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Das geheime Verlangen der Sophie M.

Das geheime Verlangen der Sophie M.

Titel: Das geheime Verlangen der Sophie M. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Morgan
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interessantesten Menschen sei, die er in vielen Jahren getroffen hatte. Dass ich ihn zum Lachen brächte, dass er es ehrlich genossen hätte, mit mir zusammen zu sein. Er sagte all diese charmanten Dinge, die ich in meinem Kopf abspeicherte, damit ich sie an schlimmeren Tagen, wenn ich mich wie ein Stück Dreck fühlte, wieder aufrufen könnte. Doch als ich mich innerlich schon auf das große Aber vorbereitete, das erklärt hätte, warum er trotz all dieser Superlative weggerannt war, als seien die Höllenhunde hinter ihm her, sagte er etwas, das mich verwirrt aufblicken ließ, denn ich dachte, ich hätte mich verhört.
    »Je mehr ich dich mag, je mehr Zeit wir zusammen verbringen, desto schwerer fällt es mir, dich zu dominieren, dich zu verletzen, Sophie. Am Anfang wurde ich steif, wenn wir gespielt haben und ich die Angst in deinen Augen gesehen, dein Jammern
gehört habe. Aber jetzt macht es mich fertig. Und das tut mir leid.«
    Es tat ihm leid? Ich war außer mir. Es klang nicht so, als würde es ihm leidtun, aber dafür würde ich gleich sorgen.
    »Du bist ein Idiot. Weißt du das?« Er blickte erstaunt auf. Ich weiß nicht, wie viele Leute ihn je so genannt hatten. Vielleicht war das ein Teil seines Problems. »Wie konntest du so blöd sein, ausgerechnet du mit deinem Einfühlungsvermögen, der du meine Reaktionen voraussehen kannst wie kein anderer Mann, der sich damit brüstet zu wissen, was mich scharf macht? Wie konntest du denn nicht wissen, dass mich das, was du mit deiner Gedankenlosigkeit, deiner Feigheit, deinem Schweigen angerichtet hast, mehr verletzt hat als alles, was du mir je mit deinen Händen oder mit sonst etwas körperlich antun könntest?«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich weiß, ich weiß …« Und verstummte.
    Was sagt man in einer solchen Situation? Nach meinem ersten Wortschwall sagte ich sehr wenig. Denn wenn ich mich hingesetzt und eine Liste der möglichen Gründe für seinen Rückzug erstellt hätte, wäre dieser Grund bestimmt nicht unter den ersten hundert gewesen. Ich kam mir vor wie in einem schlechten Film. Später sollte ich widerwillig anerkennen, dass er mit etwas angekommen war, das selbst mir mit meiner überbordenden Fantasie niemals in den Sinn gekommen wäre, aber nun war ich still. Perplex. Und während er weiterredete und sich wieder und wieder entschuldigte und so verlegen war, als müsste er zugeben, dass er unter frühzeitigem Samenerguss litt, ließen meine Wut und meine Trauer nach, und er tat mir nur noch leid. Er sah wirklich so aus, als müsse man ihn in den Arm nehmen und ihm sagen, dass alles gut wird.
    Wir schwiegen eine Weile. Dann kam mein Gehirn wieder
in Gang, und ich fragte ihn, warum dies zuvor kein Problem gewesen sei.
    Er fuhr sich durchs Haar und sagte, er habe noch nie jemanden so gewalttätig dominiert wie mich. Er habe mich mehr respektiert als jede andere, mit der er früher gespielt hatte, denn ich sei fähiger, sei ihm ebenbürtig. Theoretisch mache es ihn noch immer an, mich zu dominieren, deshalb spielte er auch so gern per Mail, aber im persönlichen Kontakt fiel es ihm immer schwerer, meinen finsteren Blick oder meine tränenerfüllten Augen zu sehen. Wieder entschuldigte er sich  – immer wieder, so lange, bis ich ihn einfach umarmte und wir schweigend weitertranken. Ich war noch immer wütend, nicht zuletzt, weil er einfach nicht zu verstehen schien, dass sein Verhalten in den vergangenen Wochen mich mehr verletzt hatte als eine Gerte, ein Kochlöffel oder sonst etwas, das er mir auferlegen könnte, und dass sich durch eben sein Verhalten zwischen uns alles derart verändert hatte, dass ich nicht sicher war, ob man es wieder reparieren konnte. Aber zumindest wusste ich jetzt, was Sache war. Ich konnte es langsam begreifen.
    Er starrte eine Weile in seine Tasse, während ich meine Gedanken ordnete. Ich wusste nicht, ob meine Worte noch eine Rolle spielten, aber nun hatte ich das Gefühl, dass das letzte Puzzleteilchen an seinem Platz war und dass James vielleicht hören sollte, was ich zu sagen hätte, auch wenn es mir schwerfiel. Plötzlich war ich diejenige, die Nerven zeigte und zögerte. Es war verrückt, dass wir uns diese grundlegenden Dinge nie persönlich gesagt, sondern nur  – ich? Wir?  – gefühlt hatten. Ich war noch nie so verletzlich gewesen, auch nicht, wenn ich hilflos geweint hatte und an meine Grenzen gebracht worden war. Schließlich machte ich den Mund auf, meine Stimme war leise und dummerweise

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