Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das fremde Haus

Das fremde Haus

Titel: Das fremde Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Hannah
Vom Netzwerk:
also. Es musste Sellers sein.
    Simon verabschiedete sich mit einem Grunzen. Er legte das Telefon nicht sofort aus der Hand. Charlie machte ein Foto von ihm, wie er mit dem Apparat gegen sein Kinn klopfte und leise vor sich hinsprach – immer ein deutliches Anzeichen dafür, dass sein Obsessionspegel in die Höhe schnellte. Bald würde er die Kurve sprengen. »Bitte mal lächeln, du Spinner«, sagte sie.
    »Ich dachte, du wolltest erst am letzten Tag Fotos machen.«
    Sie lachte. »Glaubst du etwa, dass heute nicht unser letzter Tag hier ist? Mach dir doch nichts vor.«
    Simon nahm ihr die Kamera aus der Hand. »Wovon redest du?«
    »Du willst nach Hause fahren.«
    »Nein, will ich nicht.«
    »Es wird noch ein paar Stunden dauern, bis du es dir selbst eingestehst, und noch ein paar Stunden länger, bis du den Mut aufbringst, mir mitzuteilen, dass wir abreisen.«
    »Rede kein Blech. Wir fahren nirgendwohin.«
    »Sellers hat dir gerade irgendwas über eine Tote erzählt. Du willst dabei sein, du willst da sein, wo die Action ist. Oder vielmehr die Totenstarre.«
    »Ich will hier sein. Mit dir.«
    Charlie konnte nicht zulassen, dass seine beruhigenden Versicherungen ihre Mauer aus Groll durchdrangen. Es würde zu wehtun, wenn sie ihm glaubte und er dann einen Rückzieher machte. »Ist doch klar, dass du lieber nach Hause willst«, sagte sie zornig. »Deine Freundin Connie ist Zeugin eines Mordes geworden und brennt darauf, dir alles darüber zu erzählen. Was für ein Zufall, dass sie über die Leiche gestolpert ist. Handelt es sich bei der Toten vielleicht um die Freundin ihres Mannes?«
    »Niemand weiß irgendwas.« Simon seufzte. »Am wenigsten du. Connie Bowskill hat bei Roundthehouses eine Leiche gesehen, die mit dem Gesicht nach unten auf einem blutgetränkten Teppich lag. Auf einer der Innenaufnahmen des Objekts Bentley Grove 11 – dem Haus, das ihr Mann auf seinem Navi als Heimatort gespeichert hatte.«
    Charlie starrte ihn an. »Das meinst du ernst, oder? Ja, du meinst es vollkommen ernst.«
    »Das war Freitagnacht – oder vielmehr ganz früh am Samstagmorgen.«
    »Simon, Roundthehouses ist ein Immobilienportal«, erläuterte Charlie, als spräche sie mit einem Kind oder einem Volltrottel. »Da gibt es keine Leichen, nur Häuser, die man kaufen kann. Oder mieten – wir wollen schließlich das Vermietungsgeschäft der Firma nicht vergessen. Apartments, Maisonetten … keine toten Frauen. Hat Sellers …« Charlie hielt inne und schüttelte den Kopf. »Er nimmt uns auf die Schippe, oder? Er hat es wahrscheinlich seit Monaten geplant.«
    »Das war nicht Sellers, sondern Gibbs.«
    Gibbs . Charlie fühlte sich, als würde eine unsichtbare Hand sich um ihre Kehle schließen und fest zupacken, damit kein Ton herauskam. Und das war wahrscheinlich ganz gut so. Vernünftig vom menschlichen Körper, ein System einzurichten, das verhinderte, dass man seine ganze Hochzeitsreise hindurch gellend schrie.
    Es war Chris Gibbs gewesen, der vor vier Jahren die Worte ausgesprochen hatte, die Charlies Welt zum Stillstand gebracht hatte. Er und nur er hatte den Ausdruck auf ihrem Gesicht gesehen, als ihr klar wurde, was sie getan hatte, als ihr Leben aus den Fugen geriet – in aller Öffentlichkeit, am helllichten Tag, ausgerechnet in dem Scheißpräsidium. Vielleicht hatte Gibbs sich nichts dabei gedacht, vielleicht war ihm gar nicht bewusst gewesen, dass er Zeuge der Zerstörung dessen wurde, was Charlie am teuersten war, der Überzeugung, dass sie ein wertvoller Mensch war. Es war nicht seine Schuld gewesen, er hatte ihr lediglich die Informationen besorgt, um die sie ihn gebeten hatte. Vom Verstand her war ihr klar, dass Gibbs nichts falsch gemacht hatte, aber sie verübelte es ihm trotzdem. Er hatte beim Schauspiel ihrer Demütigung in der ersten Reihe gesessen.
    »Du hast gesagt, du wolltest Sam anrufen.«
    »Sein Telefon ist ausgeschaltet.« Simon beugte sich vor, um ihr ins Gesicht zu schauen. »Was ist? Nun guck doch nicht so. Ich habe Olivia nicht erwähnt. Du hast das Gespräch doch gehört – es ging um Connie Bowskill. Gibbs und ich führen keine persönlichen Gespräche.«
    Du führst mit niemandem persönliche Gespräche.
    »Du telefonierst eine Stunde mit Gibbs, ihr plauscht über erfundene Leichen auf Immobilienportalen, aber du hältst es nicht für nötig zu erwähnen, dass er und meine verräterische Schwester ihr Bestes getan haben, uns unsere Hochzeit und die Flitterwochen zu ruinieren?«
    Simon stellte

Weitere Kostenlose Bücher