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Das Geheimnis der 100 Pforten

Das Geheimnis der 100 Pforten

Titel: Das Geheimnis der 100 Pforten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N D Wilson Dorothee Haentjes
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hinterlassen.
    »Blake!«, schrie Henry. »Sei brav! Kusch! Lauf nach Hause oder sonst wohin. Aber wir müssen jetzt Henrietta suchen!« Er hielt seine zerkratzte Hand an die Lippen.
    Richard schob sich nervös neben Henry. »Vielleicht ist sie gar nicht hier?«, meinte er.
    »Wenn der Kater hier ist, ist sie auch da«, sagte Henry. »Ist doch klar.«
    »Könnte es sein, dass der Kater uns gefolgt ist?«, fragte Richard.
    Henry seufzte. Seine Enttäuschung wandelte sich in Verzweiflung. Möglicherweise hatte Richard recht. Und wenn Richard recht hatte, dann war Henrietta vielleicht für immer verloren. »Ich wünschte, du wärst ein Hund«,
sagte er zu Blake. »Wo ist Henrietta?« Er stieß einen Pfiff aus. »Such Henrietta!«
    Blake sah ihn beleidigt an, sprang aber mit in die Höhe gerecktem grauen Schwanz von der Mauer und lief zurück zum Baum.
    Henry atmete die Luft von Badon so tief ein, wie er nur konnte, und lauschte darauf, wie der Wind durch unzählige Blätter fuhr und sie streichelte. Er wehte nur sanft, aber das Rauschen, mit dem er die Blätter umschmeichelte, war stark und gleichmäßig wie das eines großen Gewässers. Es fühlte sich gut an. Henry roch das Moos und die weiche Erde und den Sonnenschein. Seine Knochen kribbelten vor … vor … er wusste nicht, was es war. War es Magie? Oder Erinnerung? Er konnte seinen Blick nicht auf eine Stelle konzentrieren. Seine Augen jagten immerzu einer Bewegung nach … einer Bewegung, die sie nicht richtig erfassen konnten. Sie versuchten, den Wind zu fangen.
    Hier bin ich gerne, dachte Henry. Warum kannst du nicht hier sein, Henrietta? Bestimmt bist du irgendwo, wo es furchtbar ist.
    Henry wandte sich um und sah, wie sich Richards dünne Beine in die Spalte des Baumes arbeiteten. Blake war schon verschwunden. Er seufzte noch einmal, dann machte er sich widerwillig auf den Weg.

ZWÖLFTES KAPITEL
    H enrietta war die Dachbodentreppe hinuntergelaufen, auf dem Flur aber nicht auf ihren Vater gestoßen. Kein Lichtstrahl drang unter der Badezimmertür hindurch. Großvaters Tür stand noch offen und das Licht brannte. Entweder hatte ihr Vater im Schlafzimmer das polternde Geräusch ausgelöst und war noch nicht herausgekommen, oder er war schon herausgekommen, hatte das Licht in Großvaters Zimmer gesehen und war hineingegangen, um eine Erklärung dafür zu finden.
    Auf Zehenspitzen lief Henrietta über den Flur zu der einen Spaltbreit offen stehenden Tür. Sie lugte hindurch und sah ihn gerade aus ihrem Blickfeld verschwinden. Das Herz rutschte ihr in die Hose. Sie wusste, dass ihre Chance auf die Erlaubnis, Großvaters Notizbücher und den Schlüssel jemals behalten zu dürfen, in diesem Moment vertan war. Aber sie war ein mutiges Mädchen, darum wappnete sie sich für das unumgängliche Gespräch.
Sie setzte ein Lächeln auf und atmete tief durch. Dann betrat sie das Zimmer.
    Was sie sah, verschlug ihr die Sprache. Ihr Mund klappte zwar auf, aber sie brachte kein Wort heraus. Sie sah den Rücken eines kleinen, alten - sofern das weiße Haar, das über seine Ohren fiel, die Wahrheit verriet - und so gut wie kahlköpfigen Mannes. Er trug genau die Art von Jacke, wie Henrietta sie bei alten Männern für typisch hielt: eine braune Wolljacke mit schlecht aufgesetzten Flicken an den Ellenbogen. Er betrachtete das Bücherregal, fummelte an den Rücken der am ältesten aussehenden Bücher herum und murmelte etwas vor sich hin.
    Es gibt keine Regel dafür, wie sich junge Mädchen zu verhalten haben, wenn sie kleine alte Männer dabei erwischen, wie sie in einem ohnehin schon geheimnisvollen Zimmer herumkramen. Henrietta gab ihr Bestes.
    »Entschuldigung«, sagte sie leise.
    Der alte Mann fuhr herum und warf dabei eine Reihe alter Bücher zu Boden. Im Verhältnis zu seinem Kopf war sein Gesicht klein. Er hielt das Glas einer zerbrochenen Brille vor sein linkes Auge. Einen Moment lang starrte er Henrietta an. Sie versuchte zu lächeln. Dann ging er schneller zu Boden, als Henrietta dies für möglich gehalten hätte. Sie wollte ihn gerade fragen, ob ihm
etwas fehlte, aber er öffnete das Fach am Fuß des Bücherregals und schlüpfte hinein.
    »Halt! Warten Sie!«, rief Henrietta. »Ich will doch bloß mit Ihnen reden.« Sie sprang ihm nach und packte ihn am Fuß. Er trat ihr in den Bauch und sie zog ihm den Schuh aus. Sie schnappte nach Luft und plumpste zu Boden, während sie den Fuß des alten Mannes im Fach verschwinden sah.
    Henrietta zögerte. Noch eine magische

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