Das Geheimnis der Alchimistin - Historischer Kriminalroman
Das ist die Höhe!«
Die Frau wurde ernst. »Das genügt. Ich habe nicht den ganzen Tag für Euch Zeit. Entweder Ihr schweigt jetzt und hört mir zu oder Ihr geht.«
Mondinos Meinung über Frauen in der Wissenschaft verschlechterte sich zusehends. Am liebsten hätte er ihr den Rücken gekehrt und umgehend das Haus verlassen. Dennoch zwang er sich dazu, Ruhe zu bewahren. Da er schon einmal hier war, konnte er ebenso gut bis zum Ende zuhören.
»Sprecht«, sagte er.
Adia warf ihm einen ironischen Blick zu. »Wie ich bereits sagte: Ihr begreift nichts von diesem Rätsel, wenn Ihr Euch nicht bemüht, seine Ursachen zu verstehen. Ihr müsst wissen, dass der Weg zum Haus Gottes, also zur Vervollkommnung der Seele und der Materie, die die Alchimie verfolgt, nicht festgelegt ist. Das Ziel bleibt immer gleich, doch die Wege dorthin können unterschiedlich sein, wie in dem Beispiel mit dem Berg, das ich Euch vorhin gegeben habe. Der bekannteste ist der, unedle Metalle in Gold zu verwandeln.« Mondino wollte etwas erwidern, doch sie hielt ihn mit einer Handbewegung auf. »Um solch ein Ergebnis zu erreichen, genügt es nicht, eine Abhandlung zu lesen oder eine Rezeptur anzuwenden, wie Ihr es getan habt. Die Verwandlung von Metallen ist wie ein Gradmesser. Je höher die Vollkommenheit ist, die die Seele erreicht hat, desto mehr nähert sich die Verwandlung der Vollendung. Könnt Ihr mir bis hierhin folgen?«
Mondino nickte, und sie fuhr fort: »Wie ich Euch gesagt habe, kann eine unreine Seele unmöglich die vollkommene Verwandlung erreichen. Dennoch gibt es Menschen, die dies nicht akzeptieren wollen, die nach der Macht um der Macht willen streben; Menschen, die das al-iksir - bei Euch nennt man es ›Lebenselixier‹ - erschaffen wollen, indem sie die Übergänge erzwingen. Sie paktieren mit dunklen Mächten, und selbst
wenn sie niemals die Vollkommenheit erreichen können, erlangen sie doch manchmal auf diesem Weg gewisse Kräfte. Sie genießen für einen kurzen Augenblick die Illusion eines Sieges, doch dann wenden sich die gleichen Kräfte unausweichlich gegen sie und töten sie. Um die Mächte der Natur zu kontrollieren, muss die Seele im Einklang mit dem Universum sein. Ist die Seele allerdings verschlossen, zerquetschen diese Mächte sie wie eine Nuss, wenn sie erst einmal geweckt sind. Dies geschieht jedoch nicht etwa aus Bosheit, nein, sondern einzig und allein deshalb, weil es in ihrer Natur liegt.«
»Kommt bitte zum Wesentlichen«, sagte Mondino.
»Ich bin überzeugt«, sagte Adia, »dass der Mann, nach dem Ihr sucht, das Verfahren gefunden hat, menschliches Blut in Materia prima , also die Ursubstanz, und erst danach in Eisen umzuwandeln. Und dann ist es ihm vielleicht gelungen, aus diesem alchimistischen Eisen, einem Stoff, der sich übrigens grundlegend von gewöhnlichem Eisen unterscheidet, Gold zu gewinnen.«
»Aber habt Ihr nicht gesagt, dass es einer unreinen Seele nicht möglich ist, diese Umwandlung durchzuführen?«, fragte Mondino, der gegen seinen Willen neugierig geworden war.
»In der Tat. Wenn er sich nicht von dunklen Mächten helfen lässt, wie ich gerade sagte. Ich glaube, dass der Templer aus diesem Grund getötet wurde. In einer so abwegigen Verwandlung ist Mord wahrscheinlich ein unverzichtbarer Bestandteil.«
Adia sprach von mit schwarzer Magie verbundener Alchimie und dies mit genaueren Begründungen als Uberto da Rimini sie ihm gegeben hatte. Im Kern unterschied sie sich jedoch nicht von ihm. Mondino lauschte stumm. Sein wissenschaftlicher Verstand wehrte sich gegen die Vorstellung, dass so etwas möglich sein könnte, doch hier ging es nicht darum, ob er daran glaubte oder nicht. Sondern ob vielleicht jemand anders
daran geglaubt hatte. Wenn dies stimmte, waren die beiden getöteten Tempelritter nichts anderes als die Versuche eines verdorbenen Alchimisten, die Verwandlung von Metallen zu erreichen. In diesem Fall brach die These, es hätte sich um eine Falle oder Rache gehandelt, in sich zusammen. Dies würde wiederum bedeuten, dass Gerardo sich vergeblich bemühte, wenn er nach den Templern suchte, die erst vor kurzer Zeit nach Bologna gekommen waren.
Also war noch mehr kostbare Zeit verschwendet. Er musste sofort gehen.
Gerade als Mondino sich verabschieden wollte, wurde die Tür mit einem Fußtritt weit aufgestoßen, und drei Männer betraten den Raum. Mondino erkannte sogleich den untersetzten Mann, den er in den Kanal geworfen hatte. Die anderen beiden waren zwei
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