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Das Fremde Mädchen

Das Fremde Mädchen

Titel: Das Fremde Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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Steinwänden des kleinen Raumes schien von seinem hellen, jungen Gesicht, vom Ring seines flachsblonden Haars und seinen hellblauen Augen ein sanftes Strahlen auszugehen. Nur ein Mensch mit Rhuns unschuldiger Klarheit konnte so inbrünstig und liebevoll und doch ohne falsches Mitleid am Bett eines Sterbenden wachen. Cadfael hatte schon viele junge Menschen gesehen, die mit diesem jugendlichen Zauber ins Kloster gekommen waren, doch bald schon war ihr Strahlen einfach von der Last, ein Mensch zu sein, und durch den Zahn der Zeit vergangen, trüb geworden und geschwunden. Rhun würde dies nie geschehen. St. Winifred würde, nachdem sie ihm die körperliche Vollkommenheit geschenkt hatte, nicht zulassen, daß ihr Geschenk durch irgendeine Verstümmelung seines Geistes gefährdet würde.
    Langsam verging die Nacht, und Bruder Haluin blieb still wie er war. Kurz vor der Dämmerung aber sagte Rhun leise: »Seht nur, er bewegt sich.«
    Ein leichtes Zucken lief über das bleierne Gesicht, die dunklen Brauen wurden zusammengezogen, die Augenlider spannten sich, als die ersten Schmerzen spürbar wurden, die Lippen wurden zu einer kurzen Grimasse, die von Angst und Pein sprach, zusammengekniffen. Sie warteten, ihrem Gefühl nach eine lange Zeit, und konnten nicht mehr tun, als die feuchte Stirn und den Speichel abzuwischen, der als kleines Rinnsal aus dem Mundwinkel sickerte.
    Im ersten trüben Schein, der vom Schnee reflektiert wurde, noch bevor die Dämmerung begann, öffnete Bruder Haluin die pechschwarzen Augen in ihren blauen Höhlen und bewegte die Lippen, um etwas zu hauchen, das Rhun nur verstehen konnte, weil er sein junges, scharfes Ohr dicht über den Mund legte.
    »Beichten...«, flüsterte der Mann, der zwischen Leben und Tod schwebte. Das war für eine Weile alles.
    »Geht und holt den Vater Abt«, sagte Cadfael.
    Rhun ging schweigend und rasch hinaus. Haluin kam allmählich zu sich, und als seine Augen klarer wurden und die Umgebung erkennen konnten, begriff er, wo er war und wer an seiner Seite saß. Er raffte all die Lebenskraft zusammen, die ihm noch geblieben war. Cadfael sah das schmerzhafte Zucken um Mund und Kiefer und wollte schon ein wenig Mohnsaft zwischen die Lippen seines Patienten träufeln, doch dieser hielt den Mund fest geschlossen und wandte den Kopf ab. Er wollte seine Sinne nicht trüben und behindern, bevor er gesagt hatte, was er sagen mußte.
    »Der Vater Abt kommt gleich«, sagte Cadfael, indem er sich über das Kissen beugte. »Wartet noch, dann könnt Ihr zu ihm sprechen.«
    Abt Radulfus kam gerade herein und bückte sich unter dem niedrigen Türsturz. Er nahm den Stuhl, auf dem Rhun gesessen hatte, und neigte sich zum Verletzten. Rhun war draußen geblieben und hatte hinter dem Abt die Tür geschlossen. Er hielt sich bereit, um Botengänge auszuführen, die vielleicht notwendig wurden. Cadfael wollte aufstehen, um sich wie Rhun zurückzuziehen, doch in Haluins hohlen Augen flackerten gelbe Funken der Angst, ein kurzer Krampf lief durch seinen Körper, und er stöhnte schmerzvoll, als hätte er am liebsten eine Hand gehoben, um Cadfael aufzuhalten. Der Abt beugte sich vor, damit Haluin ihn sehen und hören konnte.
    »Ich bin da, mein Sohn. Ich höre. Was ängstigt Euch?«
    Haluin holte tief Luft und sammelte sich, um verständlich zu sprechen. »Sünden...«, begann er, »...nie erzählt.« Die Worte kamen langsam und unter großen Mühen, aber sie waren verständlich. »Gegen Cadfael versündigt... vor langer Zeit... nie gebeichtet...«
    Der Abt blickte zu Cadfael, der noch am Bett stand. »Bleibt!
    Er wünscht es so.« Und zu Haluin sagte er, indem er die schlaffe Hand nahm, die der Verletzte nicht selbst heben konnte: »Sprecht, wie Ihr könnt, wir werden zuhören. Macht nicht viele Worte, wir können zwischen den Worten lesen.«
    »Meine Gelübde«, sagte er mit dünner Stimme. »Unrein...
    nicht aus Hingabe... sondern Verzweiflung!«
    »Viele sind aus den falschen Gründen eingetreten«, erwiderte der Abt, »und dennoch aus den richtigen Gründen geblieben. In den vier Jahren, die ich hier als Abt diene, habe ich in Eurem Verhalten keinen Makel gefunden. Habt in dieser Hinsicht keine Sorge. Gott mag seine eigenen Gründe gehabt haben, Euch in dieses Kloster zu führen.«
    »Ich diente dem Herrn de Clary in Hales«, sagte die dünne Stimme. »Oder besser, seiner Frau – er war damals im Heiligen Land. Seine Tochter...« Es gab ein langes Schweigen, während er sich entschlossen und

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