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Das Fremde Mädchen

Das Fremde Mädchen

Titel: Das Fremde Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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nicht alles gelernt hatte. Er stammt aus einer wohlhabenden Familie und hätte ein großes Anwesen geerbt, wenn er nicht ins Kloster gegangen wäre. So hat es ein Vetter von ihm bekommen. Der Junge wurde in das Haus eines Adligen gegeben, wie es der Brauch ist, und diente seinem Herrn als Schreiber. Er lernte ungewöhnlich schnell und konnte gut rechnen. Ich habe mich oft gefragt, warum er sich dann plötzlich anders entschied, aber wie jedermann hier weiß, kann man eine Berufung nicht in Frage stellen. Sie kommt, wann sie will, und dann gibt es kein Sträuben mehr.«
    »Es wäre doch einfacher gewesen, den Burschen sofort ins Skriptorium zu setzen, wenn er schon so belesen war«, meinte der praktisch denkende Hugh. »Ich habe einige seiner Arbeiten gesehen. Für jede andere Aufgabe wäre er verschwendet.«
    »Schon, aber sein Gewissen befahl ihm, alle Stufen der Lehrzeit zu durchlaufen, bevor er sich irgendwo einrichtete. Er half mir drei Jahre mit den Kräutern, dann diente er zwei weitere Jahre im Hospital von St. Giles bei den Kranken und Verkrüppelten, und dann noch einmal zwei Monate in den Gärten der Gaye, und schließlich half er zwei Monate draußen in Rhydcroeseau bei den Schafen, ehe er sich auf das einrichtete, was er am besten konnte. Selbst jetzt will er, wie Ihr ja seht, keine Privilegien in Anspruch nehmen, nur weil er mit den Pinseln und Federn eine so geschickte Hand hat. Wenn die anderen auf einem verschneiten Dach gefährlich herumschlittern, dann muß er es auch tun. Kein schlechter Zug«, räumte Cadfael ein, »aber er übertreibt es, und die Regeln warnen vor Übertreibung.«
    Sie überquerten den großen Hof und näherten sich dem Torhaus, wo Hughs Pferd angebunden war, das große, grobknochige Tier, sein liebstes Reittier, das zwei-oder dreimal das Gewicht seines Herrn hätte tragen können.
    »Es wird heute nicht mehr schneien«, sagte Cadfael, indem er den verhangenen Himmel beäugte und im leichten, schläfrigen Wind schnüffelte. »Und in den nächsten paar Tagen wohl auch nicht. Es wird auch keinen schlimmen Frost mehr geben, wir haben das Schlimmste hinter uns. Ich bete, daß Ihr einen erträglichen Ritt in den Süden haben werdet.«
    »Nun, wir werden in der Morgendämmerung aufbrechen und, so Gott will, zum Neujahr zurück sein.« Hugh faßte den Zügel und schwang sich in den hohen Sattel. »Das Tauwetter soll noch warten, bis Euer Dach wieder regendicht ist! Und vergeßt nicht, daß Aline Euch erwartet.«
    Damit ritt er zum Tor hinaus. Klirrend hallten die Hufe auf dem Pflaster und schlugen einen Funken, der aufflammte und wieder erloschen war, ehe sich das Hufeisen vom gefrorenen Boden hob. Cadfael wandte sich zur Krankenstation, um die Vorräte in Bruder Edmunds Arzneischrank zu überprüfen. Noch eine Stunde, und das Licht würde schon wieder trüber, es waren die kürzesten Tage des Jahres. Bruder Urien und Bruder Haluin waren für heute die letzten beiden, die auf dem Dach arbeiteten.
    Niemand wußte genau, wie es dazu kommen konnte. Bruder Urien, der Bruder Conradins Ruf sofort Folge geleistet hatte und heruntergestiegen war, versuchte später, eine plausible Erklärung zusammenzubekommen, doch selbst er mußte zugeben, daß man nicht ganz sicher sein konnte. Conradin, der daran gewöhnt war, daß man ihm gehorchte, und der verständlicherweise glaubte, daß niemand, der recht bei Sinnen war, länger als unbedingt nötig in der bitteren Kälte dort droben blieb, hatte einfach gerufen und sich umgedreht, um für diesen Tag die letzten zerbrochenen Schieferplatten aus dem Weg zu räumen. Bruder Urien ließ sich dankbar auf die Bretter des Gerüsts hinab und tastete sich vorsichtig die lange Leiter auf den Boden hinunter. Er war kräftig und willig und hatte keine besonderen Fähigkeiten außer seinen reichhaltigen Erfahrungen. Was er tat, das tat er gut, aber er sah keinen Grund, mehr zu tun, als man von ihm verlangte. Er trat einige Schritte zur Seite und betrachtete sein Werk. Dabei sah er Bruder Haluin, der nicht etwa die kurze Leiter herunterstieg, die auf seiner Seite aufs Dach gelegt war, sondern vielmehr noch einige Stufen hinaufkletterte und sich seitwärts hinauslehnte, um noch etwas Schnee fortzufegen und noch einige Dachziegel freizulegen. Anscheinend vermutete er, daß der beschädigte Bereich auf beiden Seiten größer war als angenommen, und wollte den Schnee beseitigen, um das Gewicht vom Dach zu nehmen und weiteren Schaden zu verhüten.
    Die Schneewehe auf dem

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