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Das fuenfte Maedchen

Das fuenfte Maedchen

Titel: Das fuenfte Maedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Philip
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Aquarium und den Hühnern und dem Perlhuhn und dem Hängebauchschwein einen Pflichtbesuch ab. Doch sie landete schließlich immer bei den Ziegen und spielte das Anstarrspiel mit dem böse aussehenden Ziegenbock.
    Â»Schau mal, Ruby. Es ist, als wäre er ein Mensch!«
    Nein, das war er nicht. Der Ziegenbock hatte ein feixendes Grinsen und tief liegende schwefelgelbe Augen mit schlitzförmigen Pupillen, was ihm zweifellos etwas Ausdrucksvolles verlieh, doch wenn ich je einen Menschen mit dem Gesichtsausdruck dieses Ziegenbocks treffen sollte, würde ich blitzschnell das Weite suchen. Die Zicke war, wenn das überhaupt ging, noch schlimmer, mit ihrem bösen, verschlagenen Gesicht. Jinn liebte diese Ziegen.
    Â»Ich werde Ziegen halten«, sagte sie immer wieder. »Ich werde diese Ziegen halten.«
    Ich wusste nicht, was sie sich dabei vorstellte. Ich hoffte, die Lebenserwartung einer Ziege sei gering.
    Â»Sie brauchen nicht viel Platz«, sagte sie.
    Sie brauchten mehr Platz, als wir hatten.
    Sie griff jetzt über den Zaun, um den Ziegenbock zwischen den Augen zu kratzen. Ich sah reines Gold funkeln: ihr neuer Bernsteinanhänger, der gegen die Kuhle am Hals baumelte. Den hatte ich ganz vergessen, und der Schock, ihn jetzt wieder zu sehen, ließ mich erstarren. Ich schluckte reflexartig. Ich mochte diese Halskette nicht und ich mochte Nathan Baird nicht. Auf jeden Fall tat mir der Moskito leid. Ich stellte mir vor, dass er einen glücklichen Moskitotag hatte, für einen Moment auf flüssigem Bernsteinharz landete und dass sein letzter Gedanke war: Oh, Sch…
    Mallory rannte zur Ziegenhürde, und Jinn hob sie hoch und sah aus, als ob sie das Kind an die Ziege verfüttern würde. Stattdessen hob sie Mallory so hoch, dass diese den Kopf des Tieres streicheln konnte. Ich konnte mir Jinn als Mutter vorstellen, das war durchaus möglich, doch die Vorstellung machte mich eifersüchtig. Also lehnte ich mich auf einen Zaun und beobachtete stattdessen die Meerschweinchen und den Pfau, der in seinem Gehege herumstolzierte wie Nathan Baird und dann demonstrativ und prahlerisch auf den Zaun zuschritt. Ich erinnerte mich, wie Jinn mich einmal dazu überredet hatte, dem Ziegenbock den Kopf zu kratzen. Der Kopf war so hart, dass er sich anfühlte wie ein Stein unter einer dünnen Haardecke. Ich erinnerte mich, dass mir die Sache unwirklich vorkam.
    Â»Du kannst jeden Teil von einer Ziege essen«, sagte Foley.
    Ich sagte: »Das ist bei Schweinen so.«
    Â»Oh.«
    Es gefiel mir, dass er Wörter schwierig fand, aber du kannst immer sagen, ob das einen Menschen nervös macht oder nicht. Ihm fiel nicht viel ein, was er sagen könnte, aber er sagte keine dummen Dinge, um überhaupt etwas zu sagen. Er wusste nicht, was er sagen sollte, also sagte er nichts. Als mir klar wurde, dass er nicht vorhatte zu reden und nicht versuchen würde, mich zum Reden zu bringen, lief mir ein merkwürdiger Schauer über die Kopfhaut, und mein ganzer Körper schien auszuatmen und sich zu entspannen, wie wenn Jinn den Deckel von Laras altem Dampfdrucktopf nahm.
    Wir beobachteten die Meerschweinchen vielleicht fünf Minuten lang, was sich unglaublich unangenehm hätte anfühlen können, aber das tat es nicht. Unter all diesem Fell hatten die Dinger wahrscheinlich die Größe von Wühlmäusen. Eingelaufene kleine Menschen in Samt und Hermelin.
    Schließlich sagte Foley: »An denen ist nicht viel zu essen dran.«
    Â»Nein«, sagte ich.
    Und zum ersten Mal seit einer Ewigkeit verspürte ich den Wunsch, etwas hinzuzufügen. Ich wollte eine dieser dünnen Wortketten bilden, die einen Menschen an deiner Seite hielt. Ich wollte ein Seil aus Worten machen und es ihm um die Taille schlingen, unsichtbar, damit ihm nicht langweilig würde und er dann wegginge. Wörter sehen zerbrechlich aus, Insektenpfade aus Tinte, aber sie sind stark. Wörter binden Menschen aneinander oder treiben sie auseinander. Wörter sind ein Enterhaken, der, zum Himmel geschleudert, einen Jungen vom Dach reißt. Ich wollte die Gänseblümchenketten-Wörter, doch leider konnte ich meinen Mund nicht öffnen, außer um mir die Lippen zu lecken.
    Es war sehr frustrierend. Mir fielen mehrere halb clevere Dinge ein, die ich hätte sagen können, aber ich war mir meiner Sache nicht ganz sicher, sodass ich sie nicht über die Lippen brachte. Ich erwartete, dass Foley

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