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Das Geburtstagsgeschenk

Das Geburtstagsgeschenk

Titel: Das Geburtstagsgeschenk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Vine
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Fischbrut in einem Zuchtteich ausgesetzt wird? Ich schon. Man lernt eben nie aus. Es gibt ein ziemlich schauderhaftes Stück von Barrie, das der Theaterklub von Morningford aufgeführt hat. Es heißt Mary Rose, und natürlich musste ich es mir ansehen. ›Du lernst nie aus‹, sagt jemand, und die Antwort ist: ›Lernst du was, dann hast du was zum Vergessen.‹ Das ist die einzige gute Stelle in dem ganzen Stück.« Er lächelte schmal. »Die Presse interessiert es nicht, ob ich eine Freundin habe. Die Journaille mag prüde sein, wenn es ihr in den Kram passt, aber ein bisschen Sex gesteht sie selbst unsereinem zu.«
    »Auch wenn die Freundin verheiratet ist und mit ihrem Mann unter einem Dach lebt?«
    »Das wissen die ja nicht. Sie legen sich weder vor ihrem noch vor meinem Haus auf die Lauer. Käme ein Reporter alle vierzehn Tage an dem bewussten Abend vorbei, sähe er nur eine schöne blonde Frau, die meinen Wohnblock betritt. Sie könnte dort sonst wen besuchen. Oder sogar dort wohnen.«
    »Mag sein«, sagte ich. »Trotzdem – sieh dich bitte vor!«
    In den kommenden Monaten sollte ich mich öfter an dieses Gespräch erinnern. Es brachte mich zum Nachdenken über das Unbewusste und dass wir uns ständig auf einer dünnen Schicht bewegen, unter der erschreckende Abgründe gähnen. Wäre ein einziges Wort anders gewesen, hätte alles ganz anders kommen können. Wenn Ivor zum Beispiel ›nein‹ statt ›ja‹ gesagt hätte, als Jack Munro ihn gefragt hatte, ob er zu jenem Empfang im Jubilee Room mitkommen wolle.

2
    Den Nachnamen – Delgado – habe ich von meinem Großvater, der um 1930 aus Badajoz nach England kam, und manchmal bin ich froh, dass ich offenbar zusammen mit dem spanischen Namen, der »schlank« bedeutet, auch ein Schlankheitsgen geerbt habe. Ein Dicker hätte an diesem Namen schwer zu tragen. Ich bin dünn und ziemlich groß, ein unauffälliger Typ, blass und bebrillt – ich spiele mit dem Gedanken, mir Iris zuliebe Kontaktlinsen zuzulegen –, mit einer überraschend tiefen Stimme und einem merkwürdigen, fast lautlosen Lachen. Diese lautlose Lache ließ ich auch hören, als Iris bemerkte, Ivor wolle sich unser Haus borgen, weil seine pompös-modernistische Einrichtung für seine Zwecke gut geeignet sei.
    Damals hatten wir ein Cottage auf dem Land, ganz in der Nähe von Iris’ Elternhaus in Ramburgh, und ein kleines Haus in einer der kopfsteingepflasterten Gassen in Hampstead, und um dieses Haus ging es. Die Eltern von Iris hatten es ihr zur Hochzeit geschenkt mitsamt der vorhandenen Ausstattung und dem Mobiliar im Stil der Hollywood-Moderne, das um 1930 der letzte Schrei gewesen war und an dem keiner der Vorbesitzer etwas geändert hatte. Wenn man es betrat, bekam man einen gelinden Schock. Von außen war es ein Backsteinhaus aus dem 19. Jahrhundert, mit Rosen und Klematis berankt, mit grünen Fensterläden und einer Laterne über der Haustür. Innen empfingen einen Chrom, viel Schwarz, viel Silber, abgewetzte weiße Ledermöbel (die Nadine und ihr kleiner Bruder mit Spuren von Himbeermarmelade und Marmite verzieren sollten), dazu ein großes Wandbild der New Yorker Skyline bei Nacht und ein schwarzgelbes abstraktes Gemälde in einem Aluminiumrahmen. Oben war es noch schlimmer, zumindest in dem größeren der beiden Schlafzimmer. Das ausladende Bett – war es das, was Ivor gereizt hatte? – war sehr niedrig, die Matratze berührte fast den Boden, auf dem ein einstmals weißer Zottelteppich lag. Vor unserer Zeit hatte jemand einen halben Liter Kaffee darüber ausgekippt – zumindest konnte man es so sehen. Iris sagte, sie habe eher den Eindruck, als sei eine Vorbesitzerin dort niedergekommen. Wir hatten eigentlich einen Läufer über den Fleck legen wollen, so wie wir uns eigentlich vorgenommen hatten, das ganze Haus zu renovieren, sobald wir es uns leisten konnten. Nur den runden Spiegel mit den Glühbirnen rund um den Rahmen wollte ich unbedingt behalten, er erinnerte mich an ein Foto von Claudette Colberts Haus in Beverly Hills aus einer alten Filmzeitschrift.
    Ich fragte Iris, was sie mit »für seine Zwecke gut geeignet« gemeint hatte.
    »Es sei die richtige Atmosphäre, hat er gesagt. Ich habe ihn nicht gefragt, was er damit meinte.«
    »Und nun wird er es erst recht nicht mehr sagen«, meinte ich.
     
    Ivor hatte uns für den Abend ins Theater eingeladen, er wollte offenbar feiern, denn er war gerade Fraktionsführer geworden. Man gab Julius Cäsar, ein berühmter englischer

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