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Das Geheimnis der 100 Pforten

Das Geheimnis der 100 Pforten

Titel: Das Geheimnis der 100 Pforten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N D Wilson Dorothee Haentjes
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etwas. Der andere Mann wollte Henry ergreifen.
    Mit einer ruckartigen Bewegung zog Henry sein eigenes kleines Messer hervor. Die beiden Männer machten einen Satz zurück. Der Mann mit dem langen Messer stolperte und stürzte. Den anderen Mann traf Henry am Kopf, allerdings mehr mit der Faust als mit der Klinge. Dann sprang er hinter den Vorhang und war froh, dass Richard verschwunden war. Er ging auf die Knie und kroch, mit einer Hand am Seil, so schnell er konnte zurück in Großvaters Zimmer. Sobald er dort ankam, warf er sich auf den Boden, riss das Seil an sich und schloss die Tür. Richard stand mit offenem Mund neben ihm.
    »Du musst ganz still sein«, sagte Henry und drückte ihm das Messer in die Hand. »Lass keinen durch! Ich bin gleich zurück.« Auf Zehenspitzen lief Henry aus dem Zimmer und schnurstracks die Treppe hinauf. Nachdem er die Kompass-Schlösser auf eine leere Kombination eingestellt hatte, schlich er so schnell er konnte wieder nach unten. Richard wartete auf ihn. Er war bleich wie der Mond.
    »Eine Hand wollte die Pforte aufdrücken, aber ich habe dagegengetreten.« Richard deutete auf das Fach. »Ich habe sie wieder zugemacht.«

    Henry ging in die Knie, öffnete vorsichtig das Fach und sah hinein. Die Hand lag auf dem Boden vor der Rückwand. Einen dazugehörigen Arm gab es nicht.
    »Oh, nein!«, rief Henry aus.
    »Was ist denn?«, fragte Richard und beugte sich vor, um etwas sehen zu können.
    Henry holte tief Luft. »Ich habe ihm die Hand abgetrennt.«
    »Wie das denn?«
    »Als ich die Einstellung verändert habe.«
    Richard schluckte. »Und was machst du jetzt damit?«
    Henry dachte einen Moment nach. »Ich glaube, ich sollte sie zurückgeben.«
    »Na ja, aber es ist doch nicht deine Schuld.«
    »Weiß ich«, antwortete Henry. »Aber ich habe keine Lust, sie hinter dem Haus vergraben zu müssen, oder so. Vielleicht können sie sie ja wieder anbringen. Pass auf! Du bleibst hier sitzen und ich gehe hoch und stelle das Fach wieder um. Nur für eine Sekunde. Sobald du die Rückwand nicht mehr sehen kannst, schiebst du die Hand mit deinem Fuß nach hinten, verstanden? Das darf nicht länger dauern als eine Sekunde. Du musst also schnell sein.«
    »War … äh, warte mal. Bist du auch sicher?«, fragte Richard.
    »Ja. Halt dich bereit!« Henry lief wieder aus dem Zimmer
und unter Knarzen die Treppe hinauf. Er rechnete fest damit, dass er jemanden aufwecken würde, aber das war ihm im Moment egal. Vor der Wand mit den Fächern holte er tief Luft, dann stellte er die Schlösser noch mal auf »Carnassus«. Er zählte bis zwei, drehte erneut an den Knöpfen und lief zurück nach unten. Es war kein Geschrei zu hören, darum dachte er, dass es wohl geklappt haben musste.
    »Das war ja ekelhaft«, sagte Richard.
    »Hat es denn funktioniert?«
    »Ja, aber du hast mir die Schuhspitze abgeschnitten.« Henry sah hinab auf Richards edlen Lederschuh. Am äußersten Rand der Kappe fehlte ein Streifen von etwa zwei Millimetern Breite.
    »Warum bist du mir gefolgt? Du musst wieder zurück!«, fragte Henry.
    »Warum?«
    »Weil du hier nicht bleiben kannst.«
    »Warum nicht?«
    »In diesem Haus weiß niemand, dass ich an andere Orte gelangen kann«, begann Henry. »Und außerdem ist meine Cousine verschwunden und ich muss sie heute Nacht noch wiederfinden. Möglicherweise steckt sie in furchtbaren Schwierigkeiten. Und falls nicht, können immer noch wir in welche geraten.«
    »Ich kann dir doch beim Suchen helfen.« Richard hob
die Hand und fummelte nervös an seiner dicken Unterlippe herum.
    Henry schüttelte den Kopf. »Du musst zurück!«
    »Ich wüsste nicht, warum«, antwortete Richard. Er ging zum Bett und setzte sich darauf. »Wer schläft hier?«
    »Niemand hat dich gebeten hierherzukommen«, stellte Henry fest.
    »Dich hat ja auch niemand darum gebeten, in meiner Uhr aufzutauchen. Ich hätte dich übrigens auch darinlassen können. Wer schläft hier?«
    »Dies war das Zimmer meines Großvaters.« Henry verschränkte die Arme. »Er ist tot. In diesem Bett schläft niemand mehr.«
    »Dann bleibe ich hier.« Richard grinste. »Du brauchst es deinen Eltern ja nicht zu sagen.«
    »Das Haus gehört meiner Tante und meinem Onkel.«
    »Dann musst du es denen eben nicht sagen.«
    »Nein«, sagte Henry.
    Richard zog die Nase hoch. »Dann lass mich wenigstens mit nach deiner Cousine suchen«, meinte er. »Ich gehe zurück, wenn die Nacht um ist.«
    Henry sah in das blasse Gesicht des Jungen.
    »Ich stelle

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