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Das Geheimnis der 100 Pforten

Das Geheimnis der 100 Pforten

Titel: Das Geheimnis der 100 Pforten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N D Wilson Dorothee Haentjes
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zwischen den Fingern fest. Dann schob er es sich in den Mund und lächelte.
    Henry ballte die Fäuste. »Haben Sie meine Cousine geholt? Ich bin auf der Suche nach ihr.«
    Der alte Mann lachte. »Sie ist verschwunden? Du bist verschwunden? Ob sie kommen wird, um dich zu suchen? Oder vielleicht eher dein Vater? Wie kommt es, dass du den Weg gefunden hast?«
    »Ich weiß gar nicht, welcher Weg es war«, antwortete Henry. »Es gibt so viele.«
    Der Mann deutete mit seinem Stab auf Henry. »Du weißt überhaupt nichts von vielen Wegen! Du kannst gar nichts davon wissen! Du bist zu jung! Du würdest unter der Magie zusammenbrechen.«
    »Ich weiß aber sehr wohl davon«, erwiderte Henry. Er tastete in seiner Erinnerung herum und versuchte, sich
die Liste aus Großvaters Notizbuch vor Augen zu rufen. »Ich kenne den Weg nach Tempore. Ich bin heute Nacht dort gewesen. Ich kenne den Weg nach … nach Mistra, nach Badon Hill und nach Byzanthamum. Ich kenne den Weg nach Arizona.«
    Der Mann lehnte sich noch weiter vor. Seine Augen lagen tief in ihren Höhlen.
    Henry suchte zusammen, was ging, in der Hoffnung, dass der Fremde den Unterschied nicht bemerken würde. »Den Weg nach Boston, nach Florida, Kansas, Vermont, Mexiko, Afrika und New York.«
    Der Mann blickte ihn weiter an, steif und ausdruckslos.
    »Und ich kenne den Weg nach Endor«, sagte Henry und sah, wie sich Überraschung auf dem Gesicht des alten Mannes abzeichnete.
    »Hat dir dein Vater diese Namen genannt?«
    »Mein Großvater hat über sie geschrieben.«
    »Sag mir: Wie heißt dieser Ort hier? Ich glaube nicht, dass viele es wissen.«
    »Carnassus«, antwortete Henry.
    Der alte Mann saß einen Moment reglos da, dann sprach er wieder: »Wo hat dein Großvater über diese Dinge geschrieben?«
    »In einem Buch, das sich in meinem Besitz befindet«, sagte Henry. »Ich habe es zu Hause«, log er.

    »Und wo ist zu Hause?«
    Henry wollte nicht noch einmal Kansas sagen.
    »In Henry«, antwortete er.
    »Henry?«
    »Ein Ort, der Henry heißt.«
    »Und du bist von Henry hierhergekommen? Wie lange hast du dafür gebraucht?«
    »Nicht lange. Und ich muss jetzt auch wieder zurück. Ich muss meine Cousine suchen.«
    Der Mann lehnte sich zurück, nahm sich noch etwas aus der Schale und kaute langsam. »Ich habe nicht geglaubt, dass du kommen würdest. Ich war sicher, die Pforte sei verloren und nie mehr zu öffnen. Entgegen der Überlieferung. Und ich habe andere, die mich zufriedenstellen. Aber nachdem du nun gekommen bist, kann ich dich nicht wieder gehen lassen.«
    »Ich muss meine Cousine suchen.«
    »Sie ist nicht hier.«
    Henry ging zurück zum schwarzen Vorhang.
    »Die Pforten können sich von beiden Seiten schließen«, sagte der Mann. »Du wirst sie nicht offen vorfinden.«
    Henry zog den Vorhang zurück. Dahinter stand Richard. Er sah verängstigt aus. »Tut mir leid, dass ich dich gestoßen habe«, flüsterte er.
    Henry fehlten die Worte. Er hatte durch den Vorhang tauchen und schnurstracks zu den Kompass-Schlössern
laufen wollen, bevor man ihm folgen konnte. Aber er konnte Richard nicht einfach zurücklassen. Er blickte zu Boden und entdeckte das Seil.
    »Geh zurück! Aber schnell!«, sagte er. Und er zog den Vorhang wieder zu.
    »Der Weg ist verschlossen?«, fragte der alte Mann. »Ich werde dir erlauben zu gehen, wenn wir noch ein wenig über dein Buch gesprochen haben. Ich werde dich nicht allzu lange aufhalten, denn ich will ja nicht, dass dein Vater zurückkehrt.« Der Mann lachte. »Es ist merkwürdig, dass ich nicht von all seinen Söhnen wusste. Aber nur sechs zu haben, hätte ihm natürlich Kummer bereitet. Ich hätte mir denken können, dass es einen siebten gibt.«
    »Ich bin ein Einzelkind«, sagte Henry. Aber eigentlich war er sich dessen nicht mehr ganz sicher. Nicht nach dem, was er gelesen hatte. Er hörte Schritte und sah zurück in den Saal. Zwei Männer kamen die Stufen herauf. Sie trugen lange Stangen. Henry ließ sein Messer aufschnappen und hielt es hinter seinem Oberschenkel verborgen. Mit ausgebreiteten Armen kamen die Männer auf ihn zu und begannen einen leisen Singsang.
    Schwere überzog Henry wie eine sanfte Brise. Die Männer kamen näher und wiederholten ihre Geste und ihren Gesang. Dieses Mal kam Henry die Schwere noch bleierner vor, gleichzeitig schien sie durch ihn hindurchzufließen.
Unmittelbar vor Henry blieben die Männer stehen. Einer von ihnen zog ein langes Messer aus seinem Gewand und hob es in die Höhe. Dabei murmelte er

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