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Das geheime Leben des László Graf Dracula

Das geheime Leben des László Graf Dracula

Titel: Das geheime Leben des László Graf Dracula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roderick Anscombe
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man abgestumpft in seinen Gefühlen.
    »Aber was ist es dann?« fragte er.
    »Typhus.«
    »Typhus!«
    »Dr. Czernin war eines der ersten Opfer. Wußten Sie das nicht?«
    Theissen war blaß geworden und warf unwillkürlich einen Blick auf die Tasse, die ich gerade an die Lippen führte, und auf das Messer und den Teller auf dem Tisch. »Typhus ist sehr ansteckend, nicht wahr ?« Ich sah, daß er im stillen bereits überlegte, wie er diese verseuchten Gegenstände säubern sollte.
    »Sie müssen den Leuten sagen, daß sie ihr Wasser abkochen müssen. «
    »Und wenn wir das tun, werden wir dann vor dem Virus sicher sein?« fragte er hoffnungsvoll, vertrauensvoll wie ein Kind.
    »Nicht völlig. Die Leute leben sehr eng aufeinander, und das Abwasser ist in die Brunnen gesickert. Wenn sie nur abgekochtes Wasser trinken, ist das schon ein gewisser Schutz vor der Infektion, aber die Krankheit kann auch durch Nahrung verbreitet werden oder durch unsauberes Kochgeschirr.«
    »Und durch Berührung?«
    »Ganz sicher durch intimen Kontakt.«
    »Aber durch etwas Beiläufiges – ein Händeschütteln zum Beispiel?«
    »Das können wir nicht ausschließen.«
    »Auf jeden Fall müssen wir eine Panik verhindern...«
    »Aber die Leute müssen so schnell wie möglich über die Gefahren aufgeklärt werden. Das ist Ihr Verantwortungsbereich. Sie müssen tun, was Sie für richtig halten.«
    Als ich ging, waren wir übereingekommen, daß er am nächsten Mittag im Rathaus eine Versammlung einberufen würde, an der alle Bürger teilnehmen konnten und auf der ich eine kurze Erklärung zu den präventiven Maßnahmen abgeben werde. Allerdings würde ich keine Fragen aus dem Publikum beantworten, denn eine solche Prozedur weckt mehr Ängste, als man je austreiben kann, und würde die schwelende Katastrophenstimmung erst recht entfachen.

    ABEND

    Als wir beim Mittagessen saßen, kam ein Zigeunerjunge auf einem ungesattelten schwarzen Pferd in den Hof getrabt. Er verlangte, daß man mich holte, und Brod, der in bezug auf diese Leute abergläubisch ist, kam etwas verlegen in das Eßzimmer und räusperte sich mit ungewöhnlichem Nachdruck.
    Ich sah mich irritiert um, was Brod als eine Erlaubnis zum Sprechen auffaßte.
    »Ein junger Mann möchte Sie sprechen, Herr Graf«, meldete er.
    »Na schön«, erwiderte ich und wandte mich wieder meinem Teller zu.
    »Bitte richten Sie ihm aus, er soll warten«, sagte Elisabeth.
    Aber Brod machte keine Anstalten zu gehen. Zweifellos fürchtete er sich vor dem bösen Blick, wenn er ohne mich in die Küche zurückkam.
    »Er sagt, es sei sehr dringend, Herr Graf«, murmelte er entschuldigend.
    »Also wirklich!« sagte Elisabeth und warf ihre Serviette auf den Tisch, eine ungewöhnliche Geste der Verärgerung, die mich nicht wenig verblüffte. »Das ist ja nicht zu glauben! Der Graf war die halbe Nacht auf den Beinen, um diese Leute zu versorgen... Soll er denn nicht mal mehr beim Essen seine Ruhe haben?«
    Ich war ebenso von ihrer Besorgnis gerührt wie von diesem seltenen Temperamentsausbruch um meinetwillen. Wenn Elisabeths puritanische Auffassung es noch zuließ, mein Wohlergehen zu verteidigen, dann mußte sie mir wohl die Möglichkeit einer Rehabilitation zubilligen, so abwegig dies auch scheinen mochte.
    »Wer weiß?« seufzte ich. »Es könnte um Leben und Tod gehen. Ich mache mich mal lieber auf den Weg. Mein Mittagessen ist da vielleicht nicht so wichtig.«

    Elisabeth bedachte mich mit einem verklärten Blick, aber im inneren Nachhall meiner Worte hörte ich deutlich die Scheinheiligkeit heraus und verzweifelte an mir selbst.
    Der Zigeunerjunge ritt wie ein Teufel, während wir den Hügel zur Stadt hinunterhetzten. Er war so tollkühn, wie es nur ein Zwölfjähriger sein kann. Ich wagte kaum, mit ihm Schritt zu halten, obwohl Sabbat mehr als bereit war, Hals über Kopf den steilen Hang hinunterzurasen. Der Junge leitete mich in gestrecktem Galopp mitten durch die Stadt, und das Klappern der Pferdehufe auf den Pflastersteinen hallte die schmalen Gassen hinunter, als eine Warnung an alle, den Weg freizugeben. Staunende, erschrockene Gesichter folgten verschwommen unserem Ritt, und dann waren wir plötzlich im Freien, auf dem Marktplatz, wo die Leute panisch auseinanderstoben und Kutscher auf ihre Gespanne einhieben, um ihre Wagen in Sicherheit zu bringen.
    Ich rief dem Jungen zu, um Himmels willen langsamer zu reiten, denn der Anblick des Grafen in fliegendem Ritt durch die Stadt konnte sich nur nachteilig

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