Das ganze gleich nochmal
FBI sie zur Überwachung der Grenze einsetzen? Und sie sollte Cami mitnehmen? Das war schlicht und einfach unglaublich.
“Das Kinderheim wird vom texanischen Kirchenrat betrieben, und diese Häuser leiden ständig unter Geldmangel.” Reid beobachtete sie scharf, während er weiter ins Detail ging. “Die Mittel reichen nie, um alle Kinder zu versorgen. Darum betreibt die Kirche eine Rinderranch und eine Zitrusfarm, um die Finanzen des Heims aufzustocken.”
“Und was genau soll ich nun dort machen?”
“Sie sollen mit den Kindern arbeiten. Das können Sie am besten. Bei den Zöglingen handelt es sich um Ausgestoßene. Die Babys wurden ausgesetzt und können erst zur Adoption freigegeben werden, wenn man die Eltern gefunden hat und diese ihr Einverständnis erklärt haben. Bei den älteren Kindern handelt es sich entweder um jugendliche Straftäter, die rehabilitiert werden sollen, oder um behinderte Kinder. Sie können sich also vorstellen, dass alle unter emotionalen Problemen leiden.”
Reid kannte sie nur allzu gut und wusste, wie er mit ihr umgehen musste. Schon jetzt stellte sie sich diese hilfsbedürftigen Kinder vor, die dringend ihre Fürsorge benötigten. “Was hat das mit der ‘Operation Wiegenlied’ zu tun?”
“Die Aktivitäten konzentrieren sich auf den Grenzbereich.” Reid lächelte flüchtig. “Wie Sie wissen, führt eine Spur der internationalen Babyhändler in die Gegend von McAllen. Halten Sie einfach die Augen und Ohren offen. Einer unserer Agenten ist schon dort, Manny Sanchez. Zur Tarnung arbeitet er als Assistent eines Tierarztes. Dadurch kommt er entlang des Rio Grande mit den Leuten auf Farmen und Ranches zusammen. Dank seiner Informationen haben wir Dutzende von ‘Kojoten’ gefasst, als sie Babys über die mexikanische Grenze schafften.”
Reid veränderte die Haltung auf dem für ihn zu kleinen Stuhl.
“Manny hat vor einiger Zeit ein unter den illegalen Einwanderern kursierendes Gerücht aufgeschnappt. Demnach stammen einige der Babys in diesem Heim von jenseits des Flusses. Manny hat zwar fast täglich zusammen mit dem Tierarzt das Vieh auf der Ranch versorgt, aber wir brauchen jemanden im Heim, der Zugang zu den Kindern und den Akten hat.”
Carley war klar, dass sie aus der Sache nicht mehr herauskam. “Und wie erhalte ich diese Stelle?”
“Die haben Sie schon. Ich bin mit einem Mitglied des Kirchenrats befreundet. Der fest angestellte Psychologe hatte einen familiären Notfall. Der Verwalter des Heims erwartet Sie und Cami. Er weiß übrigens nicht, wer Sie wirklich sind. Für ihn sind Sie eine Psychologin und eine alleinerziehende Mutter, die dringend Arbeit braucht. Der Vorsitzende des Kirchenrats hat sich für Sie verbürgt.”
“Großartig. Und wann …” Sie verstummte, als sie einen merkwürdigen Blick ihres Chefs auffing.
“Da ist noch etwas Wichtiges.”
Aha, hatte sie es doch geahnt! Carley wartete gespannt darauf, was jetzt kam.
Reid stand auf und wandte ihr den Rücken zu. “Manny Sanchez hat vor fünf Jahren bei El Paso mit Ihrem früheren Partner Witt bei einem verdeckten Einsatz zusammengearbeitet. Die beiden sahen einander damals nur für wenige Minuten, aber …”
Carley blieb fast das Herz stehen. “Es geht um Witt? Gibt es endlich eine Spur?” Sie packte Reid an den Schultern und drehte ihn zu sich herum. “Reden Sie doch endlich!”
“Ganz ruhig.” Reid räusperte sich und kehrte wieder den Chef hervor. “Special Agent Charleston Mills, Sie wissen, dass das FBI nicht ruht, bis wir herausgefunden haben, was aus Davidson wurde. Jeder FBI-Agent auf der gesamten Welt hält ständig nach ihm Ausschau. Keiner unserer Leute geht einfach verloren.” Reid löste behutsam Carleys Hände von seinen Schultern und hielt sie fest. “Manny war der Meinung, dass einer der Männer auf der Ranch Davidson verblüffend ähnlich sieht.”
Carley wurde schwindelig. “Aber …”
Reid stützte sie und führte sie zu einem Stuhl. “Möchten Sie einen Schluck Wasser?”
Sie schüttelte den Kopf, brachte jedoch kein Wort hervor.
“Wir haben Davidson aufgrund der Fingerabdrücke identifiziert, aber er benutzt nicht seinen richtigen Namen. Und er hat Manny nicht erkannt.”
“Warum haben Sie ihn nicht zurückgeholt? Wird er dort gegen seinen Willen festgehalten? Kann er deshalb nicht zugeben, wer er ist?”
Reid zuckte mit den Schultern. “Das ist unwahrscheinlich. Können Sie sich etwa vorstellen, dass es jemandem gelingt, Davidson gegen
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