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Das fünfte Zeichen

Titel: Das fünfte Zeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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hing etwas zur Seite, doch der Pfosten, mit dem sie in den Boden eingelassen war, hatte offensichtlich den größten Teil der Wucht aufgefangen. Nur an einer Stelle war die Plastikschnur, in der Willy Barli hing, gerissen. Die Arme ausgebreitet, die nassen Haare klebten ihm im Gesicht, die Augen waren nach oben verdreht wie im Gebet. Ein seltsam schöner Anblick, ging es Harry durch den Kopf. Der nackte Körper, teilweise in nasse Laken gehüllt, sah beinahe aus wie eine Galionsfigur am Bug eines Schiffes. Willy Barli hatte bekommen, was er wollte. Das große Finale.
    Harry zog das Handy aus der Tasche und tippte die PIN -N ummer ein. Seine Finger gehorchten ihm kaum. Versteinert. Er wählte die Nummer von Bjarne Møller. Wollte die Verbindung herstellen, als das Telefon warnend aufschrie. Harry erschrak, hätte es beinahe fallen lassen. Das Display sagte ihm, dass in der Mailbox eine Nachricht wartete. Was nun?
    Es war nicht Harrys Telefon. Er zögerte. Eine Stimme sagte ihm, dass er zuerst Bjarne Møller anrufen sollte. Er schloss die Augen. Und drückte die Taste.
    Eine Frauenstimme verkündete ihm, dass er eine neue Nac h richt habe. Ein Piepton, gefolgt von ein paar Sekunden Stille.
    Dann flüsterte ihm eine Stimme ins Ohr: » Hallo, Harry. Ich bin ’ s. « Waaler.
    » Du hast das Telefon ausgeschaltet, Harry. Dumm. Denn ich muss mit dir reden, verstehst du? «
    Waalers Stimme war so dicht an seinem Ohr, dass Harry das Gefühl hatte, er stehe direkt neben ihm.
    » Tut mir Leid, dass ich flüstern muss, aber wir wollen ihn doch nicht aufwecken, oder? Errätst du schon, wo ich bin? Ich denke, du weißt es. Das hättest du dir doch denken können. «
    Harry sog an der Zigarette, ohne zu bemerken, dass sie ausg e gangen war.
    » Es ist ziemlich dunkel hier drinnen, aber er hat ein Bild von einer Fußballmannschaft über dem Bett. Mal sehen. Tottenham? Auf seinem Nachttisch liegt so ein kleiner Gameboy. Und hör jetzt gut hin, denn ich halte das Telefon über sein Bett. «
    Harry presste das Handy noch fester an sein Ohr, so fest, dass ihm der Kopf wehtat.
    Er hörte den gleichmäßigen, ruhigen Atem eines kleinen Jun gen, der tief und fest in einer schwarzen Holzvilla am Holmen kollåsen schlief.
    » Wir haben unsere Augen und Ohren überall, Harry, versuch also nicht, woanders anzurufen oder mit jemandem zu reden. Tu nur das, was ich dir sage. Ruf hier an und rede mit mir. Solltest du etwas anderes tun, ist der Junge tot. Hast du verstanden? «
    Das Herz begann, Blut in Harrys versteinerten Körper zu pumpen, und langsam wurde die Benommenheit abgelöst von einem beinahe unerträglichen Schmerz.

 
    KAPITEL 42
Montag. Drudenfuß
    D ie Scheibenwischer jaulten, und die Reifen rauschten auf dem Asphalt.
    Der Escort schlitterte über die überfluteten Kreuzungen: Harry fuhr so schnell er es wagte, doch es regnete Bindfäden, und er wusste, dass das Restprofil seiner Reifen eher kosmetischer Natur war.
    Er gab Gas und kam noch bei Dunkelgelb über die nächste Kreuzung. Zum Glück waren die Straßen verwaist. Er warf einen Blick auf die Uhr.
    Noch zwölf Minuten.
    Es waren erst acht Minuten vergangen, seit er mit dem Telefon in der Hand im Innenhof der Sannagata gestanden und die Nummer gewählt hatte, die er hatte wählen müssen. Acht Minuten, seit die Stimme ihm ins Ohr geflüstert hatte: » En d lich. «
    Und Harry hatte gesagt, was er nicht hatte sagen wollen, was er aber nicht hatte lassen können: » Wenn du ihm auch nur ein Haar krümmst, bringe ich dich um. «
    » So, so. Wo seid ihr, du und Sivertsen? «
    » Keine Ahnung «, hatte Harry gesagt und auf die Wäschespi n ne gestarrt. » Was willst du? «
    » Ich will dich nur treffen. Erfahren, warum du unsere Abm a chung nicht einhalten willst. Ob du mit irgendwas nicht zufrie den bist. Wir können das doch regeln. Es ist noch nicht zu spät, Harry. Ich bin bereit, dir ein ganzes Stück entgegenzukommen, um dich auf unserer Seite zu haben. «
    » Okay «, hatte Harry geantwortet. » Treffen wir uns. Ich ko m me zu euch. «
    Tom Waaler hatte leise gelacht.
    » Ich möchte bei der Gelegenheit auch Sven Sivertsen sehen. Und ich glaube, es ist besser, wenn ich zu euch komme. Also gib mir die Adresse. Jetzt. «
    Harry hatte gezögert.
    » Hast du schon einmal das Geräusch gehört, wenn jemandem die Kehle durchgeschnitten wird, Harry? Erst ein leises Kni r schen, wenn der Stahl Haut und Knorpel durchtrennt, dann ein fauchender Laut, ähnlich dem Absaugegerät beim

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