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Das fremde Haus

Das fremde Haus

Titel: Das fremde Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Hannah
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sollte doch ein Haus richtig für die Bewohner sein, nicht umgekehrt.
    »Ich fuhr also mit den Frenchs zum Bentley Grove, und als ich die Haustür aufschloss, stieß ich mit einer Frau zusammen, die ich noch nie gesehen hatte. Nur dass ich sie doch schon mal gesehen hatte, auf einem Passfoto. Sie war total erschrocken, als hätte sie Angst, dass ich sie angreifen würde oder so. Sie fragte scharf, was ich in ihrem Haus zu suchen hätte, woher ich den Schlüssel hätte. Sie war ganz weiß im Gesicht – ehrlich, ich dachte schon, sie würde mir umkippen. Ich fragte, wer sie denn wäre, und sie sagte, ich bin Selina Gane – also, sie war Selina Gane, das weiß ich jetzt –, aber sie war nicht die Frau, die ich als Selina Gane kennengelernt hatte.« Jackie tätschelte sich den Nacken, wie um ihre eigene Identität zu bekräftigen. »Sie hatte keine Ahnung, was ich wollte. Irgendeine Frau war hingegangen und hatte ihr Haus dem Makler übergeben, ohne ihr was davon zu sagen.«
***
    Charlie machte Fotos. So viele sie konnte, von so vielen Gegenständen wie möglich. Sie fotografierte den Pool aus jedem Blickwinkel, ihre Lieblingsbäume und -pflanzen im Garten, ihres und Simons Schlafzimmer. Auch bekannt als der Schauplatz von nur einer Nummer. Gestern Abend im Bett hatte er den Arm um sie gelegt – wie es so seine Art war, als unbeholfene Einladung, ganz steif vor Bedeutsamkeit –, aber sie war zu aufgebracht wegen Liv und Gibbs gewesen, und dann hatte sie sich darüber aufgeregt, dass es Simon überhaupt nichts auszumachen schien, dass sie nicht wollte.
    Sie fotografierte jedes der leeren Schlafzimmer, die sie nicht benutzt hatten, und machte ein paar Fotos vom Wohnzimmer, der Küche, dem Esszimmer und den verschiedenen Sonnenterrassen. Gott, wie sie diesen Ort liebte. Wie war es möglich, einen Ort zu lieben, an dem man sich nur hundeelend gefühlt hatte? Vermutlich ebenso, wie es möglich war, einen Menschen zu lieben, mit dem man sich nur elend fühlte.
    Widerstrebend nahm sie den ärgerlichen Berg, der sich weigerte, jemand anderem als Simon sein Gesicht zu zeigen, in ihr Foto-Shooting auf. Heute Morgen hatte sie Domingo danach gefragt, er konnte da auch kein Gesicht erkennen. Aus seiner offenkundigen Verwirrung schloss sie, dass kein anderer Gast es je erwähnt hatte. Wieder einmal war Simon die Ausnahme. Charlie hatte auch die Möglichkeit noch nicht ausgeschlossen, dass er nur vorgab, etwas zu sehen, und dass da gar nichts war. Wieder eins von seinen verdrehten Gedanken-Experimenten.
    Sollte sie auch ein Foto von Domingos Holzhütte machen? Ja, warum nicht? Der Vollständigkeit halber sollte sie ein Foto davon haben. Falls sie je wieder mit ihrer Schwester sprechen sollte, konnte sie ihr das Foto zeigen und erklären: »Da war ich, als ich herausfand, dass du mit Chris Gibbs vögelst.«
    Als sie sich der Hütte näherte, hörte sie Simons Stimme. Er telefonierte jetzt schon seit fast einer Stunde mit Sam. Sie würden Domingo anbieten müssen, sich an der Telefonrechnung zu beteiligen. Charlie blieb vor der geöffneten Tür stehen und lauschte: es ging um Roundthehouses, das Immobilienportal. Und um einen Mord, oder einen Todesfall. Connie Bowskill war darin verwickelt, Simon hatte den Namen zu Beginn des Gesprächs mehrfach erwähnt. Irgendwann hatte Charlie es aufgegeben, herauszufinden, was los war, und war gegangen, um ihre Kamera zu holen.
    Sie fotografierte die Hütte aus jedem Blickwinkel. Dann trat sie in die offene Tür, beugte sich in den dunklen, stickigen Raum vor, der nach Domingos holzigem Aftershave roch, schob Simon zur Seite und machte einen Schnappschuss von dem Korbstuhl, über den die blaurote Decke drapiert war.
    Da habe ich gesessen, als du meine Flitterwochen ruiniert hast, du selbstsüchtige Kuh.
    »Ich versuche später noch mal, Sam zu erreichen«, sagte Simon gerade. »Ich fahre nach Puerto Banus rein und suche mir ein Telefon, von dem aus ich anrufen kann. Hier habe ich keine Ruhe. Der Hausverwalter wartet darauf, dass er endlich seine Bude wieder betreten kann. Da kann ich mich nicht richtig konzentrieren. Was? Es gibt keine anderen Zimmer, nur das hier und das Klo. Solange ich sein Telefon benutze, muss er draußen warten.«
    Ich versuche später, Sam zu erreichen? Charlie runzelte die Stirn. Simon hatte vorgehabt, Sam anzurufen. Hatte er danach noch jemand anderen angerufen? Den Schneemann? Nein. In seiner Stimme lag kein steifer Hass, es konnte also nicht Proust sein. Colin Sellers

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