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Das fremde Haus

Das fremde Haus

Titel: Das fremde Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Hannah
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irgendwas böse schiefgelaufen sein.
    »Das Blut, in dem sie lag, war nicht ihrs«, sagt Kit.
    Das tut sie immer noch. Jemand, der erwürgt wird, blutet nicht. »Wessen Blut ist es?«, stoße ich keuchend hervor. Die Galle kommt mir hoch. Ich kann Kits Schweiß riechen, seine Verzweiflung – ein starker, fauliger Geruch. Als hätte sein Körper akzeptiert, dass er bald sterben wird, und träfe seine Vorbereitungen.
    »Du hast ja keine Ahnung, wie sehr ich sie hasse«, sagt er. »Und ich hasse mich selbst dafür, dass ich sie hasse.«
    Aber nicht dafür, dass du sie umgebracht hast. »Wen, Jackie?«, frage ich.
    »Sie hätte alles für mich getan …« Der Rest des Satzes verliert sich, als lautes Schluchzen seinen Körper erbeben lässt.
    Als er sich wieder beruhigt hat, frage ich: »Warum hast du sie umgebracht?«
    »Weil ich. Es musste.« Sein Atem geht unregelmäßig. »Für sie und mich gab es kein ›glücklich bis ans Ende ihrer Tage‹. Auch für mich und dich wird es das nicht geben, nicht mehr, nicht nach allem, was passiert ist. Es gibt keinen Ausweg mehr für uns. Wir müssen tapfer sein, Con. Du hast gesagt, du wolltest es einfach nur wissen, das sei alles, was du wolltest, und ich möchte es dir erzählen. Ich bin das einsame Wissen leid, ich bin es leid, dass ich es dir nicht erzählen kann.«
    Entsetzen reißt an meinem Herzen. Ich will nicht, dass er es mir sagt, noch nicht. Nicht, wenn er mich danach umbringen wird.
    Ich starre auf das bebende Messer. Selbst wenn ich mich so stark darauf konzentrieren könnte, dass es ihm aus der Hand fällt, müsste ich mich immer noch losreißen, und das kann ich nicht. Ich versuche, mir einzureden, dass DS Laskey rechtzeitig kommen wird. Ich habe ihr die Adresse genannt, ich habe ihr gesagt, dass dort eine Tote liegt. Sie mag ja ihre Zweifel an meiner Geschichte haben, aber sie wird trotzdem kommen. Sie wird es überprüfen wollen.
    Eine Tote. Nicht zwei. Bitte nicht zwei.
    »Ich werde auf dich aufpassen, Con«, flüstert Kit. »Jackie sagte, sie würde sich um dich kümmern, aber damit meinte sie nicht, auf dich aufpassen. Sie meinte die andere Art, sich um jemanden zu kümmern. Das ist doch ganz falsch, oder? Dass dieselben Worte beides bedeuten können?«
    Worte. Ich höre sie, aber sie scheinen nicht zu funktionieren. Sie übersetzen sich nicht in Bedeutung. Wovon redet er?
    Ich kann den Tod riechen. Verfall, Verwesung. Wie kann das sein? Wie lange ist es her, dass Kit Jackie Napier getötet hat? Wie lange dauert es, bis eine Leiche zu riechen anfängt? Sie war doch noch warm …
    »Was hat sie über mich gesagt?«, frage ich.
    »Sie wollte dich umbringen, Con.« Kit schluchzt in mein Haar. »Ich hätte sie nicht aufhalten können, nicht ohne … das zu tun, was ich getan habe.« Er küsst mich auf den Nacken. Ich presse die Lippen zusammen, um den Schrei zu unterdrücken, der in meinem Kopf widerhallt.
    »Ich habe sie getötet, um dich zu retten«, sagt Kit.

24
    24. 7. 2010
    Charlies Glas war leer. Sie brauchte dringend noch ein Bier, aber sie wusste, wenn sie jetzt zum Tresen ging, würde sie zu viel verpassen und Mühe haben mitzukommen. Das war ihre – wie hatte Simon es noch mal genannt? – fest verwurzelte, auf persönlicher Erfahrung basierende Denkgewohnheit. Die beiden anderen schienen vergessen zu haben, dass ein durstiger Körper an ihren Gehirnen hing. Charlie versuchte, es ihnen gleichzutun.
    »Weißt du noch, deine Bemerkung in Spanien über einfache Lösungen?«, sagte Simon. »Wenn es eine Unbekannte gibt, ein Rätsel, ist die einfachste Antwort normalerweise die richtige?«
    »Du warst anderer Ansicht«, entgegnete Charlie. »Es ist uns gelungen, ein paar interessante Diskussionen in unsere halbstündige Hochzeitsreise einzubauen«, erklärte sie Sam.
    »Jackie Napier hat sich darauf verlassen, dass Ian Grint deiner Sichtweise anhängt, nicht meiner«, sagte Simon. »Wie viele stark fantasiebegabte Menschen geht sie davon aus, dass die meisten Leute, mit denen sie in Kontakt kommt, einfacher und prosaischer denken als sie, und damit hat sie recht. Grint stellt fest, dass ein Hacker ins Computernetzwerk von Blydon & Schadow eingedrungen ist – wer ist der offensichtliche Nicht-Verdächtige? Jackie Napier. Warum sollte sie sich ins System hacken, wenn sie doch dort arbeitet und sich vollkommen rechtmäßig einloggen kann, wann immer sie will? Wenn im Bentley Grove 11 eine Frau ermordet wurde oder auch nicht, wer ist der offensichtliche

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