Mensch sie sei. ›Ich will Ihnen mal was über mich sagen‹, verkündete sie immer wieder, und dann zählte sie die Punkte an den Fingern ab. Das Erste war Loyalität – wenn sie auf jemandes Seite sei, dann für immer.«
    »Wie ermüdend«, bemerkte Charlie. »Die Leute, die ständig was davon schwafeln, wie loyal sie doch sind, sind immer die Ersten, die richtig unangenehm werden, wenn man mal eine Geburtstagskarte zu spät abschickt.«
    »Sie erzählte mir, sie hätte überhaupt keine Fantasie«, fuhr Sam fort. »Und darauf schien sie auch noch stolz zu sein. Sie war gerade von einem Besuch bei ihrer Schwester in Neuseeland zurückgekommen. Nach dem, was sie erzählte, war klar, dass sie ihre Zeit dort damit zugebracht hatte, die Lebensentscheidungen ihrer Schwester zu kritisieren und die Überlegenheit ihrer eigenen herauszukehren – vollkommen unsensibel. Aber manchmal schien sie genau zu wissen, was ich dachte – hochsensibel, fast schon telepathisch. Vollkommen widersprüchlich.«
    »Das kommt vor.« Charlie fühlte sich verpflichtet, darauf hinzuweisen.
    »Ich weiß. Das habe ich mir ja auch gesagt. Aber dann machte sie noch eine Bemerkung, es ging um Selina Ganes Passfoto, die

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