Das gefallene Imperium 1: Die letzte Bastion (German Edition)
ein paar Wochen her.«
»Kommt mir wie eine Ewigkeit vor.«
Edgar stimmte den Ausführungen Lis – so überzogen sie im Prinzip auch waren – zu. Die Zeit während eines Kampfeinsatzes neigte dazu, sich selbst schnell zu relativieren. Aus Tagen und Wochen wurden gefühlte Monate.
Und es grenzte an ein Wunder, was etwas Essen und Schlaf bewirken konnten, um die Lebensgeister zu erneuern. Außerdem hatten die Ärzte der 24. Lis Wunde fachmännisch versorgt und bandagiert, weshalb der Mann beinahe schon wieder so fit wie zuvor war.
Edgar sah zum Chronometer über der Tür des Schlafsaales. Beinahe sechs Stunden waren vergangen, seit sie sich zur Ruhe begeben hatten. Nach den Strapazen der letzten Tage war diese Erholungspause dringend notwendig gewesen.
Edgar sah sich im Schlafsaal um. Der Raum war für knapp dreihundert Personen ausgelegt, doch er war nicht einmal zur Hälfte besetzt. Die wenigen anwesenden Legionäre der 24. verhielten sich ihnen gegenüber höflich, aber distanziert. Edgar bemerkte düstere, teilweise sogar feindselige Blicke von einzelnen Legionären, sobald sie sich unbeobachtet fühlten. Hin und wieder wurde getuschelt und man musste kein Genie sein, um zu erkennen, dass über sie gesprochen wurde. Edgar konnte die Gefühle der anderen Legionäre sogar verstehen. Er vermochte nicht zu sagen, wie er an deren Stelle reagiert hätte. Perseus’ Einflussbereich war bisher geradezu glimpflich davongekommen, nur hin und wieder von Piraten oder Banditen bedroht. Niemand wusste, wie sie sich gegen eine ausgewachsene Drizilbedrohung behaupten würden. Obwohl sie sich gut geschlagen hatten, war der letzte Schlagabtausch gegen die Fledermausköpfe nicht gut verlaufen.
Die Ausrüstung der 24. Legion war zwar gut in Schuss, wirkte jedoch trotzdem irgendwie zusammengeschustert. Diese Männer und Frauen mussten unter harten Bedingungen und ohne Nachschublieferungen seit Monaten ausharren. Edgars Respekt vor ihnen wuchs.
»Ausgeschlafen?«, fragte Daniel Red Cloud, der im Türrahmen stand und die Gruppe aufmerksam musterte. Wie zur Antwort fing der immer noch schlafende Galen an, tief zu schnarchen, und gab dabei mehrere Grunzer von sich.
Edgar nickte stellvertretend für sie alle und Daniel verstand dies als Einladung, näher zu treten.
»Gut. Dann machen Sie sich fertig. Wir rücken aus.«
»Und wohin geht es?«
»Das werden Sie bald sehen.«
»Was hat der Lord General damit gemeint: ›Zeigen Sie es ihnen!‹?«
Daniel lächelte rätselhaft. »Auch das werden Sie bald sehen.« Er klopfte Edgar kameradschaftlich auf das Bein. »Aber vorher frühstücken wir. Ich hoffe, Sie haben Hunger. Wir haben nicht viel, aber wir teilen es gerne mit unseren Brüdern und Schwestern von der 18.« Sein Lächeln verblasste langsam und seine Augen wirkten mit einem Mal trübe vor Trauer und Erschöpfung. »Wer weiß, wie lange wir noch essen können, daher sollten wir die Zeit, die uns bleibt, so gut wie möglich nutzen.«
Commodore Horatio Lestrade widerstand dem Drang, unruhig auf der Brücke der Vengeance auf und ab zu gehen. Die Besatzung war auch ohne sein Zutun schon nervös genug.
Die Vengeance hatte inzwischen die Position gewechselt und versteckte sich in der Nähe des Gasriesen des Systems. Die Strahlung, die der Stern aussandte, verbarg alle Emissionen, die das terranisch-imperiale Schiff abstrahlte, und verhinderte auf diese Weise effektiv eine Entdeckung durch die Drizil, ohne dass die Vengeance ihre Systeme in nennenswertem Umfang herunterfahren musste.
Dadurch war es Lestrade gelungen, sich ein recht genaues Bild über die Drizilaktivitäten im System zu machen. Die gesammelten Daten ließen leider nur wenig Raum für Optimismus.
Colonel René Castellano trat zu ihm, als sein XO den nächsten Datenstrom auf seine Kommandostation überspielte.
Castellano deutete Lestrades missmutigen Gesichtsausdruck richtig und fragte: »So schlimm?«
Lestrade nickte und drehte den Bildschirm so, dass der Colonel ebenfalls einen Blick darauf werfen konnte. Dieser überflog die Daten und pfiff schließlich leise durch die Vorderzähne. »Die Drizil haben ihre Kräfte im System sogar noch verstärkt.«
»Und das in signifikantem Umfang«, stimmte Lestrade zu.
Castellano sah auf. »Irgendwelche Theorien?«
Lestrade zuckte die Achseln. »Ich vermute, sie bereiten eine neue Offensive vor, aber nicht nur gegen die imperialen Kräfte im System. Würde es nur um Vector Prime gehen, bräuchten sie nicht
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