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Das fremde Haus

Das fremde Haus

Titel: Das fremde Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Hannah
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müssen.« Sam merkte, dass Grint ihn beobachtete.
    Jackie lachte verächtlich. »Das ist ein bisschen viel verlangt. Wie ich schon zu DC Grint sagte, ich habe nicht die leiseste Ahnung, was zum Teufel da vorgeht, also woher soll ich wissen, wie es anfing?« Offenbar gelangweilt von der Säuberung ihrer Fingernägel schob sie den Ohrring wieder durch das Loch im Ohr.
    »Beginnen Sie mit dem Telefonanruf am 30. Juni«, sagte Grint. Wenn Sam ein völlig anderer Mensch gewesen wäre – Giles Proust beispielsweise –, hätte er sich jetzt vielleicht umgedreht und ausgerufen: »DC Grint! Wie schön, dass Sie sich zu uns gesellen konnten.«
    Jackie seufzte tief. »Ich war im Büro. Ich ging ans Telefon«, leierte sie gelangweilt. »Eine Frau war dran. Sie stellte sich als Selina Gane vor, Dr. Selina Gane. Sie betonte das ziemlich. Normalerweise machen die Leute das nicht – normalerweise fragen wir nach. Also, wenn Sie beispielsweise anrufen würden und sagten, sie hießen Sam …« Jackie rümpfte die Nase. »Wie war noch mal Ihr Nachname?«
    »Kombothekra.«
    »Wenn Sie also sagen, Ihr Name sei Sam Kombothekra, fragen wir: ›Mr, Doktor oder Professor‹? Oder, wenn Sie eine Frau wären: ›Miss, Mrs, Doktor oder Professor‹? ›Ms‹ dürfen wir nicht sagen – Befehl von oben. Traditionsbewusstes Image und so.« Jackie malte Anführungszeichen in die Luft. »Ich hab da einen richtigen Tick, was die Sache angeht. Ich nenne mich ja Ms, wie die meisten meiner Kolleginnen. Aber Cambridge ist nun mal Cambridge – vielen Leuten hier ist nicht klar, dass die Welt sich verändert, ob es ihnen nun gefällt oder nicht.«
    »Anruf«, intonierte Grint von hinten. »30. Juni.«
    »Ja, ich bekam also einen Anruf von dieser Frau, Dr. Selina Gane, wie sie sagte. Sie wollte ihr Haus verkaufen, Bentley Grove 11. Ich mach also ein Treffen mit ihr ab, noch am selben Tag, in ihrem Haus. Sie schien ganz nett zu sein – da war nichts, das mich misstrauisch gemacht hätte. Ich schaute mich um, maß die Räume aus, wir besprachen die Courtage und das Marketing, einigten uns auf einen marktgerechten Verkaufspreis. Ich machte ein paar Fotos für das Exposé …«
    »Sie haben die Fotos gemacht?«, fragte Sam. »Als ich mit Lorraine Turner sprach, sagte sie, die Fotos stammten von ihr.«
    »Ja, weil ich meine gelöscht habe«, entgegnete Jackie, als läge das auf der Hand.
    »Lorraine hat die Fotos gemacht, die dann für das Exposé und den Internetauftritt verwendet wurden.« Der Beitrag kam von Grint von seinem Ringplatz aus. »Aber wir wollen nicht vorgreifen. Machen Sie weiter, Jackie.«
    »Die Frau – die sagte, sie sei Selina Gane – meinte, sie würde am nächsten Tag bei uns im Maklerbüro vorbeischauen, zum Korrekturlesen, was sie auch tat. Sie nahm ein paar Veränderungen am Exposé vor, und ich sagte, wunderbar, danke, ich lass Ihnen eine Kopie zukommen, wenn es fertig ist. Das wäre nicht nötig, meinte sie, sie bräuchte keine. Sie gab mir einen Hausschlüssel und sagte, ich könnte jederzeit Interessenten durch das Haus führen, ich sollte mich selbst reinlassen und wieder abschließen. Sie würde wegfahren, sagte sie. Ich bot ihr an, vorher anzurufen, aus Höflichkeit, aber sie sagte, das wäre nicht nötig.«
    Sam hatte Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren. Er wusste, er würde gleich etwas zu hören bekommen, das er nie hätte voraussehen können, in einer Million Jahre nicht. Würde Simon, wäre er hier, wissen, worauf Jackies Geschichte hinauslief? Hätte er bereits eine Theorie? Sam bemühte sich, jedes Wort aufmerksam zu verfolgen, und das Wissen um die Anstrengung, die ihn das kostete, beeinträchtigte seine Fähigkeit zuzuhören. Dass Grint im Hintergrund alles verfolgte, war auch nicht gerade hilfreich.
    »Als das Exposé fertig war, hatte ich bereits einige Interessenten aus unserer Kundenkartei angerufen«, fuhr Jackie fort. »Jeden, der Interesse haben könnte. Keine Uni-Leute – die wollen nur historische Bausubstanz und stilecht renovierte Häuser, und davon gibt’s im Bentley Grove nicht viel. Den Leuten vom Science Park und von Addenbrooke’s ist das glücklicherweise egal – die wollen hohe Quadratmeterzahlen und neue große Gärten. Ich hatte bereits eine Familie an der Hand, die darauf brannte, sich das Haus anzusehen, die Frenchs – sie waren die Ersten, die ich angerufen hatte, um ehrlich zu sein. Ich wusste, sie wären perfekt für das Haus.«
    Seltsame Betrachtungsweise, dachte Sam. Eigentlich

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