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Das geheime Leben des László Graf Dracula

Das geheime Leben des László Graf Dracula

Titel: Das geheime Leben des László Graf Dracula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roderick Anscombe
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Stadium der Lungenentzündung zu erwarten wäre, und als ich wieder seinen Bauch abtastete, schien die vergrößerte Milz mir noch geschwollener. Ich begann mich mit wachsendem Schrecken zu fragen, ob ich mich vielleicht in der Diagnose geirrt haben könnte.
    Mari erkannte, daß das Ende nahe war. Sie ist eine gutaussehende Frau mit stahlgrauem Haar und ausgeprägten Gesichtszügen, und zuerst war sie mir streng und reserviert vorgekommen, aber das war ein Fehler, denn im weiteren Verlauf der Nacht offenbarte sie sich als eine stille, großzügige Seele, die ihre Gefühle nur aus Bescheidenheit im Zaum hielt. Sie fragte, ob sie sich zu mir an sein Bett setzen dürfe, und ich stimmte zu, da es nichts mehr gab, was ich für den Patienten tun konnte, als Nachtwache zu halten. Sie schickte ihre Töchter zu Bett und harrte geduldig neben ihm aus, seine Hand haltend, und ich fand, daß er friedlich aussah.
    So saßen wir die ganze Nacht und tauschten hin und wieder ein paar Worte, mit langen Perioden des Schweigens dazwischen, während derer wir unseren eigenen Gedanken nachhingen. Sie erzählte mir, Czernin habe sie und ihre Tochter bei sich aufgenommen, nachdem sie Witwe geworden war. Sie war mit einem Angehörigen des Regiments verheiratet gewesen; er sei die Ordonnanz des Doktors gewesen, sagte sie zur Erklärung ihrer gegenwärtigen Umstände –
    sie brauchte nicht hinzuzufügen, daß der Standesunterschied unüberbrückbar gewesen war. Folglich hat sie nun keinen größeren Anspruch auf seinen Besitz als jeder andere Bedienstete und wird nach seinem Tod das Haus verlassen müssen, um von einer kleinen Pension zu leben. Anscheinend gibt es in Galizien einen Neffen, der sich nie um Czernin gekümmert hat, aber dennoch das Haus mitsamt der ganzen Einrichtung erben wird. Sie erzählte mir all dies ohne Ver-bitterung, ohne jeden Versuch, mein Mitleid zu erregen.
    »Er war ein guter Mensch«, sagte sie, und zum erstenmal stiegen Tränen in ihren Augen auf.
    »Ein wahrhaft großherziger Mensch«, murmelte ich verlegen. Die Tränen schienen so schmerzhaft für sie, daß ich Angst hatte, was passieren würde, wenn sie ihnen freien Lauf ließ. Sie schüttelte den Kopf und lächelte, tapfer bemüht, sich zu beherrschen.
    Gegen Morgen fing Czernin an, verständlicher zu reden. Bald wurde mir klar, daß sein abgehacktes Gestammel privater Natur war und Intimitäten seines Lebens mit Mari betraf. Ich entschuldigte mich, stand auf und ertastete mir den Weg durch den schmalen Flur, fand die Haustür und trat hinaus in die kalte Morgenluft.
    Ich war übernächtigt, aber munter, und die frische Morgenluft wirkte als belebendes Elixier nach der muffigen Enge des Krankenzimmers. Ich fühlte neuen Ansporn, mich auf meine wahre Berufung zu besinnen. Ich wußte, daß ich dienen mußte. Von nun an würde die Erschöpfung mein Verbündeter sein, mein Schutz vor den Verlockungen der Phantasie. Der Schmutz und der Gestank, die das Los des Landdoktors sind, sollten meinen Willen zur Demut bekräftigen, und die Dankbarkeit des einfachen Volkes sollte meine einzige Belohnung sein. Es war ein mönchisches Dasein, dem ich mich verschwor, und wenn dabei eine gewisse Verstiegenheit im Spiel war, dann lag dies am Wesen der Bekehrung.
    Als ich zu Czernins Haus zurückkam, stand Mari in dem dunklen Flur. »Es ist vorbei«, sagte sie.
    Sie schluchzte und schien zu schwanken. Ich fing sie unwillkürlich auf und hielt sie, während sie ungehemmt an meiner Schulter weinte. Vielleicht war es der fehlende Schlaf, oder vielleicht hatte die gemeinsame Nachtwache auch eine gewisse Verbundenheit zwischen uns aufkommen lassen – jedenfalls erschien es mir ganz natürlich, sie festzuhalten, bis sich ihr Schluchzen legte.
    »Entschuldigen Sie«, sagte sie schließlich und trat einen Schritt zurück. Ihr Gesicht war rot gefleckt. Für manche Leute ist ein Tränenausbruch fast zu herzzerreißend, um ihn ertragen zu können.
    »Ich wünschte, ich könnte Ihnen mehr Trost spenden«, stammelte ich.
    »Nein. Sie waren schon zu gut zu mir.«
    Sie hatte sich in sich selbst zurückgezogen, mit einer grimmigen Entschiedenheit, die es mir nicht gerade leichter machte, die richtigen Worte zu finden. »In solchen Momenten ist es schwer, sich um praktische Dinge zu kümmern«, begann ich. »Ich hoffe, Sie fühlen sich nicht beleidigt...«
    »Wir können für uns selbst sorgen.«
    »Ich weiß, daß Sie das können. Es soll keine Wohltätigkeit sein – das kann ich Ihnen

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