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Das Geheime Vermächtnis

Das Geheime Vermächtnis

Titel: Das Geheime Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Webb
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verschüchtert. Ihre Mutter lehnte sich wieder in dem Sessel zurück und presste die Lippen zu einem blutleeren Strich zusammen. Meredith nahm ihren Mut zusammen. »Aber Mama, warum darf ich nicht mit ihnen spielen?« Ihr Herz hämmerte ob ihres eigenen Wagemuts.
    »Weil sie Abschaum sind! Zigeuner, Landstreicher, Verbrecher! Sie sind Diebe und Lügner, und sie sind hier nicht willkommen – und du darfst nicht in ihre Nähe gehen! Niemals! Hast du verstanden?« Ihre Mutter schnellte in ihrem Sessel nach vorn wie eine knallende Peitsche und packte Merediths Handgelenk so fest, dass es wehtat. Meredith nickte furchtsam.
    »Ja, Mama«, flüsterte sie.
    Sie sind hier nicht willkommen. Meredith nahm sich diese Worte zu Herzen. Als sie die Dinsdales das nächste Mal beobachtete, wurde ihre Sehnsucht zu Neid, und statt mit ihnen spielen und ihr fröhliches Leben teilen zu wollen, wünschte sie sich nun, dass sie dieses fröhliche Leben nicht haben sollten. Sie beobachtete sie jeden Tag, und mit jedem Tag wuchsen ihr Ärger und die Traurigkeit in ihrem Inneren, bis es ihr irgendwann so schien, als machten die Dinsdales sie traurig. Sie und ihre Mutter. Wenn sie dafür sorgen könnte, dass sie weggingen, so dachte sie, würde ihre Mutter sich freuen. Ja, sie würde sich ganz bestimmt freuen.
    An einem heißen Sommertag im Jahr 1918 hörte Meredith die Dinsdale-Kinder am Grundwasserweiher spielen. Sie schlich sich näher heran, durch den gesprenkelten Schatten unter den Bäumen, blieb dann hinter dem glatten Stamm einer Buche stehen und sah zu, wie sie ins Wasser sprangen und wieder herauskletterten. Das sah aus, als würde es riesigen Spaß machen – allerdings war Meredith noch nie geschwommen, somit konnte sie es nicht sicher wissen. Aber sie wünschte so sehr, sie könnte es einmal probieren. Ihre Haut juckte bei dieser Hitze, und der Gedanke an all das klare, kühle Wasser überall um sie herum war so verführerisch, dass sie schwach wurde. Die Dinsdales schleuderten Fontänen glitzernder Tröpfchen ins Wasser, und Meredith fiel auf, wie trocken ihr Mund war. Die Haut des Jungen war viel dunkler als die seiner Schwester. Sie hatte die Farbe von Nüssen, und sein zotteliges Haar war pechschwarz. Er neckte das Mädchen und tauchte es unter Wasser, doch Meredith sah, dass er insgeheim gut aufpasste und darauf achtete, dass sie noch lachte, ehe er sie wieder unter Wasser drückte.
    Sie beugte sich vor, um besser sehen zu können, und er starrte dann auf der Stelle. Die Dinsdales hatten sie entdeckt. Zuerst der Junge, der aus dem Wasser geklettert war und am Ufer stand, während Wasser von den Säumen seiner kurzen Hose troff. Dann das Mädchen, das im Kreis herumpaddelte, um zu sehen, was ihr Bruder so anstarrte.
    »Hallo«, sagte der Junge zu ihr, ganz beiläufig und freundlich, obwohl Meredith glaubte, das Herz würde ihr gleich in der Brust zerspringen. »Wer bist du?«
    Meredith war erstaunt, dass er das nicht wusste, weil sie das Gefühl hatte, die Dinsdales so gut zu kennen. Es empörte sie, dass diese Kinder nicht wussten, wer sie war. Sie stand stocksteif und atemlos da und wusste nicht, ob sie bleiben oder davonlaufen sollte.
    »Meredith«, flüsterte sie nach langem, unbehaglichem Schweigen.
    »Ich bin Maria!«, rief das Mädchen vom Wasser aus, während ihre Arme hastig unter der Oberfläche strudelten.
    »Und ich bin Flag. Willst du nicht reinkommen und schwimmen? Dir passiert schon nichts«, sagte der Junge. Er stemmte die Hände in die Hüften und musterte sie mit zur Seite geneigtem Kopf. Seine nasse Haut glänzte über den Rundungen seiner Arme und Beine, und flüssiges Licht tanzte in seinen Augen. Meredith war beinahe zu verschüchtert, um ihm zu antworten. Sie fand ihn wunderschön und wusste nicht, was sie sagen sollte.
    »Was ist denn das für ein Name, Flag ?«, fragte sie hochmütig, obwohl sie es gar nicht so meinte.
    »Mein Name«, antwortete er gelassen. »Wohnst du da oben in dem großen Haus?«
    »Ja«, antwortete sie, immer noch um Worte verlegen.
    »Also«, fuhr Flag nach einer Pause fort, »möchtest du jetzt mit uns schwimmen oder nicht?«
    Meredith spürte, wie ihre Wangen brannten, und senkte den Kopf, um es zu verbergen. Sie durfte nicht schwimmen. Sie hatte es auch noch nie getan – aber die Versuchung war zu groß, und, so sagte sie sich, wer würde es je herausfinden?
    »Ich … ich kann nicht schwimmen«, musste sie gezwungenermaßen zugeben.
    »Dann planschst du eben ein bisschen.

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