Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das fremde Haus

Das fremde Haus

Titel: Das fremde Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Hannah
Vom Netzwerk:
Gesicht.

7
    M ONTAG , 19. J ULI 2010
    Kit hält unter dem Tisch meine Hand, als Sam Kombothekra den Laptop zu uns umdreht. Ich zucke zurück. Ich will dieses Wohnzimmer nicht noch einmal sehen. »Keine Sorge«, sagt Sam, als ich mich abwende und gegen Kit lehne. »Sie werden nichts Unerfreuliches zu sehen bekommen – nur ein ganz normales Wohnzimmer, das Sie kennen. Es befindet sich nichts darin, was sich nicht dort befinden sollte. Aber Sie müssen bitte hinsehen. Ich möchte Ihnen etwas zeigen.«
    »Muss es unbedingt hier sein?«, frage ich. Es fühlt sich nicht richtig an. Sam hätte lieber wieder zu uns hinauskommen sollen, wenn er nichts Besseres anzubieten hat. Wir befinden uns in einer Kantine von der Größe einer Schulaula, von allen Seiten bedrängt durch Tablettgeklapper, dem Rumpeln von Geschirrspülmaschinen und lautstarken Unterhaltungen auf beiden Seiten der Durchreiche sowie darüber hinweg. Zwei ältere vogelscheuchenähnliche Servierdamen, falls man sie so nennt, gackern gerade über einen Witz, den ein junger uniformierter Polizist mit glänzendem Gesicht gemacht hat. An einer Wand steht eine Reihe piepsender Spielautomaten mit blinkenden Lichtern.
    Ich komme mir unsichtbar vor. Meine Kehle ist schon ganz wund, weil ich schreien muss, um mir Gehör zu verschaffen. Die ungeheure Hitze hier drin und der Geruch von Würstchen mit Eiern verursacht mir Übelkeit.
    »Connie?«, sagt Sam vernünftig. Alle sind ja ach-so-vernünftig, abgesehen von mir. »Bitte schauen Sie sich das Bild an.«
    Wollen Sie nur einen Teil der Wahrheit in Erfahrung bringen oder die ganze Wahrheit? Wenn es nur alles oder nichts gäbe, wofür würden Sie sich entscheiden?
    Ich zwinge mich, auf den Bildschirm des Laptops zu sehen. Da ist es wieder: Bentley Grove 11. Das Wohnzimmer. Keine Tote auf dem Fußboden, kein Blut. Sam beugt sich vor und zeigt auf die Ecke beim Erkerfenster. »Sehen Sie diesen Kreis auf dem Teppich?«
    Ich nicke.
    »Ich sehe nichts«, sagt Kit.
    »Eine sehr schwache gebogene Linie – fast ein Kreis, aber unvollständig«, sagt Sam. »Innerhalb des Kreises ist der Teppich leicht verfärbt, sehen Sie?«
    »Die Linie, ja«, entgegnet Kit. »Kaum zu erkennen. Bei der Farbe des Teppichs kann ich keinen echten Unterschied ausmachen.«
    »Innerhalb des Rings ist er dunkler«, sage ich.
    »Richtig.« Sam nickt. »Der Fleck ist durch einen Weihnachtsbaum entstanden.«
    »Einen Weihnachtsbaum?« Macht er Witze? Ich wische mir den Schweiß von der Oberlippe.
    Sam klappt den Laptop zu und schaut mich an.
    Spuck’s einfach aus, was immer es sein mag. Sag schon, wie es dir gelungen ist zu beweisen, wie verrückt, albern und dumm ich bin.
    »Die Kollegen in Cambridge waren sehr kooperativ«, fährt er fort. »Weit mehr, als ich erwartet hatte. Dank dieser Bemühungen hoffe ich, Ihre Befürchtungen gleich zerstreuen zu können.«
    Ich höre Kit erleichtert aufseufzen. Groll verfestigt sich in mir. Wie kann er das, obwohl er noch kein Wort gehört hat, wie kann er so tun, als wäre alles vorbei? Gleich wird er seinen BlackBerry zücken und etwas davon murmeln, dass es an der Zeit sei, wieder an die Arbeit zu gehen.
    »Die Eigentümerin des Hauses ist eine Dr. Selina Gane.«
    So heißt sie also. Sam hat in achtundvierzig Stunden mehr nützliche Informationen zusammengetragen als ich in sechs Monaten.
    »Sie ist Onkologin und arbeitet im Addenbrooke-Krankenhaus.«
    »Das kenne ich gut«, sagt Kit. »In Cambridge habe ich meinen Bachelor gemacht. Sie haben mich im Addenbrooke von einem vereiterten Blinddarm befreit, ungefähr eine Stunde, bevor er mich umgebracht hätte.«
    Der Bachelor ist Kits einziger Universitätsabschluss. Das könnte er doch auch so formulieren, aber dann würde Sam Kombothekra nicht annehmen, dass es nur einer von vielen akademischen Graden ist, die Kit erlangt hat.
    Wenn die Universität Cambridge den Studiengang »Immer vom Schlimmsten ausgehen« anbieten würde, würde ich meinen Abschluss mit Auszeichnung machen.
    »Dr. Gane hat das Haus 2007 von dem Ehepaar Beater gekauft. Die Familie Beater hat es 2002 direkt vom Bauträger erworben. Die Straße Bentley Grove existierte davor nicht. Der Verkauf an Dr. Gane wurde von einer Maklerin abgewickelt, die Lorraine Turner heißt. Zufälligerweise ist Lorraine auch die Maklerin, die das Objekt jetzt betreut.«
    »Kaum ein Zufall«, korrigiert Kit ihn. »Wenn Sie Ihr Haus verkaufen wollen, ist es doch naheliegend, es dem Makler zu übergeben, der es

Weitere Kostenlose Bücher