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Das fremde Haus

Das fremde Haus

Titel: Das fremde Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Hannah
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lag ein Stück Papier, auf dem etwas stand. In Druckschrift. War Simon weggegangen und hatte ihr eine Nachricht hinterlassen? Nein, denn dann hätte sie ihn gesehen, als sie auf dem Liegestuhl in der Sonne briet, er hätte direkt an ihr vorbeigehen müssen.
    Sie griff nach dem Papier. Es war kein Zettel, sondern Simons Flugticket. Darauf hatte er notiert: BENTLEY GROVE 11, CAMBRIDGE, CB29AW. Charlie runzelte die Stirn. Wessen Adresse war das? War das für sie gedacht, oder hatte er sich die Adresse notiert, um sie nicht zu vergessen? Wen kannte Simon in Cambridge? Niemand, soweit ihr bekannt war.
    Sie hörte Schritte auf der Treppe.
    »Hast du mich gerufen?«, fragte Simon. »Ich war oben auf der Dachterrasse, um mir das Gesicht auf dem Berg anzusehen. Du solltest auch mal hochgehen – es würde dir sofort auffallen.«
    War er immer noch bei dieser Sache? »Es ist mir egal, dass ich das Gesicht nicht sehen kann.«
    »Ich möchte aber gern, dass du es siehst«, beharrte Simon und setzte den Fuß auf die erste Treppenstufe.
    »Bentley Grove in Cambridge? Was ist damit?«
    »Hm?«
    »CB2 9AW.«
    Simon wirkte verwirrt. »Wovon redest du?«
    »Hiervon.« Charlie wedelte mit dem Flugticket vor seiner Nase herum.
    »Lass mal sehen.« Er kam näher. Starrte auf das Ticket, dann starrte er sie an. »Keine Ahnung«, sagte er. »Ist das dein Flugschein?«
    »Nein. Deiner. Mein Ticket ist draußen am Pool – ich benutze es als Lesezeichen. Du hast dein Ticket in die Hosentasche gestopft, als wir an Bord gegangen sind, ich hab’s gesehen. Irgendwann zwischen Freitagabend und heute musst du es herausgenommen, diese Adresse darauf geschrieben und es hier auf das Sideboard gelegt haben.« Wie konnte er das vergessen haben?
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, das habe ich nicht. Du vielleicht?«
    »Ich?« Charlie lachte. »Na, ganz offensichtlich nicht, sonst würde ich doch nicht fragen, was das bedeuten soll.«
    Simon wirkte nicht überzeugt. Er sah aus, wie er sonst immer aussah, wenn er einen Verdächtigen vernahm, merkte Charlie und ihr wurde unbehaglich zumute. Er wirkte wachsam. Distanziert. »Wer wohnt im Bentley Grove 11?«, fragte er.
    »Simon, das ist das verrückteste Gespräch, das wir je geführt haben – und wir wissen beide, dass es da reichlich Vergleichsmöglichkeiten gibt. Ich weiß nichts über diese Adresse. Du schon, weil du sie dir notiert hast. Also warum sagst du mir nicht, wer dort wohnt?«
    »Cambridge. Du hast früher in Cambridge gelehrt.«
    »Wag es ja nicht, misstrauisch zu klingen! Sag mir sofort, was hier vorgeht, sonst –«
    »Ich habe das nicht geschrieben, Charlie. Ich kenne niemanden in Cambridge.« Er wirkte nicht mehr wachsam, sondern verärgert. »Was zum Teufel soll das? Du hast mich runterkommen hören, und du wusstest, dir bleibt nicht genug Zeit, um es zu verstecken, also hast du dir einen komplizierten doppelten Bluff einfallen lassen – und mich bezichtigt, das geschrieben zu haben. Clever. Aber du hättest doch wissen müssen, dass das nicht klappen wird. Ich weiß nämlich, dass ich es nicht geschrieben habe. Und somit bleibst nur noch du als Verfasser übrig. Es sei denn, du willst Domingo ins Spiel bringen – vielleicht war er es ja.«
    »He, he!« Charlie hob die Hände. »Simon, das ist doch verrückt. Beruhige dich, ja? Ich habe es nicht geschrieben. Domingo auch nicht – er spricht ja kaum Englisch. Du warst es. So muss es gewesen sein.«
    »Nur, dass ich es nicht war.« Der Ausdruck auf seinem Gesicht jagte ihr Angst ein. »Wenn hier irgendwas vorgeht, von dem ich nichts weiß, spuckst du es jetzt besser aus. Wie schlimm es auch sein mag.«
    Charlie brach in Tränen aus. Sie konnte spüren, wie kalte Panik ihr den Magen umdrehte und dass sie überall Gänsehaut bekam. Wenn man die Wahrheit sagt und der Mensch, der einem am nächsten steht, einem nicht glaubt, was sollte man dann tun? »Ich habe das nicht geschrieben!«, schrie sie. »Schön, wenn du sagst, du warst es auch nicht, glaube ich dir – und du solltest mir auch glauben.«
    »Willst du, dass ich das Haus nach Einbrechern mit blauen Stiften in der Hand durchsuche?«, fragte Simon kalt. »Oder sollte ich lieber in deiner Handtasche nach einem blauen Stift suchen?«
    »Meine Handtasche durch–«
    »Ich wette, da würde sich eine hundertprozentige Übereinstimmung übergeben.«
    O Gott, bitte mach, dass das aufhört. Wie konnte sie dem ein Ende bereiten, bevor es völlig außer Kontrolle geriet? Sie hatte

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