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Das Gegenteil von Schokolade - Roman

Das Gegenteil von Schokolade - Roman

Titel: Das Gegenteil von Schokolade - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mirijam Muentefering
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hier«, erwidert die Blonde betont ruhig, streichelt Loulous Kopf und sieht mich dabei an.
    Britta wechselt einen Blick mit mir. Ihrer ist unruhig und misstrauisch.
    Da dreht sich Dr. Greve herum und lächelt mich durch seinen dichten grauschwarzen Bart freundlich an.
    »Und wen haben wir da?«
    »Loulou«, erwidere ich rasch, irritiert durch die nunmehr drei Augenpaare, die auf mich gerichtet sind. »Ich meine, Mönning ist mein Name. Und ihr Name ist Loulou. Wir sind zur Impfung hier.«
    »Antonie, machen Sie mir bitte die Fünffach fertig?«
    »Und bitte eine leichte Betäubung!«, werfe ich rasch hinterher in die Richtung der Blonden, die wohl Antonie ist, denn sie wendet sich zum Arzneischrank um. »Loulou ist nämlich eine Künstlerin im Vom-Tisch-Springen, wenn es um die Impfung geht.«
    Sie lächelt mich kurz überlegen an und wendet sich wieder zum Schrank, wo sie rasch und zielstrebig mit ein paar Fläschchen und einer Spritze hantiert. Ihre Bewegungen sind so routiniert, dass sie in null Komma nichts fertig ist und der Untersuchung zuschauen kann.
    Loulou wird auf den Tisch gehoben und von Dr. Greve eingehend untersucht. Er schaut ihr in die Ohren, kontrolliert die Zähne und den Herzschlag, tastet ihren Bauch ab und sieht sich alle vier Pfoten an.
    »Top-Zustand«, kommentiert er anschließend und nimmt die Spritze.
    Loulou macht schon einen langen Hals, weil Antonie – was für ein Name – eine ganze Hand voll leckerster Futterbrocken vor ihre Nase hält.
    Davon kriegt sie eins nach dem anderen, während Dr. Greve das Nackenfell hochzieht und mit einer gezielten Bewegung die Spritze setzt.
    Loulou zuckt nicht einmal kurz zusammen.
    Mann, wenn ich daran denke, wie wir bei meinem alten Tierarzt diese gefleckte Ausgeburt der Hölle mit drei Helferinnen festhalten mussten, damit die Impfung möglich war … Auf diese Leckerchenidee hätte ich auch schon früher kommen können.
    »Positive Bestärkung.« Antonie, die mein ungläubiges Staunen bemerkt hat, grinst mich an. »Man könnte es aber auch ganz einfach Ablenkung für Halbverhungerte nennen. Noch nicht ausprobiert?«
    Ich erwidere ihren Blick, und da passiert es.
    In meinem Bauch kippt ein Gefäß um, und aus ihm heraus strömt eine heiße Flüssigkeit in alle Winkel. Meine Nackenhaare richten sich auf, und ich kann nur mit äußerster Konzentration ein Schaudern unterdrücken.
    Warum fallen mir in diesem Augenblick plötzlich The Teens ein? Aber bevor mir auch nur ein blasser Schimmer kommt, wieso ich ausgerechnet jetzt an die Lieblingsgruppe meiner frühen Teenagerzeit denken muss, werden wir bereits wieder entlassen.
    Loulou hüpft fröhlich vom Tisch, und ich bekomme den frisch bestempelten Pass zurück.
    »Das ging ja schnell«, sage ich etwas benommen, immer noch mit Gänsehaut.
    »Ich komm mit raus«, antwortet Antonie und schiebt mich fast zur Tür raus, während Britta zaghaft murmelt: »Ich komm morgen ’ne halbe Stunde früher, damit wir meine Verspätung ausgleichen, ja?«
    »Okay.«
    Au, ich glaube, Antonie ist ziemlich sauer wegen dieser Verspätung.
    Mich aber grinst sie noch einmal nett an und verschwindet mit wehendem Kittel hinter der Tür neben der Theke. Es gibt einfach Menschen, die strahlen so viel Elan aus, dass sie hinter sich einen Wirbel aus Staubflocken, Sonnenstrahlen und sich überschlagenden Gefühlen zurücklassen.
    Ich warte, bis die dicke Frau ein Telefonat beendet hat, und schaue zu, wie ein Mann mit Cockerspaniel ins Behandlungszimmer schleicht. Kurz bevor da drinnen das große wehleidige Geschrei losgeht, sehe ich noch ein Paar Augen, das mich feindselig fixiert. Dann schließt Britta von innen die Tür.
    Das kann ich Michelin unmöglich erzählen.
    Und Katja schon gar nicht.
    Ich meine … was war das gerade?
    In meinem Kopf plärren immer noch gut gelaunt die Teens ihren Megahit »Gimme gimme gimme gimme gimme your love«, und ich fühle mich tatsächlich wieder wie zwölf. Bei einem Blind date versetzt und sofort hineinstolpernd in die nächsten Gefühlsschwulitäten.
    Mein Magen fühlt sich an, als schwappe darin immer noch diese warme Flüssigkeit hin und her.
    Vielleicht liegt es aber auch daran, dass ich heute kaum etwas gegessen habe. Na, dann weiß ich wenigstens, was ich jetzt zu tun habe.
    Nachdem ich Loulous Rundumschutz bezahlt habe, verlasse ich die Praxis und schlendere durch den Innenhof des Gebäudes Richtung Straße.
    Loulou, noch ohne Leine, schnuppert interessiert mal hier und mal da.

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