Das Geheimnis der Alchimistin - Historischer Kriminalroman
töten?«
»Nein, aber …«
»Was aber? Wie hätte ich sie sonst daran hindern können, dem Inquisitor von mir zu erzählen? Die korrekte Anwendung von Alchimie sieht keine Morde vor, Magister. Ich dachte, ich hätte mich klar genug ausgedrückt.«
»Und was werdet Ihr nun tun?«
Adia schaute sich traurig im Zimmer um. Zahlreiche Bücher waren zu Boden gefallen und die Bank war umgeworfen, doch die seltsame Ordnung, die Mondino bei seiner Ankunft aufgefallen war, schien durch den Angriff der Fremden nicht weiter gestört worden zu sein.
»Ich habe mich hier wohl gefühlt«, sagte sie mit einem Hauch von Wehmut in der Stimme. »Aber jetzt ist der Moment gekommen, unverzüglich von hier wegzugehen.«
»Ihr wollt sofort gehen?«, fragte Mondino überrascht. »Für immer?«
»Ein Mann, der offenbar im Dienste der Inquisition steht, hat mich gerade beschuldigt, eine Hexe zu sein. Das sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen, meint Ihr nicht auch?«
Sie hatte Recht, obwohl die Gefahr vielleicht nicht so unmittelbar bevorstand, wie sie zu glauben schien. Uberto da Rimini hatte im Augenblick nichts als den Prozess gegen die Tempelritter im Kopf, und bevor er Lust haben würde, sich mit einer Frau vom Land zu beschäftigen, die er für eine einfache Kräuterhexe halten musste, würde einige Zeit vergehen.
»Und Ihr lasst alles hier zurück? All dieses … Wissen.« Mondino hatte kein besseres Wort gefunden, um das zu beschreiben, was er sah.
Adia lächelte. »Ich werde so viel wie möglich mit mir nehmen. Das Übrige hinterlasse ich den Besitzern des Hauses zum Ausgleich für das, was ich ihnen noch schulde. Mir bleibt keine Zeit, zu ihnen zu gehen und abzurechnen.«
»Und wohin wollt Ihr jetzt?«
»Zum Hafen von Corticella. Jemand, dem ich vertraue, wird mich dort aufnehmen, bis ich einen Platz auf einem Schiff nach Venedig gefunden habe. Und was ist mit Euch?«
»Wie meint Ihr das?«
»Der Rückweg nach Bologna ist nicht sicher. Diese Männer schienen zwar zu übel zugerichtet, um etwas zu unternehmen, aber sie könnten Euch dennoch an einer einsamen Stelle auflauern. Und Ihr allein hättet nur geringe Chancen gegen sie, selbst wenn sie unbewaffnet sind.«
Mondino hatte eine seltsame Traurigkeit bei der Nachricht beschlichen, dass Adia für immer fortgehen würde. Doch bei diesen Worten flammte seine Wut erneut auf.
»Wenn mir diese Gefahr droht, verdanke ich das nur Euch, weil Ihr sie habt gehen lassen«, sagte er trocken.
»Genau das wollte ich Euch gerade sagen«, erwiderte Adia gelassen. »Ich fühle mich in gewisser Weise für Eure Sicherheit verantwortlich, deshalb biete ich Euch an, mit mir gemeinsam zu gehen. Zu zweit und mit den Hunden wird uns nichts geschehen.«
»Aber ich muss in die entgegengesetzte Richtung.«
Sie seufzte ungeduldig. »Seid Ihr wirklich so begriffsstutzig oder tut Ihr das absichtlich, um mich zu ärgern? Es stimmt, Ihr macht einen Umweg, aber dafür bringt Ihr nicht Euer Leben in Gefahr. Von Corticella aus könnt Ihr ein Boot auf dem Navile-Kanal nehmen, um nach Bologna zurückzukehren. Insgesamt werdet Ihr höchstens eine Stunde verlieren. Habt Ihr es denn so eilig?«
»Nein, Euer Entschluss hat mich nur überrascht. Wenn ich an mein Heim, an meine Bücher denke … Kann man das alles wirklich so einfach zurücklassen?«, fragte Mondino eindringlich. »Ohne Trauer, ohne weiter daran zu denken?«
Adias Blick verlor sich. »Das war nicht das erste Mal, dass ich fliehen und alles zurücklassen musste. Obwohl ich zum
christlichen Glauben konvertiert bin, bin ich überall, wohin ich gehe, nur geduldet«, fuhr sie mit einem verkrampften Lächeln fort. »Wenigstens sehe ich so immer wieder neue Orte, lerne die Welt kennen und begegne vielen Menschen, die wie ich nach der Wahrheit suchen.«
Mondino wollte sie eigentlich fragen, welche Wahrheit sie meinte, aber dies war weder der richtige Ort noch der richtige Zeitpunkt dafür.
»Ich nehme Euer Angebot an, Madonna«, sagte er und gab sich einen Ruck. »Wenn Ihr erlaubt, werde ich Euch beim Packen helfen.«
Adias Lippen öffneten sich zu einem Lächeln. »Das ist das erste freundliche Wort, seit Ihr hierhergekommen seid.«
DREIZEHN
G erardo hörte in der Ferne einen Riegel im Schloss und öffnete die Augen. In der Zelle war es jedoch stockfinster. Sein Gesicht war von den Fausthieben und Fußtritten stark angeschwollen, und bei jeder Bewegung spürte er starke Schmerzen.
Er wusste nicht, wie viel Zeit vergangen
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