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Das geheime Leben des László Graf Dracula

Das geheime Leben des László Graf Dracula

Titel: Das geheime Leben des László Graf Dracula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roderick Anscombe
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gewissenhaft voneinander trennen.«
    Von derlei Spitzfindigkeiten wollte Kraus nichts wissen. Er hatte die Spur seiner Beute aufgenommen. »Sparen Sie sich Ihre Belehrungen«, knurrte er.
    »Jetzt ist der gesunde Menschenverstand gefragt.«
    Ich fuhr mit der Scharade fort. »Auf jeden Fall ging der Bursche eilig durch die Stadt, als wüßte er genau, wohin er wollte, vorbei am Bahnhof und die Eisenbahnschienen entlang, bis er zu der Heide kam. Dort konnte ich mich im Schutz der Büsche näher heranschleichen. Er ging geradewegs zum Fundort von Theresas Leiche.«
    Kraus wurde so unruhig, daß ich schon fürchtete, er würde Brod auf der Stelle verhaften wollen. Aber ich wollte ihm den Mund noch etwas wäßriger machen.
    »Als er die Stelle erreichte, ließ er sich auf Hände und Knie nieder. Er schien etwas zu suchen. Aber ich glaube nicht, daß er es fand, denn er fluchte ununterbrochen vor sich hin. Ich wollte dichter heran, aber ein Rascheln schreckte ihn auf, und er lief davon. Weil er sich die ganze Zeit über die Schulter umsah, hielt ich es für das klügste, die Verfolgung aufzugeben.«
    »Das ist alles?« fragte Kraus ungeduldig.
    »Leider ja.«

    Ich muß ein bißchen gereizt ausgesehen haben. »Nein, Sie waren außerordentlich hilfreich«, beeilte Kraus sich mir zu versichern. Seine Augen schössen hin und herein untrügliches Zeichen dafür, daß er im Kopf die verschiedenen Möglichkeiten durchspielte. »Wir müssen das Gebiet durchsuchen, in dem das Mädchen ermordet wurde. Zentimeter für Zentimeter.«
    »Ich dachte, das hätten Sie schon getan«, sagte ich mit unschuldiger Miene.
    »Natürlich haben wir das!« fuhr er mich an, kaum fähig, seine Nervosität zu verbergen. Wenn er dort eine Spur fand, könnte er den Fall vielleicht klären, aber der Polizeichef würde wissen wollen, warum sie ihm vorher entgangen war. »Wir werden unsere Bemühungen verdoppeln, das ist alles. Wenn er etwas gesucht hat, dann gibt es dort auch irgend etwas zu finden.«
    »Darf ich einen Vorschlag machen?« fragte ich mit sanfter Stimme.
    Er stieß einen gequälten Seufzer aus. Er hatte keine andere Wahl, als mich bei Laune zu halten. »Ja«, sagte er.
    »Warum lassen wir nicht ihn es finden?«
    »Was?« Er glotzte mich entgeistert an.
    »Wer immer er ist. Was immer er verloren hat. Warum lassen Sie nicht ihn es finden? Er weiß, wonach er sucht; wir nicht. Es könnte ein Beweismittel sein, aber uns würde es vielleicht gar nicht auffallen.«
    Er setzte ein verkniffenes Lächeln auf. »Raffiniert«, sagte er ohne Wärme, und ich wußte, daß er sich in Grund und Boden ärgerte, weil er nicht selbst darauf gekommen war. »Sie schlagen vor, daß wir uns einfach auf die Lauer legen?«
    »Genau. Ich könnte mich mit Ihnen um, sagen wir, Mitternacht, an der Stelle treffen?«
    »Das müßte reichen. Ich werde ein oder zwei Stunden vorher ein paar Polizisten aufstellen, nur für den Fall.«
    »Noch etwas!«
    »Ja?« fragte er leicht gereizt. Er hatte es eilig, der neuen Fährte nachzujagen, die ihn weiter denn je von der Wahrheit fortführte.
    »Er könnte bewaffnet sein.«
    »Ich glaube, ich verstehe etwas von meinem Handwerk«, erwiderte Kraus steif.
    »Ich vertraue Ihnen völlig.«
    »Also gut. Um Mitternacht.« Er stand schon in der Tür, als ihm plötzlich noch etwas einfiel. »Sie sind sicher, daß er nichts dabeihatte? Sie haben nichts in seinen Händen gesehen?«
    »Nein, nichts in seinen Händen. Das soll aber nicht heißen, daß er keine Waffe mit sich trug. Er hatte einen ziemlich weiten Mantel an. Darunter hätte so gut wie alles Platz gehabt.«
    »Ich dachte an eine Laterne. Merkwürdig, daß er für die Suche kein Licht mitnahm.«

    NACHT

    Ich traf die Damen beim Tee im Salon an. Stephanie fühlte sich unpäßlich und hatte sich auf ihr Zimmer zurückgezogen, und Lothar war wieder einmal ohne ein Wort der Erklärung verschwunden: Anscheinend befand weder er noch sonst jemand es für nötig, sich über sein Verhalten zu äußern, und so hatten wir uns eben daran gewöhnt, daß er sich alle paar Tage in nichts auflöste.
    »Ich glaube, Stephanie ist ganz schrecklich in Sie verliebt, László«, sagte Nicole neckend, obwohl ich fand, daß ihr Lachen hohl klang.
    »Unsinn«, erwiderte ich galant. Ich hatte Angst, Elisabeth anzusehen und ihre Reaktion abzuschätzen. Zu meinem Schrecken war ich rot angelaufen.
    »Nun, ich glaube, Sie müssen zugeben, daß es ein bißchen mehr als einfache Zuneigung ist«, fuhr Nicole

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