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Das geheime Leben des László Graf Dracula

Das geheime Leben des László Graf Dracula

Titel: Das geheime Leben des László Graf Dracula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roderick Anscombe
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Ich muß mich immer daran erinnern, daß mir die Abrechnung nur gestundet ist; mein Leben gehört mir nicht mehr wirklich, und so empfinde ich jeden glücklichen Augenblick als ein unverdientes Geschenk.
    Diese Krankheit schert sich nicht um Rang und Namen. Ich wurde in das Haus der wohlhabenden sächsischen Familie Hermann gerufen, die eine einflußreiche Position in unserer Stadt innehat. Der jüngere Sohn war eines der ersten Seuchenopfer gewesen. Jetzt ist der Vater an der Reihe, und eine Schwester ist ebenfalls erkrankt.
    Die Dame des Hauses begrüßte mich etwas befangen, als wüßte sie nicht recht, wie sie mir in meiner gegenwärtigen Arztrolle zu begegnen habe, doch als ich das Krankenzimmer betrat, wurde mir der eigentliche Grund für ihre Verlegenheit klar. Rings umher an den Wänden waren alle Familienmitglieder und Dienstboten aufgereiht, und die drei Schwestern des alten Hermann saßen würdevoll auf einem kleinen Sofa in Pose. Das Zimmer war merkwürdig still, als erwartete der kleine Hofstaat mit angehaltenem Atem, was der König anzuordnen beliebte. Hermann ist ein streitlustiger, ewig auftrumpfender Patriarch, der nicht mit den Zeiten Schritt gehalten hat – nicht, daß das jetzt noch etwas ausmachte. Er sah todkrank aus und hatte Mühe, die Augen offenzuhalten.
    Von dem grauen Tageslicht fiel nur wenig durch die schmalen Fenster in den dunkel getäfelten Raum, weshalb ich mehrere Augenblicke brauchte, um zu erkennen, daß es nicht Hermann war, dem die allgemeine Aufmerksamkeit galt, sondern Gregor, der gerade dabei war, einen Gottesdienst abzuhalten. Er hatte bei unserem Eintreten eine Pause gemacht und fuhr jetzt mit dem Gebet fort.
    Helene und Mari knieten sich spontan zu den anderen, und ich bemerkte, daß Gregors Blick auf Helene ruhte und dann, fragend, zu meinem Gesicht glitt. Mit so vielen Augen auf mir, kniete auch ich mich hin, obwohl ich wußte, daß ich ein Heuchler war.
    »Wir müssen den Doktor seine Arbeit tun lassen«, sagte Gregor schließlich, versammelte seine Schäflein um sich und drängte sie hinaus. Mehrere Leute blieben stehen, um mit mir zu reden, so daß ich keine Gelegenheit hatte, mit Gregor zu sprechen. Als ich mich nach ihm umschaute, sah ich, daß er Mari zur Seite genommen hatte. Er hatte die Hand beschützend auf Helenes Schulter gelegt und sprach ernst mit ihrer Mutter. Zufällig sah er in meine Richtung, und ich verspürte einen schmerzhaften Stich, als hätte mein Freund meine Beweggründe grausam falsch verstanden. Natürlich wußte ich, daß er Mari gegenüber kein Wort über mich verlieren würde; er würde irgendeine andere Gefahr finden, um bei ihr Angst um die Tochter zu wecken, oder irgendeinen Vorwand, um Helene aus meiner Gesellschaft zu entfernen.
    Als Gregor im Vorbeigehen meinen Arm drückte und sagte: »Ich werde im Garten sein, wenn du mit ihm fertig bist«, empfand ich ihn wider besseres Wissen als Verräter.
    Hermann war nicht mehr ansprechbar und kaum noch bei Bewußtsein, und ich tat, was ich für ihn tun konnte, was nicht gerade sehr viel war. Der beste Dienst, den ich ihm noch erweisen konnte, bestand in einer kurzen Unterredung mit seiner Frau und seinem ältesten Sohn, um ihnen den Ernst der Lage klarzumachen und die Notwendigkeit, legale und finanzielle Vorkehrungen zu treffen, bevor der Tod eintrat.
    »Es besteht wenig Hoffnung, fürchte ich«, sagte ich abschließend. Doch es ist schwer, in solchen Zeiten praktisch zu denken. Sie hatten bereits das Schlimmste erkannt und waren in ihrer Verzweiflung kaum in der Lage, meine Ratschläge aufzunehmen. Ich ließ sie schweigend und benommen zurück und ging durch die Hintertür in den ummauerten Garten.
    Dort sah ich Gregor neben einem alten Birnbaum warten. Tiefhängende Wolken kündigten weiteren Schneefall an. Da er nicht aufsah, selbst als ich schon dicht bei ihm war, nahm ich an, er sei ins Gebet vertieft.
    Während ich mich also in Geduld faßte, fiel mir ein, daß dies das erste Mal war, daß wir seit Estelles Tod allein zusammen waren. Unwillkürlich haben wir einander gemieden.

    »Ich hatte nicht erwartet, dich hier zu treffen«, sagte ich nach einem Räuspern.
    »Und ich bin froh, dich hier zu treffen.«
    »Haben sie den Priester nicht ein wenig zu früh gerufen?« fragte ich ihn mit einem Lächeln. »Das zeugt nicht gerade von großem Vertrauen in meine Fähigkeiten.«
    Ich war froh, als er lachte. Wir hatten den beiläufigen, zwanglosen Tonfall jener Leute angenommen, die von Berufs

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