Das ganze gleich nochmal
leidenschaftlich zu küssen. Mann, was war mit ihm los? Vielleicht lag es an der Hitze.
Einen Moment hatte er gedacht … hatte er sich ausgemalt …
Hinter ihm fiel die Fliegengittertür zu. Noch ehe er sich umdrehen konnte, straffte Carley die Schultern. Plötzlich erinnerte sie ihn nicht mehr an ein verängstigtes Kaninchen. In ihrem Blick las er eine Härte, die bisher nicht zum Vorschein gekommen war.
Seine Ahnung hatte ihn eindeutig nicht getrogen. Bei dieser Frau durfte man sich nicht nach dem ersten Eindruck richten.
Dr. Luisa Monsebais betrat lässig die Küche. Die Ärztin hatte graues Haar und Falten im Gesicht, doch sie bewegte sich mit der Energie einer Jugendlichen. “Alles klar hier drinnen?”
“Hallo, Doc. Ja, alles in Ordnung. Ich habe mich gerade mit unserer neuen Mitarbeiterin unterhalten.” Er deutete auf Carley und dann auf die ältere Frau. “Dr. Carley Mills, das ist Dr. Luisa Monsebais, unsere Kinderärztin.”
“Doktor?”, fragte Luisa.
“In Kinderpsychologie, Dr. Monsebais. Ich vertrete Dan Lattimer während seines Urlaubs.”
Luisa reichte Carley zwar die Hand, lächelte jedoch nicht. “Nennen Sie mich Luisa. Ihr Vorname ist Carley, nicht wahr?”
Carley nickte und drückte Luisa die Hand, doch auch sie wirkte alles andere als freundlich.
Zwischen den beiden Frauen bestand eine eigenartige Spannung, das spürte er deutlich. Und das lenkte ihn von seiner Irritation wegen des Kindes ab.
Luisa hakte sich bei ihm unter. “Haben Sie sich den Nachmittag freigenommen?”, fragte sie amüsiert.
Jetzt strahlte sie wieder die Ruhe aus, die er so angenehm fand. Das war typisch Luisa. Stets praktisch denkend und hilfsbereit, seit sie ihn verletzt und bewusstlos auf der einsamen Uferstraße gefunden hatte.
Er wusste nichts darüber, wie Luisa auf ihn gestoßen war. Seine Erinnerung setzte erst ein, als er zehn Tage später in ihrem Gästezimmer aufgewacht war. Danach hatte es noch weitere zwei Wochen gedauert, bis die Schmerzen so weit nachließen, dass er überlegen konnte, was mit ihm geschehen war.
Doc Luisa hatte ihn nicht ins nahe Krankenhaus, sondern in ihre Praxis gebracht. Auf seine Frage nach dem Grund hatte sie ihm seine Schussverletzungen und sein leeres Halfter an der Wade beschrieben. Wegen der Nähe zur Grenze hatte sie ihn für einen Drogenhändler oder Schmuggler gehalten, der vom Sheriff gesucht wurde. Da er jedoch in höchster Lebensgefahr schwebte, hatte sie ihn nicht der Polizei überlassen. Falls er starb, konnte sie sich ihrer Meinung nach noch immer mit sämtlichen Formalitäten herumschlagen.
Als endlich feststand, dass er überleben würde, hatte Luisa bereits erkannt, dass er das Gedächtnis verloren hatte. Außerdem mochte sie ihn zu diesem Zeitpunkt schon. Sie brachte ihn davon ab, seine offenbar zweifelhafte Vergangenheit zu erforschen, und wollte ihm helfen, ein neues Leben zu beginnen.
Houston war Doc Luisa unendlich dankbar. Behutsam hatte sie ihm geholfen, Erinnerungen an seine Kindheit auf einer Ranch auszugraben. Er wusste auch jetzt noch, wie man mit Tieren umging. Darum verschaffte sie ihm die Anstellung im Kinderheim und somit einen sauberen Neuanfang.
Luisa überredete Gabe Diaz, den alten Heimleiter, ihn ohne Referenzen einzustellen. Außer ihr wusste nur Gabe, dass Houston sich an nichts erinnerte. Gabe hatte ihm auch die falschen Papiere verschafft, die ihm eine neue Identität verliehen. Es war ein Glücksfall, dass der Mann ein gutes Herz hatte.
Gabe und Luisa waren die einzigen Menschen, auf die Houston sich verlassen konnte. Sie waren Freunde, die ihn gerettet und beschützt hatten. Er war bereit, ihnen das jederzeit zu vergelten.
Sekundenlang betrachtete Houston scharf die Frau mit dem Kind. Stellte Carley eine Bedrohung für Gabe und Luisa dar – oder für ihn?
“Na, mein Junge, ist heute vielleicht ein Feiertag, den ich vergessen habe?”
Er lächelte der freundlichen Ärztin zu. “Nein, Ma’am, ich arbeite gleich weiter.” Er wandte sich an Carley und legte die Hand grüßend an die Hutkrempe. “Freut mich sehr, dass Sie eine Weile bei uns bleiben, Ma’am. Sie sollten sich allerdings an heißen Tagen nicht in die Sonne wagen.”
Als er in den Sonnenschein hinaustrat, hätte er gern gewusst, wie lange diese beiden eigenwilligen Frauen da drinnen in der Küche noch höflich miteinander umgehen würden. Eine weitere Frage tauchte auf. Carley Mills hatte bereits seine Hormone in Wallung gebracht. Würde sie auch seine
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