Das fünfte Foto: Lila Zieglers fünfter Fall (German Edition)
Wohnung des Verstorbenen sichergestellt worden«, konterte die Polizistin. »In – sagen wir mal – kompromittierender Situation.«
Das Gleiche galt für mich. Doch mich beachtete die Frau gar nicht.
»Sie werden uns Ihre Rolle in dem Fall genauer erläutern müssen.« Die Beamtin lächelte schmallippig.
Mir wurde heiß. Konnte Danners Lieblingsfeindin in ihrer neuen Position als Polizeipräsidentin Mordermittlungen gegen Danner einleiten?
Danner erhob sich.
Plötzliche Panik stieg in mir auf. Klara, die Schlampe, wollte ihn mir wirklich wegnehmen. Auf ganz andere Art, als ich befürchtet hatte.
43.
Mit feuchtkalten Fingern bewegte ich den Pfeil der Maus über den Computerbildschirm.
Danner hatte recht. Die Lösung hatte die ganze Zeit vor uns gelegen. Warum waren wir nicht eher darauf gekommen?
Archibald Schröders Mörder hatte wohl kaum umsonst den Computer des Toten mitgenommen. Er hatte belastende Bilder entfernen wollen. Der Spanner hatte etwas fotografiert, was er nicht hatte sehen dürfen. Die Pinnwand über dem Schreibtisch musste der Täter bemerkt haben. Mit Sicherheit hatte er die Aufnahmen von sich selbst entfernt.
Aber hatte ich Alwin Kopelski nicht bereits auf den Bildern entdeckt?
Das erste abfotografierte Pinnwandsegment leuchtete auf. Ich entdeckte die Porzellanelfe, Chantal, Babsi und mich mit Plastikbechern in den Händen – aha! –, Alwin Kopelski in der Küche.
Ich fuhr mir mit beiden Händen durch die zottigen Haare.
Dass das Foto von Grizzly Adams noch da war, sprach gegen ihn als Täter.
Wer fehlte auf der Pinnwand?
Fieberhaft suchte ich die Bilder ab.
Bine Kopelski, Katrin Hesskamp und Silvia Fromm am Gartenzaun, Julietta Engele im Bett, die Sprack im Nachthemd, Babsi und Chantal oben ohne, ich, wie ich Sergej, Kröte, Bodo, Fiete, Alwin und Danner beim Dschungelroden zusah. Ulli beim Bierabladen. Die Pizzafrau rauchend am Kiosk, dahinter Bine im Streit mit der Kiosktante. Bine und eine Brötchenverkäuferin.
Ich klickte den dritten Pinnwandabschnitt auf den Bildschirm. Wieder Danner und ich mit Schädlingsvernichter Peter Bengel. Die Lamafrau und der behinderte Hansi beim Füttern der Tiere, die Pizzafrau, die der Dreifachmutter im Eckhaus einen Kartonstapel in die Hand drückte, Babsi und Sergej beim Quickie im Gras, Babsi, Chantal, Bine und sogar Kimberly Ullmann vor Ullis nagelneuer Hebebühne. Die Alligatorschildkröte beim Sonnenbad. Und – der Grund für die rasche Beurlaubung des Polizeipräsidenten? Archibald Schröder hatte durch einen Gardinenschlitz die Küche der Dreifachmutter fotografiert. Jeannette Hausschulz lag nackt auf dem Esstisch, zwischen Schüsselchen mit Dinosaurieraufdruck. Die Füße hielt sie Mattek ins Gesicht, während er sie bumste. Ein schöner Grund für die Schlampe, den Polizeipräsidenten vom Thron zu stoßen.
Im nächsten Moment erstarrte ich.
Unter dem Bild ragte die Ecke eines anderen Fotos hervor. Die Aufnahme war grobkörnig und verschwommen, doch Bine Kopelskis Gesicht erkannte ich auf den ersten Blick.
Archibald musste aus einiger Entfernung herangezoomt haben. Die Augen geschlossen, lag ihr Kopf auf dem PVC-Boden ihrer Reihenhausküche. In einer dunkelroten Blutlache.
Also doch! War die da schon tot?
Warum zum Teufel hatte Danner sich ausgerechnet jetzt von der Polizei abführen lassen? Mit Sicherheit hätte er sofort die richtigen Schlüsse gezogen.
Ich rieb mir die Schläfen.
Bine Kopelski hatte tatsächlich in ihrer Küche Blut verloren. Aber Alwin Kopelski hätte dieses Foto doch ganz sicher entfernt, wenn er erst seine Frau getötet und dann Archibald Schröder erschossen hätte, oder nicht?
Dass Aufnahmen fehlten, da war ich mir sicher. Denn es gab Lücken zwischen den ansonsten dicht an dicht gehefteten Bildern.
Eins, zwei, drei, vier, fünf Lücken.
Mir fiel die Skizze von den Reihenhäusern ein, die Danner mit Silvia Fromms Hilfe angelegt hatte. Ich fand den Zettel säuberlich abgeheftet im Ordner Hesskamp. Danner hatte beide Reihenhauskomplexe mit seiner geschmeidigen, nach rechts geneigten Handschrift beschriftet.
Jeder Komplex bestand aus fünf Hausteilen. Im ersten Haus lebten Silvia Fromm, die Hesskamps, die Kopelskis, Familie Bollermann und Familie Hausschulz.
Jeannette Hausschulz, die Dreifachmutter, war mit dem Polizeipräsidenten zusammen aufgefallen. Doch beim Namen Bollermann stutzte ich. Das war die große, stämmige Frau mit dem Baby. Tochter von Silvia Fromm hatte Danner notiert.
Mein Blick
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