Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das fremde Haus

Das fremde Haus

Titel: Das fremde Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Hannah
Vom Netzwerk:
zu, wer auch immer ermordet wurde, ich glaube, es könnte jemand sein, den Simon kennt. Oder mal gekannt hat. Ach, ich weiß nicht!«
    Jemand, den Simon mal gekannt hat? Charlie musste sofort an Alice Fancourt denken. Nicht sie. Jeder andere, nur nicht sie. Charlie hatte keine Ahnung, ob Simon noch an Alice dachte – das Thema, wie so viele andere, war mit einem klaren Embargo belegt –, aber eins wusste sie so sicher, wie sie ihren eigenen Namen wusste: wenn Alice ermordet worden war, würde Simon erneut von ihr besessen sein.
    Charlie merkte, wie ihr Gehirn sich abmühte, gegen die Auswirkungen von Hitze und Rotwein anzukämpfen. Irgendetwas stimmte da nicht. Es war ziemlich offensichtlich, wenn man darüber nachdachte. »Wenn du nicht mit Sam gesprochen hast, woher weißt du dann …« Sie hielt inne, unfähig, die fehlenden Worte zu finden, als die Antwort sie in den Brustkorb traf wie eine Bleikugel. Wie viele Männer konnte ihre Schwester seit Freitag schon kennengelernt haben? »Dein neuer Sex-Mann«, sagte sie so neutral wie möglich. »Wer ist es, Liv?«
    »Sei bitte nicht böse.« Livs Stimme klang panisch.
    »Es ist Chris Gibbs, oder?«
    »Ich hatte es nicht vor. Es war nicht geplant –«
    »Beende es.«
    »O Gott, sag das nicht! Du hast ja keine Ahnung, wie sehr –«
    »Beende es. Das ist keine Anregung, das ist ein Befehl, verdammt. Du dumme Fotze!«
    Charlie ließ das Telefon auf den Tisch fallen, lief in die heiße Nacht hinaus und stieß mit Domingo zusammen. Den hatte sie vollkommen vergessen. Vielleicht würde sie ihn erneut vergessen, eines Tages, aber sie würde nie seine Holzhütte vergessen, sein Telefon, seinen splittrigen Korbstuhl mit der rotblauen Decke. An all diese Dinge würde sie von nun an denken, wenn sie an Verrat dachte. Und sie dachte intensiv an Verrat.
    »Schwester in Ordnung?«, fragte Domingo.
    »Nein, ist sie nicht«, sagte Charlie. »Sie ist ein dämliches Stück Scheiße.«

13
    D IENSTAG , 20. J ULI 2010
    »Erzähl’s ihnen«, sage ich zu Kit. »Nimm keine Rücksicht auf meine Gefühle. Wenn du versuchen solltest, mich nicht zu verletzen, vergiss es. Sag, was du wirklich denkst. Wie kannst du es ertragen, hier zu sitzen und zuzuhören, wie ich Lügen über dich erzähle, wenn es denn Lügen sind?«
    Wir sind im Parkside-Polizeirevier in Cambridge, in einem Raum mit gelben Wänden, blauem Linoleum auf dem Boden und einem großen Fenster, das mit feinmaschigem Drahtgeflecht bespannt ist. Damit niemand sich aus dem Fenster stürzen kann . Sam Kombothekra sitzt auf unserer Seite des Tischs, zwischen Kit und mir. Das hatte mich überrascht. Ich hatte angenommen, er würde uns gegenüber sitzen, neben DC Grint. Ist ein Detective aus Spilling auch in Cambridge ein Detective? Hat Sam irgendeine Autorität in diesem Raum, oder ist er nur als unser Chauffeur hier, als unser stummer Begleiter?
    Kit schaut Grint an. »Ich war noch nie im Bentley Grove. Ich bin diese Straße nie entlanggegangen, ich bin nie dort langgefahren, ich habe nie dort geparkt.« Er zuckt mit den Achseln. »Was soll ich dazu sagen? Es gibt viele Leute, die eine viertürige schwarze Limousine fahren.« An seinem Hals sind zwei rote Striemen zu sehen – er hat sich heute Morgen beim Rasieren geschnitten –, und er hat bläuliche Schatten unter den Augen. Wir haben beide heute Nacht nicht geschlafen, schließlich wussten wir, dass es heute diese Tortur durchzustehen galt. Beide haben wir uns nicht gekämmt, bevor wir nach Cambridge aufgebrochen sind. Was muss Grint nur von uns denken? Er hatte sein Bestes getan, keinerlei Reaktion zu zeigen, als ich ihm erklärte, wie ich zu meinen blauen Flecken und der Schwellung über dem Auge gekommen bin, aber ich spüre, dass er mich abstoßend findet, und vor Kit kann er unmöglich viel Respekt haben. Welcher Idiot würde schon eine Frau heiraten, die ohnmächtig wird und sich den Kopf an Bibliothekstischen aufschlägt? Ich möchte mich schützend vor uns beide stellen, am liebsten würde ich Grint erklären, dass wir bessere Menschen sind, als er glaubt.
    Ich möchte, dass das wahr ist.
    Du hast keine Erinnerung daran, dir den Kopf an diesem Tisch aufgeschlagen zu haben. Was gibt es sonst noch, an das du dich nicht erinnerst?
    »Der verschwommene Fleck, den man bei Street View undeutlich hinten in dem schwarzen Wagen erkennt – das ist ein anderes Pink als das Pink von Connies Mantel«, sagt Kit. »Der Farbton ist dunkler – eher rot als pink.«
    »Connie sagt, es

Weitere Kostenlose Bücher